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Die weiß getünchten Steinhäuser des Guts befinden sich am Strand und sind umgeben von tropischen Früchten. Hier im Süden der portugiesischen Atlantikinsel vor der Küste Westafrikas gedeihen im subtropischen Klima viele Pflanzen, was Madeira den Spitznamen Blumeninsel einbrachte. Es gedeihen Bananen, Papayas, Mangos, Guaven, Avocados, Passionsfrüchte – und natürlich Weintrauben.
Und zwar eine ganz besondere Rebsorte, versichert Catarina Vilhena Correia, deren Großvater die Landzunge 1921 einer Adelsfamilie abkaufte: "Analysen bestätigten, dass es sich bei den verwilderten Rebstöcken, die wir hier fanden, um den original Malvasia-Cândida aus dem 16. Jahrhundert handelte."
Eigentlich hatte ihre Familie nie etwas mit Weinanbau zu tun. Doch Catarinas Onkel Mário Jardim Fernandes vermehrte als Hobbywinzer nach dem Sensationsfund vor rund 40 Jahren die uralten Rebstöcke, welche die Jesuitenmönche hier Ende des 15. Jahrhunderts für ihren Wein angepflanzt hatten.
"Somit ist Fajã dos Padres heute so etwas wie die Wiege des Madeira-Weins", erklärt Catarina, während sie mit einem langen Schöpfstock einem der Holzfässer eine Probe entnimmt. Der bernsteinfarbene süße Likörwein ist 20 Jahre alt. Er schmeckt nach kandierten Früchten, Kräutern, Nüssen, Rosinen – sogar nach Schokolade.
Catarinas Familie baute die alte Kapelle des Jesuitenordens zur Bodega um. Hier stehen elf Eichenholzfässer, in denen der Vinho Madeira bis zu zehn Jahre reift. Die Weinreben befinden sich nur wenige Meter vom Meer entfernt. "Das Mikroklima, die salzige Luft, der vulkanische Boden und die tropischen Früchte, die hier direkt neben den Weinreben wachsen, geben unserem Wein einen ganz besonderen Geschmack", meint Catarina. Wenige Hundert Meter weiter kann man ihre Weine im Finca-Restaurant am Strand mit frischen Napfmuscheln und fangfrischem Fisch genießen.
Portugiesische Seefahrer brachten die Malvasia-Cândida-Reben im 15. Jahrhundert von Kreta nach Madeira. Doch wie entstand später überhaupt der süße Madeira-Likörwein?
"Durch Zufall und aus einer Not heraus", sagt Weinexpertin Isabel Freitas. Madeira liegt weit ab im Atlantik und war damals Umschlagplatz für den Überseehandel. "Um den Wein auf den langen Reisen in den Galeeren haltbarer zu machen, auf denen er nicht vor der Sonne geschützt war und sich erhitzte, stoppten die Seeleute den Gärprozess, indem sie einfach mal hochprozentigen Alkohol hinzugaben", so Freitas. Danach hätten sie bemerkt, dass die Weine dadurch sogar noch schmackhafter wurden.
Dieser weltweit einzigartige Reifungsprozess auf den Schiffen wurde später von den Bodegas auf Madeira übernommen, die vor allem edlere Madeira-Weine bis zu einem halben Jahr in warmen Weinkellern bei über 40 Grad lagern. Günstigere Weinsorten werden mit sogenannten Estufas, beheizten Tanks, erhitzt.
Beim Erhitzen wird der Zucker zusätzlich karamellisiert, danach der Zucker durch die Anreicherung mit hochprozentigem Alkohol nicht weiter abgebaut, und es entsteht der für Madeira-Weine einzigartige süß-vollmundige Geschmack.
Der Likörwein wird vor allem aus den weißen Rebsorten Sercial, Verdelho, Bual und dem besagten Malvasia hergestellt, erklärt Expertin Freitas. Sie arbeitet auf der charmanten Quinta das Vinhas im Südwesten der Insel bei Estreito da Calheta, einer der sonnigsten Ecken Madeiras. Das rustikale Winzer- und Bauernhaus stammt von 1685 und liegt mitten in einem drei Hektar großen Weinberg mit wunderschönen Blicken aufs Meer. Die Bio-Weine kann man im Bodega-Restaurant "Bago" mit Blick über die Weinberge kosten.
"Quintas" sind häufig familiär geführte Hotels in ehemaligen Herrenhäusern, Land- oder Weingütern in paradiesischen Lagen. Die Quinta do Furão ist relativ neu, lockt aber mit einem der besten Weinkeller und einem der renommiertesten Restaurants der Insel. Auch hier steht der Madeira-Wein im Zentrum. Die Weinproben finden mit den wahrscheinlich spektakulärsten Panoramablicken auf die Nordostküste Madeiras statt. Sogar der Pool befindet sich in einer Weinplantage.
In vielen kleineren Quintas wie der Quinta da Saraiva an der Südküste bei Câmara de Lobos oder in der Quinta do Barbusano im Tal von São Vicente im Norden der Insel kann man zwischen Ende August und Oktober sogar bei der Weinlese und beim traditionellen Traubentreten helfen.
In dieser Zeit wird der Wein in vielen Orten wie Câmara de Lobos, Ribeira Brava oder São Vicente traditionell per Hand gelesen und barfuß gepresst, und es finden zahlreiche Weinfeste statt. Auch in den Gassen der Inselhauptstadt Funchal mit Folkloregruppen und Ständen mit regionalen Spezialitäten.
Der Madeira-Likörwein wird heute hauptsächlich von modernen Weinkellereien wie Barbeito, H.M. Borges oder Blandys produziert, deren Besuch sich ebenfalls lohnt. Wer mehr über die Geschichte des Madeira-Weins wissen möchte, sollte unbedingt in Funchal die einstige Weinkellerei der Familie Blandy besuchen, die heute als Weinmuseum fungiert.
Auf Madeira genoss schon Winston Churchill 1950 die Blandy-Weine. Der legendäre britische Premier ist bei weitem nicht die einzige Persönlichkeit der Weltgeschichte, der für den Vinho de Madeira schwärmte. Auch George Washington, Tolstoi, Dostojewski und sogar Napoleon begeisterten sich für den Madeira-Wein, mit dem übrigens schon am 4. Juli 1776 auf die Unabhängigkeitsfeier der Vereinigten Staaten angestoßen wurde, wie man im Weinmuseum erfährt.
In der Weinkellerei der Familie Blandy reifen die besten Madeira-Weine bereits seit über 215 Jahren. Wer mehr über die Winzerfamilie Blandy und die Geschichte ihres Weins erfahren möchte, sollte sich auf dem Familienlandgut Santa de Luzia in der Quinta das Malvas im Gästehaus einquartieren. Emily Blandy aus der siebten Familiengeneration führt hier höchstpersönlich durch die Weinberge, bevor sie zur Kostprobe einlädt.
Viele "Quintas" und Weingüter stellen heute neben dem Likörwein aber vor allem exzellente Rot- und Weißweine her. "Unsere vulkanischen Böden, die salzhaltigen Winde vom nahen Meer, das subtropische Klima. All diese Faktoren machen auch Madeiras Rot- und Weißweine besonders", versichert der 82-jährige Duarte Caldeira, der im Norden der Insel in Seixal mit seinen drei Söhnen das Weingut Terras do Avó betreibt.
Wer auf der sogenannten Weinstraße die Insel erkundet, taucht tief in die Tradition, Bräuche und in die Geschichte der Insel ein – und entdeckt ganz nebenbei Dörfer und Naturlandschaften, die sich nicht auf den touristischen Trampelpfaden befinden.
An so einem Ort weitab von allem liegt an der Nordküste Madeiras umgeben von uralten Lorbeerwäldern, die sogar zum Unesco-Weltnaturerbe gehören, das Terrabona Nature & Vineyards. Ein paradiesischer Rückzugsort mitten in einem Weinberg mit spektakulären Blicken auf eine zum Meer hinführende Schlucht.
Marco Noronha und Maria João Veloso haben erst 2014 begonnen, ihre frischen organischen Rosé- und Weißweine herzustellen. Doch schon jetzt können sie sich vor internationalen Auszeichnungen kaum retten. Ihre eleganten Weine schmecken frisch, spritzig und nach saftiger Zitrone, Grapefruit, Limettenblättern und Ingwer. Der Kontrast zu dem süßen Madeira auf Catarinas Fajã dos Padres könnte kaum größer sein. Genau das spiegelt die Vielfalt der gesamten Insel wider.
Reiseziel: Die portugiesische Insel Madeira liegt rund 700 Kilometer vor der westafrikanischen Küste im Atlantischen Ozean.
Anreise: Mehrere Airlines wie Lufthansa oder TAP Portugal fliegen Funchal von deutschen Flughäfen an.
Einreise: Es genügt ein gültiger Personalausweis.
Beste Reisezeit: Zwischen Mitte August und Oktober findet auf Madeira die Weinlese statt. Das Weinfest ist vom 24. August bis 14. September.
Unterkunft: Verschiedene Weingüter wie Faja dos Padres, Quinta das Vinhas, Quinta do Furão, Quinta Saraiva, Terrabona, Quinta de Santa Luzia oder Socalco Nature Calheta bieten neben Zimmern auch Weinproben an.
Weiterführende Informationen: visitmadeira.pt; eventsmadeira.com
SANTANA - PORTUGAL: FOTO: APA/APA/dpa/gms/Manuel Meyer/Manuel Meyer
SANTANA - PORTUGAL: FOTO: APA/APA/dpa/gms/Manuel Meyer/Manuel Meyer
CÂMARA DE LOBOS - PORTUGAL: FOTO: APA/APA/dpa/gms/Manuel Meyer/Manuel Meyer
FUNCHAL (MADEIRA) - PORTUGAL: FOTO: APA/APA/dpa/gms/Manuel Meyer/Manuel Meyer