Paddy Kelly: "Ich wollte für
immer im Kloster bleiben"

Der einstige Kelly-Spross über Politik, Klosterleben und sein Liebesgeheimnis

Michael Patrick Kelly, einst Teenie-Schwarm als Mitglied der Kelly Family, lebte einige Jahre im Koster und macht jetzt wieder erfolgreich solo Musik. Doch er verschreibt sich auch einem anderen Projekt. Und genau das führte ihn nach Wien - der Stadt, in der er gezeugt wurde - wie ihm sein Vater einst verriet.

von 90er-Star im Interview - Paddy Kelly: "Ich wollte für
immer im Kloster bleiben" © Bild: imago images / HMB-Media

Die Welt ein Stücken besser machen, Frieden stiften. Das waren die Gedanken, die Michael Patrick Kelly - dem drittjüngsten Mitglied der legendären Kelly Family - durch den Kopf gingen, als er die Idee "PeaceBell" geboren hat.

»Ich will Frieden fassbar und hörbar machen«

So entschloss er sich, die in den Weltkriegen gängige Praxis, Kirchenglocken als Nachschub zur Waffenproduktion einzuschmelzen, umzukehren und ein Friedensinstrument zu schaffen, dessen Klang an die Notwendigkeit des Zusammenhalts erinnern soll. "Ich will Frieden fassbar und hörbar machen", verrät der einstige Mädchenschwarm.

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Bald soll es auch in Wien eine aus Waffen und "Kriegsschrott" angefertigte Friedensglocke geben. Die für die Herstellung nötigen 35.000 Euro sollen mittels einer Fundraising-Kampagne aufgetrieben werden. Unterstützt wird der Musiker dabei von der "Social City Wien".

News.at traf den 41-jährigen Vollblutmusiker und Friedensaktivisten zum Interview. Ohne Starallüren und sehr selbstreflektiert spricht er über Politik, Glaube und wie er sein Glück fand.

News.at: Der Erste und Zweite Weltkrieg sind ein besonders dunkles Kapitel in unserer Geschichte. Glauben Sie, dass die Menschheit daraus gelernt hat?
Michael Patrick Kelly: Ich glaube, dass wir in Europa viel gelernt haben. Den Menschen hier ist es ein Anliegen, eine friedliche und sichere Gemeinschaft zu gestalten. Trotzdem verliert – global gesehen - alle zwei Minuten ein Mensch sein Zuhause wegen des Kriegs. Darum fängt mein Song "iD" ja auch mit den Zeilen an: "We are fighting, still fighting repeating history" (zu Deutsch: "Wir kämpfen, kämpfen dagegen an, dass sich die Geschichte wiederholt").

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Die rechten Tendenzen in Europa nehmen zu - macht Ihnen diese Entwicklung Angst?
Ich mache mir schon Sorgen. Aber man darf es sich nicht so leicht machen und sagen‚ die rechten Tendenzen kommen wieder. Wir müssen uns selber die Frage stellen: Warum haben diese radikalen Politiker Erfolg? Haben wir vielleicht in der Mitte versagt? Wieso haben sich Leute, die früher die großen Volksparteien gewählt haben, umorientiert? Es gibt da einige Parallelen mit der Weimarer Republik. Die Ursachen sind meist Angst, Not, Hass oder Unzufriedenheit.

Versuchen Sie persönlich dieser Entwicklung entgegenzuwirken?
Es gibt viele Künstler, die sich politisch klar positionieren. Ich persönlich sehe meine Rolle eher darin, Menschen zu verbinden und friedlich zusammenzubringen. Ich weiß nicht, wer auf meinen Konzerten welche religiöse Orientierung hat oder welche Partei sie wählen. Für mich zählen die Menschen an sich.

Ein Mensch liegt Ihnen ganz besonders am Herzen. Sie sind seit sechs Jahren mit der belgischen Journalistin Joelle Verreet – ihrer Jugendliebe - verheiratet. Was ist das Geheimnis einer funktionierenden Partnerschaft?
Es gibt einen schönen Satz vom Hl. Augustinus. Er sagte: "Der Friede ist die Ruhe der Ordnung" (Pax est tranquilitas ordinis). Wenn Dinge in Ordnung, sind dann herrscht automatisch Frieden. Egal ob in einer Ehe, in der Arbeit oder in einer Gesellschaft. Und Ordnung entsteht eigentlich nur durch Dialog. Wenn es ein Problem in der Partnerschaft gibt, dann muss man darüber reden. Und danach findet man immer eine Lösung.

»Ich lebe in der Pampa. Und da lässt man mich auch in Ruhe«

Seit einigen Jahren leben Sie in Niederbayern. Wie können wir uns ihr Leben dort vorstellen?
Ich lebe in der Pampa. Und da lässt man mich auch in Ruhe. Es ist sehr langweilig dort, die Leute sagen "mia san mia" (lacht). Aber es ist gut so. Auf Tour habe ich immer so ein bewegtes Leben und bin so viel mit Menschen zusammen, dass ich mich auf meine Ruhe-Oase zuhause freue.

Kümmern Sie sich selbst um ihren Garten?
Ja, ein bisschen. Früher hatte ich tatsächlich Schafe, Ziegen, Bienenstöcke und ich habe wirklich alles selbst gemacht. Heute habe ich nicht mehr so viel Zeit dafür. Aber ich bin sehr oft und sehr gerne in der Natur.

Sie sind als Aussteiger und Weltenbummler groß geworden. Rückblickend betrachtet, was war das Friedlichste an dieser Zeit?
Nicht die Zeit, die ich mit meiner Familie und meinen Eltern unterwegs war, sondern die Zeit, die ich im Kloster verbracht habe.

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Wie kann man sich diesen Lebensabschnitt im Kloster vorstellen?
Ich habe sechs Jahre in einem französischen Kloster verbracht. Es war sehr, sehr still und friedlich. Ich lebte mit ungefähr 90 Mönchen aus 25 unterschiedlichen Nationen zusammen. Jeder hatte einen anderen Hintergrund, eine andere Kultur, einen anderen Charakter, und trotzdem haben wir sehr harmonisch und fröhlich miteinander gelebt.

Was genau hat sich dort für Sie verändert?
Ich habe meine Identität gefunden und verstanden, wer ich bin. Und ich habe den Sinn des Lebens finden können. Der Glaube an Gott ist meine Quelle der Ruhe. Ich kann mir ein Leben ohne Gott nicht mehr vorstellen.

Waren Sie immer gläubig?
Nein. Das ist eigentlich interessant. Wenn ich jetzt zurückschaue, weiß ich gar nicht mehr, wie das eigentlich früher war.

»Ich kann mir ein Leben ohne Gott nicht mehr vorstellen«

Wie äußert sich Ihr Glaube?
Ich hab manchmal das Gefühl, es gibt einen unsichtbaren Regisseur in meinem Leben, der sich durch Ereignisse und Zufälle bemerkbar macht. Ich denke dann, hey, das ist doch kein Zufall, das ist Fügung. Was aber nicht heißt, dass alles vorherbestimmt ist. Ich bin schon ein freier Mensch und keine Marionette.

Wieso haben Sie den Entschluss gefasst, das Kloster wieder zu verlassen?
Ich wollte im Kloster bleiben und den Schritt zum ewigen Gelübde gehen, aber die älteren Mönche waren dagegen. Sie haben nicht geglaubt, dass das meine Berufung ist. Sie glaubten, dass die Musik meine Berufung ist. Im Nachhinein bin ich dankbar, dass sie mich "rausgeschmissen" haben. Denn heute sehe ich es als eine glückliche Fügung an.

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Sie haben sich die künstlerische Freiheit erarbeitet, die Musik machen zu können, die Sie wollen. Welche Ziele haben Sie noch?
Wir hatten jetzt fast 120 Shows mit meiner iD-Tour und knapp 20 Millionen Zuschauer. Das ist wahnsinnig toll gelaufen. Auch mit den TV-Formaten "The Voice of Germany" und "Sing meinen Song - Das Tauschkonzert" lief es großartig. Und jetzt werde ich erst einmal ein bisschen Pause machen. Im Herbst mache ich erst mal länger Urlaub. Danach werde ich wieder viele Songs schreiben und eine Zeit in London verbringen. Und 2021 werde ich dann langsam anfangen, am nächsten Album zu arbeiten.

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