Wie Parkour funktioniert und wo man trainieren kann

Immer öfter sieht man im städtischen Bereich Burschen - ja, meist sind es junge Männer -, die mit Jogginghosen und Laufschuhen bekleidet von einer Betonmauer zur anderen springen oder sich mit reiner Muskelkraft eine Wand hochziehen. Sportliche Aktivitäten wie diese sind Teil des Parkours. Worum genau handelt es sich dabei? Was braucht man für den Parkour? Und wo kann man diese Sportart trainieren? News.at liefert die Antworten.

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Parkour © Bild: iStockphoto.com

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Was ist Parkour?

Beim sogenannten Parkour handelt es sich um eine sportliche Fortbewegungsart durch den öffentlichen Raum. Der Parkourläufer bahnt sich einen Weg durch die Stadt, ohne die für Fußgänger vorgesehenen Wege zu nutzen. Er überwindet Hindernisse, die seine gewählte Linie durchbrechen, durch Klettern, Springen oder Krabbeln, während er sich stets möglichst effizient und schnell fortzubewegen versucht.

Woher kommt diese Sportart?

In Actionfilmen darf sie nicht fehlen, jene Szene, in denen ein:e Verfolgte:r sich an Mauern hochzieht, über Dächer läuft, aus großen Höhen springt, sich am Betonboden abrollt und dann weitersprintet. James Bond und die TV-Show "Ninja Warrior" haben die urbane Sportart ins Licht der Öffentlichkeit gerückt, entstanden ist sie jedoch schon viel früher. Ende der 1980er Jahre entwickelten Raymond Belle, sein Sohn David Belle und einige andere Mitstreiter diese Art der Fortbewegung. Aufbauend auf den Schilderungen der "Méthode Naturelle" des französischen Marineoffiziers George Hébert lernte Belle, wie man schnell und effektiv Hindernisse überwindet.

Zu der ursprünglichen Méthode Naturelle, die ein sehr umfangreiches Training aus Kraft, Resistenz, Geschwindigkeit, Balance, Laufen, Springen und Selbstverteidigung darstellt, wurde deren Gründer George Hébert bei einer Afrika-Reise inspiriert. Er war beeindruckt von der körperlichen Fitness der Naturvölker. Die Méthode Naturelle wurde Anfang des 20. Jahrhunderts zu einer der Grundlagen des Trainings des französischen Militärs. Hébert war jedoch gegen einen Konkurrenzkampf in dieser Sportart, da dieser von den Trainingsprinzipien ablenken würde – letztlich ging es ihm auch darum, Mitmenschen mit seinen Fähigkeiten zu helfen. Nach dem Motto "Sei stark, um nützlich zu sein".

»Sei stark, um nützlich zu sein«

Der 1939 in Vietnam geborene Raymond Belle verfolgte das Ziel, Fluchttechniken zu erlernen, um die Überlebenschancen im Krieg zu steigern. Er wurde schon als Kind als Soldat ausgebildet. Sein 1973 geborener Sohn David Belle entwickelte die Methoden für den urbanen Raum weiter. Er trainierte in seiner Kindheit Turnen und Leichtathletik – mit Vorliebe im Freien, wo er die Bewegungen praktisch anwenden und nutzen konnte. Als Jugendlicher weitete er die Fortbewegungsart auf gefährlicheres Terrain wie Zäune, Baugerüste und Gebäudefassaden aus. Als Gründervater des Parkour sah er diesen nicht nur als Sport, sondern vielmehr als Kunst, sich im öffentlichen Raum zu bewegen.

Parkour
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Schon kleine Kinder zeigen viel Freude an Hindernisläufen. Im Wohnzimmer werden Hocker, Pölster, Matten und ähnliche Gegenstände zusammengetragen und aufgebaut. Aus dem englischen Sprachraum stammt die Bezeichnung des Spiels "The floor is lava", zu Deutsch "Der Boden ist Lava". Ziel des Spiels ist es, einen Raum oder aber auch ein Gelände zu durchqueren, ohne dabei den Boden zu berühren. Hinter dieser Art von Fortbewegung steckt also, wie dieses Beispiel zeigt, ein natürlicher, spielerischer Drang.

"Ninja Warrior" - Parkour goes TV

Grundsätzlich ist der Parkour nicht auf Wettbewerb ausgelegt. Anders bei der Fernsehsendung "Ninja Warrior", die 2016 im Deutschen Fernsehen startete. Hier treten rund 100 Kandidatinnen und Kandidaten in einem künstlich geschaffenen Parkour gegeneinander an. Ziel des Wettkampfs ist es, den Hindernislauf in der vorgegebenen Zeit zu durchqueren oder - noch besser - diese zu unterschreiten. Das unter den Hindernissen befindliche Wasser darf dabei nicht berührt werden. Unter den Athlet:innen fanden sich Bodybuilder:innen, Kletterer, Tänzer:innen, Boxer:innen, Leichtathleten und Leichtathletinnen sowie Taekwondo-Sportler:innen. Keiner von ihnen erbrachte aber eine derart gute Leistung wie jene Teilnehmer:innen, die angaben, die Sportart Parkour zu betreiben.

Wo kann man Parkour laufen?

In städtischen Parks finden sich oft Geräte wie Kletterstangen, Barren und dergleichen, die für den Parkour frei zur Verfügung stehen. Für das Parkour-Training kann man aber genauso die natürliche Umgebung nutzen. Hierfür muss man lediglich mit offenen Augen durch die Stadt gehen und für den Anfang nach kleinen, niedrigen Mauern, beispielsweise nach Rampen oder Geländern bei bei Fußgängeraufgängen, Ausschau halten. Bahnhöfe und Shoppingcenter sind hier gute Anlaufstellen.

Hier eine Auswahl an Trainingsplätzen in Österreich:

Auch im Rahmen des schulischen Sportunterrichts kann man Parkour trainieren. Genauso wie bei dem Spiel "Der Boden ist Lava" reiht man hierfür einige Hindernisse aneinander, für deren Überwindung die Kreativität der Schülerinnen und Schüler gefragt ist. Dabei werden neben der Selbsteinschätzung auch wichtige Grundbewegungen wie Laufen, Springen, Klettern und Balancieren trainiert und gefördert.

Ist Parkourlaufen gefährlich?

Waghalsige oder gefährliche Bewegungen sind laut David Belle beim Parkour nicht notwendig. Vielmehr sollte man abschätzen lernen, welche Technik notwendig ist, um ein Hindernis zu überwinden. Ziel des Parkour-Trainings ist es, seinen Körper kennenzulernen, seine Fähigkeiten einzuschätzen und je nach Bedarf einzusetzen. Hier und da ist beim Training natürlich auch Überwindung gefragt. Schließlich will man ja seine Leistung steigern. Eine Verletzungsgefahr lässt sich folglich nicht gänzlich ausschließen. Im Vordergrund steht aber der natürliche Drang sich zu bewegen und die Freude, seine körperlichen Fähigkeiten zu verbessern.

Parkour
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Welche Ausrüstung brauche ich?

Zur Ausübung dieser Sportart braucht man weder Geräte noch eine spezielle Kleidung. Von Vorteil wäre allerdings ein gutes Schuhwerk mit griffigen Sohlen und robustes, dehnbares Gewand. Dieses bietet dem Träger ausreichend Bewegungsfreiheit. Um sich vor Blessuren zu schützen, kann man beim Training Handschuhe oder andere Protektoren tragen.

Wie läuft das Parkour-Training ab?

Wie bei jedem anderen Sport gibt es auch beim Parkour eine Aufwärmphase, einen Haupttrainingsteil und einen Cooldown. Im Trainingsteil werden zum Beispiel einzelne Techniken oder Kombinationen wiederholt, um sie zu perfektionieren und zu automatisieren. In kleinen Gruppen zeigt ein erfahrener Traceur (Läufer) eine Technik vor und die anderen ahmen sie nach.

Wie kann ich mich aufs Parkourlaufen vorbereiten?

Man kann den Parkour als Nutzung, wenn man so will auch als Rückeroberung des städtischen Raums für sportliche Zwecke sehen. Wer sich für das Parkour-Training nicht gleich in den öffentlichen Raum begeben möchte, kann sich auch über andere Indoor-Sportarten in das Metier vorwagen: In vielen Fitnessstudios wird Crossfit oder Functional Fitness angeboten. Ähnlich wie beim Parkour geht es hier um eine Kombination aus Krafttraining, Ausdauer, Balance, Geschwindigkeit, Geschicklichkeit und Koordination. Im Gegensatz zum Parkour wird hier jedoch meist in Innenräumen unter Zuhilfenahme spezieller Turngeräte und diverser anderer Hilfsmittel wie Seilen oder Gewichtbällen trainiert.

Auch bei diversen Kampfsportarten und dem "Tanzkampf" Capoeira werden Bewegungsabläufe trainiert, deren Beherrschung für den Parkourläufer von Nutzen sein können. Beim sogenannten Freerunning wiederum handelt es sich um eine Disziplin, die sich zwar mit der des Parkour überschneidet, bei der jedoch meist bewusst ästhetische Bewegungen eingebaut werden. Dafür wird beim Freerunning weniger Wert auf Effizienz gelegt. Oftmals fließen Elemente aus Bodenturnen, Akrobatik oder Martial Arts ins Freerunning mit ein. Diese Disziplin erlangte durch Sébastien Foucan Bekanntheit, der sich mit James Bond im Film "Casino Royal" eine wilde Verfolgungsjagd liefert.