Nikki Haley: Die Politikerin, die es mit Trump aufnimmt

Nikki Haley will erste US-Präsidentin werden. Im Rennen um die Kandidatur für die Republikaner tritt sie gegen ihren Ex-Boss Donald Trump an. Sie setzt auf Unnachgiebigkeit, Optimismus und High Heels. Ihre Chancen sind gering, doch die Außenseiterrolle liegt ihr.

von Nikki Haley © Bild: Getty/Santiago

Steckbrief Nikki Haley

  • Name: Nimarata Nikki Haley (geboren als Nimarata Nikki Randhawa)
  • Geboren: am 20. Januar 1972 in Bamberg, South Carolina
  • Beruf: US-Politikerin, 2017-2018 US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, 2011-2017 Gouverneurin South Carolina, Aufsichtsrat von Boeing
  • Partei: Republikaner
  • Familienstand: verheiratet mit Michael Haley, Offizier der Army National Guard
  • Kinder: Rena Haley, Nalin Haley
  • Eltern: Ajit Singh Randhawa und Raj Kaur Randhawa
  • Größe: 1,68 Meter

Das Narrativ folgt der Erzählung vom amerikanischen Traum. Es beginnt Mitte der 70er-Jahre in Bamberg, einer Kleinstadt des Bible-Belt-Staats South Carolina. Zwei indische Einwanderer melden ihre fünfjährige Tochter zur Wahl der "Little Miss Bamberg" an. Die Kleine kam in den USA zur Welt, drei Jahre, nachdem ihre Eltern die Millionenstadt Amritsar im indischen Bundesstaat Punjab verlassen haben, um in den USA eine neue Existenz aufzubauen. Der Vater ist Biologieprofessor am Voorhees College in Denmark, South Carolina. Die Mutter ist im Begriff, den Bekleidungshandel Exotica International Gift Shop aufzubauen.

Bei der Miss-Wahl darf sie trotzdem nicht antreten. Sie passt in keine der beiden vorgesehenen Kategorien, eine für schwarze Kinder und eine für weiße Kinder. Sie darf nur das Lied "This Land Is Your Land" singen und zum Trost einen Ball als Geschenk entgegennehmen.

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Nikki Haley: Weibliche Version des "American Dream"

Es ist die Geschichte von Nikki Haleys Kindheit, die sie selbst erzählt. Das persönliche Märchen der 51-jährigen Frau, die in der Vorwoche ihre Kandidatur für die republikanische Präsidentschaftsnominierung bekanntgab. Für das "braune Mädchen", wie Nikki Haley sich in ihrer Erzählung selbst bezeichnet, gab es keinen Platz in der "schwarz-weißen Welt". Die Eltern waren die einzigen indischen Einwanderer in der Stadt. Der Vater trug Turban, die Mutter Sari. Die Kinder wurden im Sikh-Glauben erzogen.

»Ich war nicht schwarz, ich war nicht weiß. Ich war anders«

"Ich war nicht schwarz, ich war nicht weiß. Ich war anders", schreibt es Haley im Video zur Bekanntgabe ihrer Kandidatur ins Herz aller, die sich je als Außenseiter gefühlt haben. Haley inszeniert sich als Beweis, dass man es gegen alle widrigen Umstände schaffen kann, und verspricht umgehend Trost: "Meine Mutter sagte mir und meinen Geschwistern, wir sollten nicht auf die Unterschiede blicken, sondern sehen, was uns alle vereint: Wir sind alle gesegnet, weil wir in den USA leben dürfen."

Nikki Haley
© Getty/Makela Nkki Haley will US-Präsidentin werden

So tickt Nikki Haley

Ihr Ton ist sanft, ihre Sprache hart. Haley macht klar, dass sie gewillt ist, dieses Amerika und seine Freiheit mit Zähnen, Klauen -und ihren spitzen Stöckelschuhen -zu verteidigen. "Ich lasse mir nichts gefallen. Und wenn ich zurückschlage, tut es richtig weh, denn ich trage High Heels." Was auch immer man ihr als Schwäche auslegen könnte, adressiert die erste Republikanerin, die sich dem Rennen gegen Trump als Präsidentschaftskandidat stellt, vorweg.

Sie entkräftet Angriffe, bevor sie landen können. Jenen, die ihre Kandidatur mit Umfragewerten von aktuell drei Prozent belächeln, richtet sie aus, sie sei oft unterschätzt worden und habe dennoch stets den Status quo aufgemischt. Einem Buchhaltungs-Studium ließ sie einen Job bei einem Abfallentsorgungsunternehmen folgen, zu dessen einziger weiblichen Führungskraft sie aufstieg. Sie kehrte als Finanzvorstand ins mütterliche Unternehmen zurück und baute es zum Millionengeschäft aus. Sie heiratete Michael Haley, einen Offizier, der später in Afghanistan diente, und bekam mit ihm zwei Kinder. Sie konvertierte zum Christentum, heute ist die Familie fest in der methodistischen Kirchengemeinschaft verankert.

Nikki Haley: Ihre Karriere

Als sie 2004 gegen einen Amtsinhaber im Repräsentatenhaus von South Carolina antrat, der seit 30 Jahren im Amt und laut Haley "mit der Hälfte des Staates verwandt" war, habe man ihr abgeraten. Sie gewann. Sechs Jahre später wurde sie als am wenigsten aussichtsreiche Kandidatin nach einem erbitterten Wahlkampf zur ersten Frau als Gouverneurin von South Carolina gewählt. Sie hatte versprochen, die Unternehmenssteuer zu senken, und Mitt Romney sowie Sarah Palin als Unterstützer gewonnen.

Mit 37 Jahren war sie jüngste Gouverneurin der USA, erste weibliche Gouverneurin von South Carolina und erste Gouverneurin einer Minderheit. Sie modellierte South Carolina zu einem Wirtschaftsstandort, wurde 2014 mit deutlichem Stimmenzuwachs wiedergewählt und blieb bis 2017 im Amt.

Während Nikki Haleys Erfolgsweg geradlinig nach oben verlief, folgt ihre Vergangenheit mit Ex-Chef Donald Trump einem Zickzackkurs. Zu Beginn der Präsidentschaftswahlen 2016 unterstützte sie Floridas Senator Marco Rubio und versprach, Trump zu bekämpfen, der sich nicht vom Ku-Klux-Klan distanzierte. "So jemanden wollen wir nicht als Präsidenten", sagte sie.

Nikki Haley und Donald Trump

Wenige Monate später folgte sie Trumps Ruf, als Botschafterin bei den Vereinten Nationen Teil seines Teams zu werden. "Ich werde nichts nachplappern und kein Mauerblümchen sein. Ich muss sagen können, was ich denke", warnte sie den damaligen Präsidenten.

Haley wurde zur lauten Hardlinerin mit Mut zur eigenen Meinung. Sie trug den Isolationskurs der Trump-Regierung mit, half, den Rückzug der USA aus dem Pariser Klimaabkommen umzusetzen, arbeitete am Ausstieg aus dem Atomdeal Obamas mit dem Iran mit, ebenso am Rückzug aus der Kulturorganisation UNESCO und aus dem UN-Menschenrechtsrat.

Unter Haleys Amtszeit wurde die Global Gag Rule wiedereingeführt, die keine finanzielle Zuwendung der US-Regierung an internationale (Hilfs-)Organisationen zulässt, die Abtreibungen unterstützen.

Gleichzeitig war seine UN-Botschafterin nicht immer auf Seite des Präsidenten, dessen Regierung sie bis zum freiwilligen Ausscheiden 2018 angehörte. 2017 bezeichnete sie die russische Einflussnahme auf den US-Wahlkampf als "kriegerischen Akt". Sie forderte im Zuge der #Me-Too-Debatte Frauen auf, über sexuelle Übergriffe durch Präsident Trump öffentlich zu sprechen. 2018 vertrat sie betreffend Sanktionen gegenüber Russland eine harte Linie, die Trump später zurücknahm.

Trumps Versuch, 2020 die Wahl zu kippen, verurteilte Haley. Doch sie schwenkte um ("Man soll dem Mann eine Pause gönnen"), als das zweite Amtsenthebungsverfahren eingeleitet wurde. Als Journalist Michael Wolff in seinem Buch "Fire and Fury: Inside the Trump White House" von einer angeblichen Affäre zwischen Trump und Haley schrieb, ließ sie das Gerücht umgehend dementieren.

Wahlkampf für Vorwahlen der Republikaner

"Es wird schmutzig. Holen Sie das Popcorn raus", empfiehlt Demokrat Jaime Harrison aus South Carolina für das Wahlkampf-Jahr bis zu den Vorwahlen der Republikaner. Inhaltlich könne er keine Unterschiede zwischen Haley und Trump feststellen, so Harrison.

Nikki Haley setzt indes auf Optimismus. Als Gouverneurin ordnete sie einst an, alle Mitarbeiter müssten Anrufer am Telefon mit dem Satz begrüßen: "It's a great day in South Carolina". Das Motto zählt noch immer zu ihren Slogans.

Gleichzeitig lässt sie mit markigen Ansagen aufhorchen. "Den Kampf für das 21. Jahrhundert gewinnen wir nicht, indem wir auf Politiker aus dem 20. Jahrhundert vertrauen", streicht sie den Vorteil ihres jugendlichen Alters gegenüber Trump, 76, und dem mutmaßlichen Mitbewerber, Ex-Vizepräsident Mike Pence, 63, hervor.

Ihre Unnachgiebigkeit hat sie in zahlreichen Büchern dokumentiert. Sie tragen Titel wie "With All Due Respect: Defending America with Grit and Grace","If You Want Something Done: Leadership Lessons from Bold Women" oder "Can't Is Not an Option: My American Story".

Nikki Haleys Positionen

Die Frau, die mit dem weißen, männlichen Schema der Partei bewusst bricht, vertritt ihre Positionen mit einem Lächeln. Gegen Schwangerschaftsabbrüche. Gegen die gleichgeschlechtliche Ehe und die Krankenversicherungsreform Obamacare. Gegen ein Einschränkung des Rechts auf Besitz und Tragen von Waffen durch die US-Regierung.

Als ein weißer Mann 2015 neun schwarze Gläubige in einer Kirche in Charleston ermordete, nahm sie als Gouverneurin an allen neun Beerdigungen teil. Darüber hinaus reagierte Nikki Haley, indem sie die Konföderiertenflagge aus allen staatlichen Einrichtungen entfernen ließ, denn diese sei "das Symbol, das uns spaltet".

Haleys bislang einziger Konkurrent im Rennen um den Präsidentschaftskandidaten der Republikaner, Ex-Boss Donald Trump, begegnet ihr wohlwollend. "Sie soll ihrem Herzen folgen und tun, was sie will. Ich wünsche ihr Glück!", richtet er ihr über die Medien aus. Dabei ist es nicht lange her, dass Haley noch öffentlich ausschloss, als Kandidatin anzutreten, sollte sich Trump nochmals zur Wahl stellen.

Trumps Gelassenheit beruht auf Umfragen, die Haley kaum Chancen auf Erfolg einräumen. Nikki Haley kümmert es wenig, denn genauso hat ihr Weg in die Politik einst begonnen.

Dieser Beitrag erschien ursprünglich im News-Magazin Nr. 08/2023.