Homeoffice: Tipps für Führungskräfte

Seit der Corona-Pandemie hat die Arbeit von zuhause aus stark zugenommen - eine Herausforderung für Führungskräfte. Eine Coaching-Expertin verrät, wie man im Homeoffice trotz räumlicher Distanz ein "Wir"-Gefühl schafft und warum das so wichtig für das Team ist.

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Online Meeting © Bild: iStockphoto.com/nensuria

Homeoffice und die digitale Kommunikation via Zoom und Co. führen zu Veränderungen im Team und in der Erreichbarkeit. Das wirkt sich auf die Art und Weise aus, wie Führungskräfte agieren sollten.

Der Druck erreichbar zu sein, steigt

"Mitarbeiter:innen im Homeoffice haben das Gefühl, vermehrt beweisen zu müssen, dass sie arbeiten, da sie durch die fehlende Anwesenheit im Büro weniger sichtbar sind. Nach dem Motto: 'Wenn niemand sieht, dass ich arbeite, dann gilt es nicht'", sagt Nicole Ruckser, Vorstandsmitglied der Österreichischen Vereinigung für Supervision und Coaching (ÖVS). Darüber hinaus würden im Homeoffice zwischendurch ganz natürlich private Aufgaben erledigt - das erzeuge ebenfalls manchmal das Gefühl, erst recht verstärkt erreichbar sein zu müssen. Das erhöhe den Druck.

Weil der persönliche Kontakt wegfällt, haben Führungskräfte laut Ruckser wiederum das Gefühl, ihre Mitarbeiter:innen aus den Augen zu verlieren. Das habe sich in der Aussage einer Führungskraft in einer Coachingsitzung manifestiert: "Ich muss für meine Mitarbeiter:innen da sein, wenn sie mich brauchen. Wir sehen uns ja nie, da kann ich sie nicht auf morgen vertrösten, wenn sie mich erreichen wollen."

Nicole Ruckser, Coaching-Expertin
© Andrea Peller Coaching-Expertin Nicole Ruckser
Nicole Ruckser ist Vorstandsmitglied der Österreichischen Vereinigung für Supervision und Coaching (ÖVS). Die ÖVS ist der österreichische Berufsverband für Supervision und Coaching, dem mehr als 1.300 qualifizierte Supervisor:innen angehören. Die Coaching-Expertin (www.coachingrocks.at) berät Führungskräfte, ist Vortragende an der "ARGE Bildungsmanagement", führt Beratung zu Remote-Work und Remote-Teamführung durch und ist Lektorin an der FH Campus Wien. Zusätzlich zu etlichen Aus- und Weiterbildungen im Supervisions- und Coaching-Bereich ist Ruckser ausgebildete Elementar- und Montessoripädagogin.

Diese Regeln können helfen

Für die Expertin sind daher klare Regeln hinsichtlich Reaktionszeiten und Dringlichkeit wichtig. Diese sollten vorher gemeinsam vereinbart werden. "Führungskräfte müssen hier unbedingt als Vorbilder agieren. Mitarbeiter:innen und Führungskräfte sollen einander vertrauen und nicht infrage stellen, ob und wie viel jemand arbeitet", sagt Coaching-Expertin Ruckser.

Folgende Richtlinien können hilfreich sein:

  • Eine klare, für alle Teammitglieder einsehbare Kommunikation von Zeiten, in denen man nicht erreichbar ist. Ohne Rechtfertigung. In dieser Zeit sollten beispielsweise nur Anrufe getätigt werden, die echte Notfälle sind.
  • Als Faustregel gilt: Pro Dringlichkeit/Reaktionszeit ein eigener Kommunikationskanal.E-Mails können zum Beispiel innerhalb von 24h beantwortet werden, verpasste Anrufe aus dem Team werden bis zum Ende des Tages (Zeitpunkt) beantwortet. Chatnachrichten sind für lockere Gespräche und alles, was keine hohe Priorität hat.
  • Nachrichten oder To-Dos können mit Prioritäten oder Deadlines versehen werden. Das führt zu einer Priorisierung bei Absender:innen und erleichtert die Priorisierung bei Empfänger:innen.

Wie man neue Teammitglieder integriert

Bei vermehrtem Homeoffice kann die Integration eines neuen Teammitglieds zu eine Herausforderung werden. Die Eingliederung ins Team muss aber nicht schwierig sein, wie Ruckser mitteilt. Wichtig sei, dass Führungskräfte und das Team jede Gelegenheit nutzen, um neue und bestehende Mitarbeiter:innen miteinander in Kontakt zu bringen. "In jedem Online-Call könnte ein Teammitglied als Ansprechperson für neue Mitarbeiter:innen agieren, zum Beispiel im Chat oder einem Einzelgespräch nach dem Meeting", sagt die Expertin. Termine zur Integration neue Teammitglieder sollten nicht auf "wenn wir wieder alle im Büro sind" verschoben werden.

Weitere Tipps der Expertin, die das Kennenlernen erleichtern:

• Am Anfang von Meetings können alle Anwesenden zwei Sätze dazu sagen, woran sie gerade arbeiten

• Online-Calls für Privates, in denen Mitarbeiter:innen mit den neuen Kolleg:innen plaudern, essen oder einen Kaffee trinken

• Regelmäßige, persönliche Gespräche über die Zusammenarbeit erhöhen das Zugehörigkeitsgefühl. Dafür sollten fixe Termine vereinbart werden.

• Führungskräfte sollten regelmäßig kleine Gesten der Aufmerksamkeit und Wertschätzung setzen - auch digital und in Calls.

• Lassen Sie neue Mitarbeiter:innen nicht allein, nur weil alles aus Ihrer Sicht gut läuft.

Die Vorteile von Online-Calls

Durch die große Anzahl an Online-Calls, wird laut Ruckser vielen Menschen erst bewusst, wie viel Zeit sie in Meetings verbringen. Diese Tatsache biete die Gelegenheit, die Meetingkultur generell zu überdenken: Wessen Anwesenheit ist in einem Meeting wirklich notwendig? Was genau soll das Ergebnis sein? Wann ist ein Online-Call notwendig, wann ist ein Telefonat besser?

»Online-Calls haben den wesentlichen Vorteil, dass keine Anfahrtszeiten notwendig sind«

"Online-Calls haben den wesentlichen Vorteil, dass keine Anfahrtszeiten notwendig sind. Sie können daher auch mit externen Personen nur 15 oder 20 Minuten dauern, nicht jedes Meeting dauert automatisch eine Stunde", erklärt die Expertin. Auch internationale Expertise könne in eine Online-Veranstaltung zeit- und kosteneffizient eingebunden werden, da keine persönliche Anwesenheit notwendig ist.

Darüber hinaus sei es möglich, sich für eine kurze Zeit in Kleingruppen auszutauschen. Ein Format, dass in einem persönlichen Meeting nicht so geläufig sei. Es sei wesentlich gängiger geworden, online, offline, asynchron oder in Echtzeit an einem Projekt zu arbeiten.

Individuelle Bedürfnisse im Homeoffice

In der Corona-Pandemie gab es vermehrt Eltern, die mit Klein- oder Schulkinder im Homeoffice sind. "Auf individuelle Bedürfnisse sollte eingegangen werden, soweit es möglich und nötig ist, um die Arbeitsfähigkeit als Team zu gewährleisten", sagt Ruckser. Was brauchen Mitarbeiter:innen, um arbeiten zu können? Was davon ist realisierbar? Welche Vereinbarungen können als Team getroffen werden? Wie können wir gemeinsam lernen, mit den veränderten Bedingungen umzugehen?

Dazu seien regelmäßige, auch retrospektive, Gespräche notwendig, die klar machen, was die persönlichen Herausforderungen sind. Es sei besonders wichtig, dass alle mit ihren Erfahrungen zum Teamprozess beitragen.

"Führungskräfte müssen in dem Zusammenhang in Verbindung mit ihren Mitarbeiter:innen bleiben, Einzelgespräche führen, gegenseitige Erwartungen abklären und auch klar ansprechen, was möglich ist und was nicht", teilt die Coaching-Expertin mit. Als Führungskraft sei es dabei wichtig, den Raum für Gespräche über Herausforderungen zur Verfügung zu stellen, den Umgang mit den Herausforderungen wertzuschätzen und die Erfolge weiterhin als Team zu feiern.

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3 essentielle Homeoffice-Tipps

Zum Abschluss gibt die Expertin noch drei wesentliche Tipps für das Führen eines erfolgreichen Homeoffice-Teams:

  1. Vertrauen. Ein positives Menschenbild und das Vertrauen darauf, dass alle zu jeder Zeit ihr Bestes geben.
  2. Seien Sie ein Vorbild, halten Sie sich an die vereinbarten Regeln und bewahren Sie eine positive Einstellung zur Arbeit online und mit digitalen Tools.
  3. Zusätzlich zu den nötigen Kontakten, die der Job mit sich bringt, bleiben Sie als Führungskraft mit Ihren Mitarbeiter*innen in Kontakt, fördern Sie Kontakte im Team. Thematisieren Sie die Herausforderungen, feiern Sie Erfolge, geben Sie dem aktuellen Thema Raum, lassen Sie es nicht „übernehmen“. Seien Sie sich zu jeder Zeit bewusst darüber, was Ihre Aufgabe als Team ist.