7 Food-Trends
auf dem Prüfstand

Warum Chia-Samen nichts bringen und Low Carb mehr schadet als nutzt

Ernährungstrends gibt es mittlerweile wie Sand am Meer. Die einen schwören auf Superfoods, die anderen verdammen Weizen und Milch und wiederum andere eifern dem Steinzeitmenschen nach. Ernährungstechnisch, versteht sich. Doch halten Paleo, Low Carb und Co. auch, was sie versprechen? Macht vegan und der Verzicht auf Gluten tatsächlich gesünder? Die Ernährungsexpertin Angelika Kirchmaier steht Rede und Antwort.

von Frau isst rohes Fleisch © Bild: Shutterstock.com

Superfoods

Chia-Samen
© iStockphoto.com

"Regionale Superfoods sind top", lobt Kirchmaier im Interview mit News.at. So zum Beispiel heimische Preiselbeeren, Wildkräuter, Heidelbeeren, Sauer- oder Rübenkraut. Vorsicht walten lassen sollte man dagegen bei weit gereisten Superfoods wie Goji-Beeren, Acai-Beeren oder Chia-Samen. Und das nicht nur, weil ihr Genuss nur begrenzt ökologisch vertretbar ist. Die Expertin weist darauf hin, dass sich der menschliche Organismus eines Europäers beispielsweise von dem eines Asiaten oder eines Afrikaners unterscheidet. So kommt es, dass uns etwa Chia-Samen - gesundheitlich gesehen - rein gar nichts bringen. Der Grund: Unser Körper kann Chia nicht aufspalten. Nach der Devise oben rein - unten raus haben die derzeit angesagten Samen keinerlei nachgewiesenen positiven Effekt auf unseren Körper.

Low Carb

Wer gesund leben will, muss seinem Körper Kohlenhydrate zuführen. Die guten, versteht sich. In Form von Vollkorn, Erdäpfeln, Hülsenfrüchten oder Obst. Denn Kohlenhydrate sind nicht nur für unser Gehirn wichtig - unsere grauen Zellen ernähren sich ausschließlich von ihnen -, sondern auch für unsere Muskeln. Während Eiweiß den Muskel aufbaut, fungieren Kohlenhydrate als Brennstoff und damit als Muskelschutz. "Fehlen die Kohlenhydrate, verbrennt sich der Muskel selbst", warnt die Expertin. Wer sich streng Low Carb ernährt, führe seinem Körper auf jeden Fall zu wenig gesunde Kohlenhydrate zu. Sinn mache eine derartige Diät nur bei der Behandlung von Kindern mit therapieresistenter Epilepsie. Auf diese Weise könne man die Krampfanfälligkeit reduzieren. Eine derartige Behandlung dürfe aber nur unter klinischer Aufsicht durchgeführt werden.

Paleo

Gegessen werden darf ausschließlich, was - vermutlich - schon in der Altsteinzeit verspeist wurde. Auf den Speiseplan kommen demnach Obst, Gemüse, Fleisch, Meeresfrüchte, Schalentiere, Eier, Kräuter, Pilze, Maroni, Nüsse und Honig. Absolute No-Gos sind dagegen Milch und Milchprodukte sowie Getreide und Getreideprodukte - Brot inklusive. Nun ist es aber so, dass sich der menschliche Körper seit der Altsteinzeit nicht nur optisch verändert hat. Auch unser Verdauungstrakt hat eine nicht unbeträchtliche Entwicklung durchgemacht, sich den jeweils aktuellen Gegebenheiten angepasst. Abgesehen davon, dass sich der Energiebedarf des durchschnittlichen Büromenschen wohl deutlich von dem unserer sammelnden und jagenden Vorfahren unterscheidet und eine derartige Diät viel zu viel Eiweiß liefert. Mit anderen Worten: Wir sind keine Steinzeitmenschen - und sollten uns daher auch nicht wie solche ernähren.

Frei von

Milch hat auf dem Speiseplan Erwachsener nichts verloren und Weizen ist sowieso nicht gesund. Also ernährt man sich "ohne". Ohne Gluten, ohne Laktose. Und das ohne konkreten Grund. Ist glutenfreie Ernährung tatsächlich gesünder? Und sollten Erwachsene prinzipiell auf Laktose verzichten? Kirchmaier sagt: Nein! Eine derartige Diät hat, sofern keine entsprechende Unverträglichkeit oder Allergie vorliegt, keinerlei Vorteil. Im Gegenteil: "Man macht sich selbst damit krank, wenn man auf alles verzichtet." Der Grund: "Der Körper ist ein adaptives System. Was er nicht mehr braucht, baut er ab." So kommt es, dass, wenn man zum Beispiel gänzlich auf Milchprodukte verzichtet, das Enzym Laktase verliert - und in der Folge eine Laktoseintoleranz entwickelt.

Regional

Klar. Regionale Ernährung bedeutet auch Verzicht. Denn in Österreich wachsen während der Wintermonate nun mal keine Erdbeeren. Das muss aber nicht unbedingt ein Nachteil sein, entfalten die Früchte ohnehin erst dann ihren vollen Geschmack, wenn sie in der Region, in der sie wachsen, ausreifen und möglichst frisch verspeist werden können. "Die Pflanze pumpt in der letzten Reifephase noch einmal massenweise Wirkstoffe in die Frucht hinein. Darunter Vitamine und Mineralstoffe." Dementsprechend geringer ist der Wirkstoffgehalt der Frucht, wenn sie unreif geerntet und kilometerweit transportiert wird. Abgesehen davon, dass sich Letzteres nur bedingt mit unserem ökologischen Gewissen vereinbaren lässt.

Vegan

Fleischfreie Varianten von Schnitzel, Salami und Co. sind einer Anfang des Jahres veröffentlichten Studie zufolge meist gesünder als Fleischwaren. Vegetarische und vegane Produkte aus Soja, Weizen und Lupinen enthalten weniger ungesunde Inhaltsstoffe als vergleichbare Fleischerzeugnisse und haben eine günstigere Nährstoffzusammensetzung. Zu diesem Ergebnis kam das deutsche Institut für alternative und nachhaltige Ernährung. Nun sind aber Fleischersatzprodukte nicht jedermanns Sache. Abgesehen davon laufen Veganer Gefahr, einen Mangel an Vitamin B12 zu erleiden, da besagtes Vitamin vor allem in tierischen Produkten vorkommt. B12 ist für die Zellteilung, die Blutbildung und die Funktion des Nervensystems verantwortlich. "Für einen gesunden Erwachsenen ist es durchaus machbar, sich vegan zu ernähren", sagt Antje Gahl, Expertin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, gegenüber der APA. Vitamin B12 müsse aber zugesetzt werden.

Heimischer Anbau

Hoch im Trend liegt derzeit der heimische Anbau von Obst und Gemüse. "Frischer geht nicht", lobt Kirchmaier. Die Früchte seien reich an Vitaminen und auch von der ökologischen Seite her gäbe es hier nichts zu bemängeln. Lediglich ein Nachteil ergibt sich aus dem heimischen Anbau: Wer weder Garten noch Balkon oder Terrasse zur Verfügung hat, zieht die Pflanzen im Zimmer, wo sie mitunter weniger Sonnenlicht abbekommt als unter freiem Himmel. Die Sonnenstrahlung ist aber wichtig für den Abbau des in der Pflanze enthaltenen Nitrats. Erfolgt dieser nicht oder nicht ausreichend, kann sich das Nitrat zu Nitrit und in weiterer Folge in Verbindung mit aus unserem Essen stammenden Eiweiß in Nitrosamin umwandeln. Nitrosamin gilt als krebsfördernde Substanz. Doch keine Panik! Wer in der Regel auf Freiland setzt und auf kleine Details achtet, etwa beim Salat den Strunk wegbricht und entsorgt, braucht sich hier nicht weiter zu sorgen.

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