Die Berater-Rolle von Sebastian Kurz im Benko-Universum und dessen Entlohnung werfen neue Fragen auf. Auch zur Rolle der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien.
Sebastian Kurz und Rene Benko: Der eine war Bundeskanzler und ist inzwischen in der Privatwirtschaft als Lobbyist tätig. Der andere galt lange als erfolgreicher Immobilieninvestor – heute sitzt er in Untersuchungshaft, nachdem sein Firmenimperium spektakulär zusammengebrochen ist und Behörden in Deutschland, Österreich und Italien ermitteln. Dass sich ihre Wege mehrfach gekreuzt haben, politisch wie geschäftlich, ist dokumentiert. Nun wirft das Beratungshonorar von Sebastian Kurz sowie der Weg des Geldes weitere Fragen auf.
Im Zentrum steht eine Zahlung in Höhe von 900.000 Euro – 750.000 Euro netto zuzüglich 20 Prozent Umsatzsteuer. Absender ist die inzwischen insolvente Signa Prime Selection AG, ein zentrales Unternehmen im Benko-Konzern. Empfängerin: die SK Management GmbH von Sebastian Kurz. Die Überweisung erfolgte am 25. September 2023 – nur wenige Wochen vor dem endgültigen Zusammenbruch der Signa-Gruppe – über ein Konto bei der Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien, wie Recherchen von News und „Krone“ ergeben.
Der Weg der Rechnung
Ursprünglich war die Lösung dieser Angelegenheit offenbar anders geplant: Bereits im April 2023 hatte die SK Management GmbH dieselbe Rechnung für Leistungen im ersten Quartal 2023 an ein anderes Unternehmen aus dem Signa-Konzern gelegt – konkret an die Signa Financial Services AG mit Sitz in Zürich. Die Zahlung sollte über ein Konto der Schweizer Signa-Gesellschaft, bei der mittlerweile in der Schweizer UBS aufgegangenen Credit Suisse abgewickelt werden.
Doch die Schweizer Bank stoppte den Prozess. Aufgrund der Verbindung zur SK Management GmbH, einem Unternehmen mit Bezug zu einer politisch exponierten Person (PEP), Sebastian Kurz, verlangte die Credit Suisse zusätzliche Unterlagen von den Signa Managern an. Diese wurden Anfang August 2023 von der Signa Financial Services AG übermittelt. Doch die Bank lehnte die Transaktion ab. Begründung: Man habe die Überweisung „aus geschäftspolitischen Gründen“ unterbunden – eine Formulierung, die in der Bankenwelt häufig auf erhöhte Compliance-Risiken hinweist.
Ein neuer Versuch – mit Erfolg
Am 11. September 2023 stellte Sebastian Kurz die Rechnung erneut. Diesmal an die Signa Lima GmbH in Innsbruck. Zwei Wochen später wurde sie beglichen. Nicht von der Lima GmbH, sondern von der Signa Prime Selection AG – über die Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien. Die Begründung für diesen Wechsel, ebenso wie der konkrete Leistungsinhalt oder vertragliche Grundlagen zwischen den beteiligten Gesellschaften, sind nicht öffentlich bekannt.
Anders als die Credit Suisse hatte die Raiffeisenlandesbank Wien Niederösterreich scheinbar keine Einwände. Ob und welche internen Prüfprozesse zur Anwendung kamen, etwa im Hinblick auf die PEP-Relevanz oder zur wirtschaftlichen Berechtigung der Zahlung, bleibt von Seiten der Bank trotz mehrerer Anfragen von News und „Krone“ unbeantwortet. Auch ob Unterlagen zur Geschäftsbeziehung oder zu den erbrachten Leistungen vorgelegt wurden, lässt sich aus heutiger Sicht nicht sagen, da die Bank unter Verweis auf das Bankgeheimnis keine Stellung nehmen wollte.
Kurz vor dem Kollaps
Die Zahlung an die Beratungsfirma von Sebastian Kurz erfolgte jedenfalls zu einem Zeitpunkt, da die wirtschaftliche Schieflage des Signa-Konzerns bereits offenkundig war. Nur wenige Wochen später meldete die Signa Prime Insolvenz an. Die Zahlung an einen früheren Spitzenpolitiker in einer wirtschaftlich bereits angespannten Phase wirft Fragen auf – sowohl mit Blick auf unternehmensinterne Entscheidungsprozesse als auch auf die Rolle des beteiligten Finanzinstituts.
Wie es innerhalb der Raiffeisenlandesbank zur Freigabe einer solchen Transaktion kam, bleibt offen – ebenso die Kriterien, die dazu führten, dass man sich, anders als etwa die Credit Suisse, für eine Abwicklung entschied.