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Resiliente Gebäude - Materialwissenschafter bringen Leben in Hauswand

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Verschiedene Pilzarten, isoliert von Gebäudefassaden
©APA, Ana Gubenšek
Das Mikrobiom der Haut - ein natürlicher mikrobieller Film - schützt die Haut vor schädlichen äußeren Einflüssen. Was für den Menschen gut ist, könnte bald auch für die gebaute Umwelt nützlich sein: Ein internationales Konsortium - darunter Forschende der TU Graz - will Mikroorganismen in Fassadenfarbe integrieren und so den Gebäuden einen lebenden Schutzanstrich verpassen. Dieser soll Fassaden vor Verwitterung schützen, CO2 speichern und Schadstoffe aus der Luft filtern.

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In den nächsten 25 Jahren werden in der Europäischen Union laut Mitteilung der TU Graz Gebäudefassaden und Dächer mit einer Gesamtfläche von rund 9,5 Milliarden Quadratmetern renoviert oder neu gebaut. Carole Planchette vom Institut für Strömungslehre und Wärmeübertragung sieht hierin ein enormes Potenzial: Gezielt zusammengestellte Lebensgemeinschaften von Mikroben wie Pilze, Algen und Archaeen könnten zahlreiche Funktionen übernehmen - ohne zusätzliche Flächen zu beanspruchen.

Im Projekt REMEDY arbeitet ein europäisches Konsortium unter der Führung der Universität Ljubljana daran, solche mikrobiellen Lebensgemeinschaften in Spezialtinte zu integrieren. Diese soll dann auf Außenwände aus Beton, Holz, Metall und anderen Materialien wie ein Tattoo aufgetragen werden können. Auf der Gebäudeoberfläche sollen sie dann ähnlich wie ein probiotisches Hautpflegeprodukt schützend vor Umwelteinflüssen wirken.

An der Universität Ljubljana forscht dazu ein Team unter der Leitung von Mikrobiologin Nina Gunde-Cimerman an der Auswahl geeigneter Mikroorganismen. Ziel ist es, Mikroben zu kombinieren, die eine stabile und widerstandsfähige Gemeinschaft bilden. Diese Gemeinschaft soll nicht nur schädliche Mikroben - wie beispielsweise Schimmelpilze - abwehren, sondern auch oberflächliche Risse der Fassade selbstständig reparieren können und Kohlenstoff aus der Luft binden.

In Graz entwickelt Carole Planchette eine druckfähige Tinte, in der die Mikroorganismen überleben können. "Wir haben uns für den Inkjet-Druck entschieden, weil wir damit die lebende Tinte sehr präzise, kontrolliert und schnell zugleich auftragen können", erklärte Planchette. Lebende - also sich wandelnde - Tinten für industrielle Prozesse wie den Tintenstrahldruck zu verwenden, die nur sehr geringe Parameterschwankungen tolerieren, sei bisher noch "absolutes Neuland", wie Planchette sagte.

Eine Herausforderung besteht in der Größe der Mikroorganismen, die für klassische Inkjet-Technologie zu groß sind. Nun arbeitet die Grazer Forscherin gemeinsam mit den slowakischen Inkjet-Herstellern Qres Technologies s.r.o. und dem österreichischen Beschichtungsspezialisten Tiger Coatings an technologischen Modifikationen, um diese Hürde zu überwinden.

Projektkoordinatorin Anna Sandak vom Forschungsinstitut InnoRenew CoE im slowenischen Izola hob die Bedeutung von Fortschritten in Mikrobiologie und synthetischer Biologie für die Materialwissenschaft hervor. "Mit geeigneten Biofabrikationsverfahren soll dann ein personalisiertes Design in der Architektur möglich werden", zeigte sich Sandak zuversichtlich.

GRAZ - ÖSTERREICH: FOTO: APA/APA/Ana Gubenšek

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