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30 Jahre EU-Mitgliedschaft: Wie Oberösterreich vom Beitritt profitiert hat

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©Robert Maybach

Erasmus-Studierende, Kulturhauptstadt, grenzüberschreitender Verkehr: Was die EU für das Lebensgefühl in Oberösterreich bedeutet – und warum das nur der Anfang sein darf.

Wenn sich die Länder, die Kohle und Stahl produzieren, zu einer Gemeinschaft zusammentun, dann gibt es keinen Grund, Krieg zu führen. Aus diesem Gedanken heraus entstand ab dem Jahr 1951 mit vielen Zwischenschritten das, was wir heute als EU kennen, von der Österreich laut Landeshauptmann Thomas Stelzer enorm profitiert hat

Wie hat sich Österreichs Rolle in der EU in den vergangenen 30 Jahren entwickelt und welche Meilensteine würden Sie besonders hervorheben?
THOMAS STELZER: Österreich hat als eine Brücke zwischen Ost und West sehr von der EU-Mitgliedschaft profitiert. Mit dem Schengen-Beitritt 1997 und als Gründungsmitglied der Eurozone hat Österreich aber auch maßgeblich diesen Wirtschaftsraum mitgestaltet. Aufgrund seiner geografischen Lage und historischen Verbindungen hat Österreich darüber hinaus eine Schlüsselrolle bei der EU-Osterweiterung eingenommen.

Welche wirtschaftlichen Vorteile hat Österreich durch den EU-Beitritt erfahren und gibt es auch Herausforderungen, die sich daraus ergeben haben?
Für Österreich und insbesondere für Oberösterreich ist die Exportwirtschaft enorm wichtig. Heute gehen über 70 Prozent der Exporte in andere EU-Staaten, das sichert Arbeitsplätze und kurbelt das Wirtschaftswachstum an. Für den Export brachte der Beitritt enorme Erleichterungen. Aber klar ist, dass wir aktuell vor großen Herausforderungen stehen. Wir müssen nicht nur in Österreich, sondern auch auf EU-Ebene den Fokus auf die Wirtschaftspolitik richten. Es ist etwa dringend notwendig, Bewilligungsverfahren zu beschleunigen und Melde- und Dokumentationspflichten abzubauen – sprich, die Bürokratie zu reduzieren. Da gehen wir in Oberösterreich mit gutem Beispiel voran. Ein solches Schlankmacherprogramm erwarte ich mir aber auch von einer neuen Bundesregierung und aus Brüssel.

Oberösterreich gilt als eine der wirtschaftsstärksten Regionen Österreichs. Welche Rolle hat die EU-Mitgliedschaft für die Industrie und den Arbeitsmarkt in Oberösterreich gespielt?
Die EU-Mitgliedschaft war sicher ein Turbo für die Entwicklung der oberösterreichischen Wirtschaft und Industrie. Aber darauf können wir uns nicht ausruhen. Wir erleben derzeit die längste Rezession der Nachkriegszeit und müssen in die Gänge kommen. Auch in Brüssel und in Wien müssen die Weichen wieder auf Wachstum gestellt werden.

Wie hat sich die EU-Förderpolitik auf Infrastruktur- und Innovationsprojekte in Oberösterreich ausgewirkt? Gibt es konkrete Beispiele?
Wer mit offenen Augen durchs Land fährt, sieht, wo überall EU drinnen ist. Es wurde aber nicht nur in Hardware investiert, sondern auch in Software. So konnten in den letzten Jahren Tausende Studierende mit Erasmus-Programmen Auslandsaufenthalte absolvieren und damit nicht nur ihren Horizont erweitern. Sie wurden auch zu Botschaftern Oberösterreichs in anderen EU-Ländern.

Wie hat die EU-Mitgliedschaft das gesellschaftliche und kulturelle Leben in Oberösterreich beeinflusst, insbesondere in Bezug auf grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit Nachbarregionen?
Im Vorjahr war das Salzkammergut Kulturhauptstadt Europas und die EU war im besten Sinne zu erleben: Es war ein Fest des europäischen Gedankens. Und natürlich setzen wir auch weiterhin auf europäische Zusammenarbeit – vor allem mit unseren Nachbarn. Ein wichtiges grenzüberschreitendes Thema ist der Verkehr. Die Verlängerung der S10 von Freistadt nach Rainbach soll Mitte 2027 fertig sein und auch auf tschechischer Seite wird gebaut. Aufholbedarf gibt es bei der Bahnverbindung zwischen Linz und Budweis, hier wäre der Bund gefordert.

Wie sehen Sie Oberösterreichs Rolle in der EU in den kommenden Jahrzehnten? Welche Entwicklungen wünschen Sie sich und welche Herausforderungen müssen angegangen werden?
Oberösterreich ist und wird auch künftig im Herzen Europas bleiben. Die Europäische Union muss sich aber auch angesichts der Entwicklungen der USA unter Trump ihrer Stärken besinnen und ihre Vorteile als größter Wirtschaftsraum der Welt nutzen. Dazu braucht es insbesondere eine Kurskorrektur in der Wirtschafts- und Industriepolitik, um die Deindustrialisierung Europas zu stoppen.

Oberösterreich

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