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Merz kündigt in Paris Gespräche über Nuklearschirm an

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Präsident Macron empfing Kanzler Merz in Paris
©AFP, APA, LUDOVIC MARIN
Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz will mit Frankreich und Großbritannien zügig Gespräche über die künftige atomare Abschreckung in Europa aufnehmen. "Ich sehe die grundsätzliche Notwendigkeit, dass wir mit Frankreich und auch mit Großbritannien über die Frage diskutieren, wie wir eine solche Antwort der Abschreckung auch in Zukunft gemeinsam geben können", sagte der CDU-Politiker bei seinem Antrittsbesuch beim französischen Präsident Emmanuel Macron.

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Dies sei ausdrücklich als Ergänzung zum atomaren Schutzschild der Amerikaner gemeint. Als Format, in der diese und andere verteidigungs- und sicherheitspolitische Fragen mit Frankreich diskutiert werden sollen, kündigte Merz "3 plus 3"-Gespräche der Regierungschefs, Außen- und Verteidigungsminister in den kommenden Wochen und Monaten an. Dies sei zunächst eine Diskussion. Es sei "kein Substitut" des von den USA gewährleisteten Schutzes geplant.

"Wir werden gemeinsam Maßnahmen treffen, um die Sicherheits- und Verteidigungsfähigkeit Europas weiter auszubauen", sagte Merz am Mittwoch bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Macron. So sollen etwa die bilateralen Rüstungskooperationen vertieft werden. Merz sagte, er habe mit Macron einen "deutsch-französischen Neustart für Europa" vereinbart. Beide Regierungen wollten "sehr eng und vertrauensvoll" zusammenarbeiten, was besonders für den Bereich der Sicherheit und Verteidigung gelte.

Auch die Unterstützung für die Ukraine solle künftig "noch besser" zwischen Berlin und Paris koordiniert werden, kündigte Merz an. "Die Ukraine kann sich in ihrem Kampf gegen die russische Aggression auf Deutschland und Frankreich weiterhin verlassen", betonte er. Der deutsche Kanzler kündigte einen Besuch in der Ukraine "in den kommenden Wochen" an.

In der traditionell zwischen den beiden größten EU-Volkswirtschaften strittigen Handelspolitik dringt Merz auf mehr Freihandelsabkommen und eine möglichst schnelle Ratifizierung des vorliegenden EU-Mercosur-Handelsabkommens mit südamerikanischen Staaten. Ansonsten verliere die EU ihre Glaubwürdigkeit. Künftig sollten nur noch solche Freihandelsabkommen abgeschlossen werden, die "EU-only" seien. Das bedeutet, dass sie keine Bestandteile enthalten sollen, die neben der Ratifizierung auf EU-Ebene auch noch die Zustimmung nationaler Parlamente erfordert.

Macron betonte dagegen, dass man europäische Unternehmen gegen "unausgewogene Abkommen" schützen müsse. Frankreich verhindert wie einige andere EU-Staaten eine Ratifizierung des Mercosur-Abkommens, weil es Nachteile für die eigene Landwirtschaft fürchtet.

Ähnlich ist es mit Differenzen in der Fiskal- und Schuldenpolitik. Macron lobte die deutschen Beschlüsse etwa zur Aufweichung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben, forderte aber mehr öffentliche Investitionen auf EU-Ebene. "Der Fiskalpakt gilt", betonte der deutsche Kanzler mit Blick auf die europäische Ebene. Er unterstütze, dass die EU-Kommission ähnliche Ausnahmen erlauben wolle wie dies in Deutschland der Fall sei. "Wir werden aber dabei bleiben, dass es richtig ist, dass jenseits der Verteidigungsausgaben diese Fiskalregeln in der Europäischen Union gelten", betonte Merz. Denn nur sie schafften finanzpolitische Stabilität und seien ein klares Signal an die Kapitalmärkte, dass die EU sich weiter darum bemühen wolle, die Schuldentragfähigkeit ihrer Mitgliedstaaten nicht zu überfordern.

Macron sagte, Frankreich und Deutschland wollten künftig "systematisch" zusammenarbeiten und "gemeinsam auf die Herausforderungen antworten, mit denen Europa konfrontiert ist". "Wir werden daher unsere deutsch-französischen Programme beschleunigen, neue Fähigkeiten entwickeln und über Panzer, Kampfflugzeuge und Langstreckenraketen hinaus einen deutsch-französischen Verteidigungs- und Sicherheitsrat einrichten", sagte Macron. Das neue Sicherheitsgremium solle operative Antworten auf gemeinsame strategische Herausforderungen geben.

"Schließlich werden wir ein deutsch-französisches Programm für Innovationen im Verteidigungsbereich auflegen, um bahnbrechende Innovationen zu ermöglichen, die für den Krieg von morgen notwendig sind", sagte der französische Präsident.

Die Investitionen in die Verteidigung müssten erhöht werden, sagte Macron. Gemeinsam müsse der von der EU-Kommission vorgeschlagene Plan umgesetzt werden, private und öffentliche Mittel für die industrielle und technologische Basis für die europäische Verteidigung zu mobilisieren.

Etwa 17 Stunden nach seiner Ernennung durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier startete Merz am Mittwoch mit dem Regierungsflieger nach Frankreich, anschließend geht es nach Polen. Der deutsche Kanzler wird in Paris und Warschau von Außenminister Johann Wadephul begleitet.

In Warschau dürfte es mit Ministerpräsident Donald Tusk neben dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine auch um irreguläre Migration gehen. Merz hat eine Verschärfung der Grenzkontrollen und verstärkte Zurückweisungen vom ersten Tag seiner Amtszeit an angekündigt. Für die Umsetzung ist der neue CSU-Innenminister Alexander Dobrindt zuständig. Polen begegnet den Maßnahmen mit Skepsis.

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