von
Seine Regierungskoalition hatte zuvor die Mehrheit im Oberhaus verloren. Ishiba ist damit der erste Ministerpräsident seit dem Zweiten Weltkrieg, der ohne eine Mehrheit in beiden Parlamentskammern, dem Unter- und Oberhaus, regiert.
Er sei sich der "großen Verantwortung" für die Wahlniederlage bewusst, sagte Ishiba auf einer Pressekonferenz. Aber "Veränderungen im äußeren Umfeld wie die internationale Lage oder Naturkatastrophen können nicht auf eine Verbesserung der politischen Situation warten", fügte er hinzu. Deshalb wolle er im Amt bleiben. Zugleich verwies er darauf, dass seine Partei zwar die Mehrheit im Oberhaus verloren, aber trotzdem noch die meisten Sitze inne habe.
Ishiba führt eine Minderheitsregierung. Deren gegenwärtiger Fokus sind nach eigenen Angaben die drohenden Zölle der US-Regierung, die der Exportnation Japan schwer zusetzen könnten. Die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt muss bis zum 1. August ein Handelsabkommen mit den Vereinigten Staaten abschließen oder mit Strafzöllen auf seinem größten Exportmarkt rechnen.
Bei der Wahl am Sonntag stand die Hälfte der 248 Sitze im Oberhaus zur Abstimmung. Die Niederlage schwächt die Regierungskoalition weiter, die bereits im Oktober ihre Mehrheit im mächtigeren Unterhaus verloren hatte. Der Verlust der Kontrolle auch über das Oberhaus dürfte Ishiba politisch weiter zusetzen. Mit Blick auf die Verhandlungen mit den USA sagte der Ministerpräsident, man sei in "extrem kritischen Zollverhandlungen". Diese dürften auf keinen Fall scheitern.
Viele Wähler zeigten sich den Umfragen zufolge unzufrieden mit der Reaktion der Regierung auf die steigenden Verbraucherpreise. Insbesondere der Anstieg der Reispreise sorgte für Frustration. Oppositionsparteien trafen mit ihren Forderungen nach Steuersenkungen und höheren Sozialausgaben offenbar einen Nerv. "Die meisten Haushalte wünschen sich eine Senkung der Verbrauchssteuer, um die Inflation zu bekämpfen, was die LDP jedoch ablehnt", sagte David Boling von der Beratungsfirma Eurasia Group. Die Opposition habe dies aufgegriffen und zu ihrer zentralen Botschaft gemacht.
An den Finanzmärkten war die Niederlage Analysten zufolge weitgehend eingepreist. Die Börsen in Japan blieben am Montag wegen eines Feiertages geschlossen, eine Marktreaktion stand daher zunächst aus. Die Forderungen der Opposition nach Steuersenkungen dürften jedoch die Sorgen über die Staatsfinanzen verstärken. Die LDP hatte mit Blick auf die Anleihemärkte sich gegen Steuersenkungen ausgesprochen. Japan ist das am höchsten verschuldete große Industrieland der Welt.
Als Überraschung der Oberhauswahl galt das starke Abschneiden der rechten Partei Sanseito, die bisher nur mit zwei Abgeordneten im Oberhaus vertreten war. Sie kam nun auf 14 Mandate. Die vor einigen Jahren auf YouTube entstandene Bewegung hatte für ihre Politik mit einer "Japan Zuerst"-Kampagne und Warnungen vor einer "stillen Invasion" durch Ausländer geworben. In Japan erreichte die Zahl der im Ausland geborenen Einwohner im vergangenen Jahr mit rund 3,8 Millionen einen Rekordwert. Dies entspricht drei Prozent der Gesamtbevölkerung, ein deutlich geringerer Anteil als in den USA oder Europa.