von
Zwar sind im ersten Halbjahr die Einnahmen des Staates um 3,2 Prozent bzw. 3,8 Mrd. Euro gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres leicht auf 123,4 Mrd. Euro gewachsen, noch mehr stiegen gleichzeitig aber die Staatsausgaben, nämlich um 4,1 Prozent bzw. 5,4 Mrd. Euro auf 136,7 Mrd. Euro. Daraus resultiert trotz der leicht nach oben revidierten Wirtschaftsentwicklung ein Finanzierungsdefizit von 13,3 Mrd. Euro. Grund für das Ausgabenwachstum waren insbesondere die monetären Sozialleistungen - also etwa Pensionsausgaben, Pflegegeld und Familienleistungen - und die Löhne und Gehälter im öffentlichen Dienst, erklärte die fachstatistische Generaldirektorin der Statistik Austria, Manuela Lenk, am Dienstag bei einer Pressekonferenz.
Von den insgesamt 412,3 Mrd. Euro Staatsschulden zum Ende des ersten Halbjahrs entfallen 358,7 Mrd. Euro auf den Bund. Die Bundesländer - ohne Wien - sind für 29 Mrd. Euro der öffentlichen Schulden verantwortlich, der Gemeindesektor inklusive Wien für 24,8 Mrd. Euro, während die Sozialversicherungsträger unterjährig kurzfristig 1,5 Mrd. an Schulden abbauen konnten. Allerdings kommt es in diesem Sektor übers Jahr regelmäßig zu starken Schwankungen. Eine deutliche Steigerung zeigte sich bei den Gemeinden, die 1,1 Mrd. Euro Schulden mehr als im Vorjahr aufnahmen. Das laufende Defizit der Gemeinden lag damit zum Ende Juni bei 2,4 Mrd. Euro, während die Länder relativ ausgeglichen budgetierten, wie Kerstin Gruber, Direktion Volkswirtschaft, erklärte.
Rückschlüsse auf das Budgetdefizit für das Gesamtjahr sind auf Grund der Daten für das erste Halbjahr nur bedingt möglich, denn tendenziell liegt das Defizit der Bundesländer im zweiten Halbjahr höher als im ersten Halbjahr, im Bundessektor ist es umgekehrt. Hier werden tendenziell im ersten Halbjahr die meisten Schulden aufgenommen. Auch die von der Bundesregierung beschlossenen Konsolidierungsmaßnahmen werden großteils erst im zweiten Halbjahr wirksam. So fällt etwa mit dem abgeschafften Klimabonus eine wesentliche Ausgabe im zweiten Halbjahr weg, einnahmenseitig bringt etwa die erhöhte Stabilitätsabgabe neue Mittel in die Staatskasse.
Fiskalrats-Präsident Christoph Badelt ist aus diesen Gründen weiter zuversichtlich, dass das geplante Bundesbudget erreichbar ist. "Im Augenblick haben wir keine Hinweise dafür, dass sich das nicht ausgeht beim Bund", so Badelt am Dienstag gegenüber dem "Ö1"-Mittagsjournal. Wohl aber gebe es Hinweise, dass Länder und Gemeinden höhere Defizite produzieren werden als geplant, was wiederum das gesamtstaatliche Defizit in die Höhe treiben würde. Laut Bundesvoranschlag des Finanzministeriums soll die Staatsschuldenquote im Gesamtjahr auf 84,7 Prozent des BIP steigen, das Budgetdefizit soll indes nach 4,7 Prozent 2024 auf 4,5 Prozent des BIP sinken. 3,5 Prozent sind für den Bund vorgesehen, ein Prozent für Länder und Gemeinden.
Weniger optimistisch ist die FPÖ. Deren Budgetsprecher Arnold Schiefer sprach in einer Aussendung von einer "bedenklichen Entwicklung" und forderte "eine umgehende und transparente Information" vom Finanzministerium über die aktuelle Budgetsituation. Die Unsicherheit über die tatsächliche Höhe des Budgetlochs erinnere frappant an die Situation im Vorjahr und belaste Investitionsklima und Konsum, so Schiefer, der einmal mehr nachhaltige strukturelle Reformen auf der Ausgabenseite forderte. Von einem "neuerlichen Weckruf" sprach die Industriellenvereinigung (IV) und forderte ebenfalls tiefgreifende Strukturreformen. "Der Staat hat kein Einnahmen- sondern ein Ausgabenproblem", so IV-Generalsekretär Christoph Neumayer.