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"Wir hätten vor 30 Jahren keine bessere Entscheidung treffen können, als dieser Europäischen Union beizutreten", sagte Brunner. Österreich sei ein Beispiel dafür, dass nicht nur große Mitgliedstaaten die Geschicke der EU prägen. Österreich habe wichtige Impulse gesetzt, Brunner nannte exemplarisch den Einsatz für die Osterweiterung der Union und die ländliche Entwicklung.
Der EU-Kommissar plädierte angesichts der unvorhersehbaren Zollpolitik der US-Regierung für mehr Freihandel als Motor des Wohlstands. Auch innerhalb der EU sollten Hürden beseitigt werden, sagte er. "Wenn wir alle Handelshemmnisse im Binnenmarkt abbauen würden, könnten wir unsere Wirtschaftsleistung um bis zu zehn Prozent steigern." Die EU wolle sich jetzt auch als attraktiver Standort für Wissenschafter positionieren, sagte Brunner in Hinblick auf die auf Einsparungen abzielende US-Forschungspolitik von Präsident Donald Trump.
Der Mehrwert der europäischen Zusammenarbeit zeigt sich laut Brunner insbesondere auch in der EU-Migrationspolitik, für die er in der Europäischen Kommission zuständig ist. "Nach Jahren der Blockade haben wir das Gemeinsame Europäische Asylsystem beschlossen. Und unser jüngster Vorschlag zu schnelleren Rückführungen findet in der gesamten EU großen Zuspruch." Der europäische Weg sei nicht immer der einfachste, "aber am Ende immer der bessere", so Brunner.
Zu dem Festakt im Plenarsaal des Nationalrats mit dem ehemaligen Bundeskanzler Franz Vranitzky (SPÖ), Ex-Außenministerin und Ex-EU-Kommissarin Benita Ferrero-Waldner (ÖVP) sowie der Ex-Europastaatssekretärin und Chefverhandlerin des EU-Beitritts, Brigitte Ederer (SPÖ), hatten die Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich und das österreichische Parlament geladen. Nationalratspräsident Walter Rosenkranz (FPÖ) sagte in seiner Eröffnungsrede, die EU müsse lernfähig und offen für konstruktive Kritik sein. "Kritik ist kein Angriff, sondern Teil des demokratischen Dialogs." Gerade in Zeiten gewaltiger Herausforderungen müsse Europa insgesamt widerstandsfähiger, bürgernäher und demokratischer werden.
Vranitzky, Ferrero-Waldner und Ederer appellierten angesichts der großen Herausforderungen und der geopolitischen Verwerfungen an die EU-Staaten, Geschlossenheit zu zeigen. "Wir müssen einfach zusammenhalten, wenn wir jetzt zusammenstehen sind wir stark", sagte die ehemalige EU-Außenkommissarin. "Europa kann nicht überleben in einem Gigantenkampf" zwischen China, den USA und dem globalen Süden, sagte Vranitzky. "Wir brauchen eine innenpolitisch gut abgestimmte Europapolitik", so der Ex-Bundeskanzler.
Ederer sagte, sie mache sich Sorge um die Europäische Union und fürchte, dass es nicht die Integrationsschritte und den Zusammenhalt gebe, die notwendig wären. Für sie sei immer klar gewesen: Wenn man gemeinsam Handel treibe, könne man nicht Kriege gegeneinander führen. Dies sei nunmehr aber plötzlich alles infrage gestellt. Bundesratspräsidentin Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP) betonte: "Nur wenn wir zusammenstehen, können wir unsere Werte verteidigen."
Der Vertreter der EU-Kommission in Wien, Patrick Lobis, sagte, Österreich profitiere von der EU-Mitgliedschaft enorm: "Über eine Million Arbeitsplätze in Österreich hängen vom gemeinsamen Binnenmarkt ab. 150.000 junge Österreicherinnen und Österreicher haben am Erasmus-Programm teilgenommen und unschätzbare Erfahrungen gesammelt." Eine starke Europäische Union, die auf Augenhöhe agieren könne, sei auch für Österreich von unschätzbarem Wert. Lobis rief die bei dem Festakt ebenfalls anwesenden Schülerinnen und Schüler zu einer intensiven Auseinandersetzung über Europa aus, die unterschiedliche Meinungen zulasse. Eine respektvolle Debatte sei auch das Fundament der europäischen Idee.
Der FPÖ-Delegationsleiter im Europaparlament, Harald Vilimsky, forderte in einer Aussendung dazu auf, den Europatag für eine ehrliche Bestandsaufnahme der Fehler der EU zu nutzen. "Die EU mischt sich außenpolitisch in Konflikte wie den Krieg in der Ukraine ein und gefährdet damit den Frieden in Europa - dem Grundgedanken ihrer eigenen Gründung", sagte Vilimsky. Die SPÖ-Abgeordneten des EU-Parlaments betonten, dass die Europäische Union Garantin für Frieden, Freiheit, Wohlstand und soziale Sicherheit sei. Die EU werde derzeit jedoch einem Stresstest unterzogen. "Die Antwort darauf kann aber nicht weniger EU sein, sondern im Gegenteil: Die Europäische Union muss sich behaupten und Stärke zeigen - nach innen und nach außen", betonte die SPÖ-Delegation laut Aussendung.
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