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Song-Contest-Gewinner JJ wünscht sich ESC ohne Israel – Welle der Kritik und politische Debatte folgen

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4 min

JJ (Johannes Pietsch)

©Imago / ANP

Nach einem Interview des frisch gekürten ESC-Siegers JJ schlagen seine Aussagen zu Israels Teilnahme hohe Wellen. Während der Künstler versucht zu relativieren und zurückzurudern, reagieren Politik und Öffentlichkeit deutlich – sogar der Bundespräsident meldet sich zu Wort. Die EBU prüft indes das Abstimmungssystem.

Ein Song Contest-Sieg und ein Polit-Beben: Die Causa JJ

Er hätte der musikalische Hoffnungsträger Österreichs sein sollen, nun ist ESC-Gewinner JJ (bürgerlich Johannes Pietsch) in eine politische Kontroverse geraten. Nach seinem Triumph in Basel äußerte er im Interview mit der spanischen Zeitung El País sein Unverständnis über die ESC-Teilnahme Israels – und forderte, der Bewerb 2026 solle „ohne Israel“ stattfinden.

„Der Ball liegt nun bei der EBU“, so JJ, der sich in einem viralen Video auch enttäuscht darüber zeigte, dass „Russland ausgeschlossen wurde, Israel aber nicht“. Beide Staaten seien für ihn „Aggressoren“. Eine Aussage, die umgehend für breite Kritik sorgte.

Entschuldigung mit Einschränkungen

Via Management ruderte der 24-jährige Künstler später zurück: „Es tut mir leid, falls meine Worte missverstanden wurden. Obwohl ich die israelische Regierung kritisiere, verurteile ich jegliche Form von Gewalt gegen Zivilisten – sei es gegen Israelis oder Palästinenser.“ Weitere Stellungnahmen wolle er zu diesem Thema nicht mehr abgeben.

ORF und EBU distanzieren sich

Der ORF betonte, es handle sich bei JJs Aussagen um eine „Privatmeinung“. Man selbst stehe für „Musik und künstlerische Darbietungen“ – nicht für politische Aussagen. Die EBU, Veranstalterin des Eurovision Song Contest, reagierte diplomatisch, unterstrich aber ihren Status als „Union öffentlich-rechtlicher Sender, nicht von Regierungen“. Ziel sei es, ein „universales Event zu bewahren, das Diversität durch Musik fördert.“

Politik und Religionsvertreter üben scharfe Kritik

Israel-Botschafter David Roet reagierte versöhnlich und lud JJ zu einem persönlichen Treffen sowie zu einer Reise nach Israel ein – auch ESC-Zweitplatzierte Yuval Raphael, eine Überlebende der Terroranschläge vom 7. Oktober, wolle ihn treffen. Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Oskar Deutsch, sprach hingegen von „gefährlichen Aussagen“ und warf JJ vor, sich in den „Chor der Israel-Hasser“ einzureihen.

Politisch kam die heftigste Kritik von der ÖVP: Alt-Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka sprach von „geschichtsvergessenen Aussagen“, Staatssekretär Alexander Pröll warnte vor „Sympathien für Terror“, Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner meinte, es gebe „keinen ESC ohne Israel in Niederösterreich“. Der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp sah gar einen Beleg für Regierungsversagen und postete ein Bild JJs mit Mitgliedern der Bundesregierung – mit dem Vorwurf, man mache ihn „salonfähig“.

Van der Bellen mit differenzierter Haltung

Bundespräsident Alexander Van der Bellen versuchte zu deeskalieren. Es sei falsch, einen Künstler für das Verhalten einer Regierung verantwortlich zu machen. Man müsse aber zwischen Kritik an der Regierung Netanyahu und der Unterstützung für den Staat Israel klar unterscheiden.

Wahlverfahren auf dem Prüfstand

Parallel zur Debatte rund um JJ geriet auch die Stimmvergabe beim ESC 2025 in die Kritik. Israels Beitrag gewann das Publikumsvoting, lag aber bei den Fachjurys hinter JJ. Nun prüft die EBU, ob die Regelung, bis zu 20 Stimmen pro Endgerät abgeben zu können, reformiert werden muss. Auch Werbekampagnen, wie jene des Israeli American Council, sollen künftig strenger reguliert werden.

Fazit: Was als musikalisches Freudenfest begann, hat sich binnen weniger Tage zu einer politischen Debatte entwickelt – mit offenen Fragen zur Meinungsfreiheit, zur Rolle von Kunst in Zeiten globaler Konflikte und zur Verantwortung internationaler Medienevents. Klar ist nur: Der Song Contest 2026 in Österreich wird schon vor seiner Austragung von den Nachwehen dieses Auftritts begleitet.

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