Soll man ihn beichten, wenn ein Ausrutscher passiert? Nicht in jedem Fall. Wann es angemessen ist, einen Seitensprung zum Thema zu machen und wann man besser schweigt, besagen die sechs Nebenwirkungen des Fremdgehens.
Reden ist Silber, Schweigen ist in einer Beziehung Gold. Beginnen wir gleich mit der schwierigen Frage, wann nicht das Ausscheren selbst, aber das Verschweigen eines sexuellen Ausscherens in einer monogam definierten Beziehung nicht nur okay, sondern sogar ethisch zulässig ist. Es gibt Situationen, wo das Ausplaudern eines Seitensprungs ein geradezu aufdringliches Wahrheitsgeständnis ist.
Solch ein Fall war bei Thomas und Stefanie eingetreten. Er war immer treu, sie auch, bis, ja bis sie einige Wochen ihren kranken Vater in einem anderen Bundesland betreute und er einmalig den Reizen einer Arbeitskollegin erlag. Und hier nun die häufi gsten unerwünschten Nebenwirkungen von Seitensprüngen:
1. Wiederholungszwang
Wer einmal von der süßen Verlockung gekostet hat, läuft Gefahr, es wieder zu tun. Sexueller Betrug kann zum Ausgleichsregulativ für die eigentliche Beziehung werden. Ziel dabei ist, frische Reize zu generieren und dann erholt in die Routine der Partnerschaft zurückzukehren.
2. Geheimes Doppelleben
Einem notorischen Fremdgehen haftet der Impact eines geheimen Paralleldaseins an. Die andere Person darf nicht wissen, dass man gegen das Commitment der einvernehmlichen Monogamie verstößt. Fühlt sich auf Dauer nur gut an, wenn man das Parallelleben abspaltet, zumal man der Partnerin oder dem Partner ja etwas vorspielt und die Wahrheit geheim hält.
3. Schuldgefühle
Aus dem Geheimnis entstehen Schuldgefühle. Wüsste die geliebte Person vom Seitensprung, würde es sie verletzen. Somit lebt jeder in seiner oder ihrer Realität. Es existieren verschiedene Welten, getan wird aber so, als wäre in der gemeinsamen Liebes-Bubble alles paletti. Ständiges Abspalten von Emotionen und Gedanken fördert Stress, was psychisch und physisch belastend wirkt.
4. Trennung
Wer ein Outing für entlastend oder gar für den ersten Schritt zur Wiedergutmachung hält, wird mithin schwer enttäuscht. Oft führt das Geständnis eines Seitensprunges zum Liebes-Aus, weil das Vertrauen verloren geht und der Glaube, der anderen Person genug zu sein, blitzartig in Scherben liegt.
5. Damoklesschwert
Nicht selten erlebe ich in meiner Praxis Menschen, von denen einer den anderen für den Rest ihres Liebeslebens permanent piesackt und mit Vorwürfen überhäuft, aber auch unter Druck setzt, wenn ein einziger Seitensprung für immer die Beziehung überschattet. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann streiten sie noch heute.
6. Druckmittel
Wie viele Männer, die fremd gehen, bauen ihren Frauen danach neue Häuser, schenken regelmäßig Schmuck, tun und machen alles, um den Fehler auszumerzen, der irgendwann einmal geschah. Und aufflog. Damit spielten sie ihren Partnerinnen ein nachhaltig wirkungsvolles Tool in die Hände, sie ewig in einer Bringschuld zu halten und mit dem Seitensprung unter Druck setzen zu können.
Fazit: Besser den Seitensprung, wenn er bedeutungslos ist, nicht outen. Ja, richtig gelesen. Dies fällt unter paternalistisches oder maternalistisches Verschweigen, von Lateinisch pater für Vater und mater für Mutter, je nachdem ob es ein Mann oder eine Frau tut. Ethisch zulässig ist ein Seitensprung dann – und nur dann –, wenn damit im Interesse des Partners oder der Partnerin gehandelt wird, um sie oder ihn nicht zu verletzen. Und um die Liebe nicht aufs Spiel zu setzen.
Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr. 19/25 erschienen.