Die Regierung hat am Sonntag eine Entlastung der Pendler um insgesamt 400 Mio. Euro angekündigt. Dazu sollen unter anderem Pendlerpauschale und Pendlereuro erhöht werden. Das sei eine "zielgerichtete Maßnahme", meint die Regierung. Das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) hatte zuvor ausdrücklich davon abgeraten, weil davon vor allem Bezieher höherer Einkommen profitieren würden. ÖGB und Arbeiterkammer fordern schon seit längerem eine Reform der Pendlerförderung.
Das am Sonntag präsentierte Energiepaket sieht eine 50-prozentige Erhöhung des Pendlerpauschales und eine Vervierfachung des Pendlereuros bis 30. Juni 2023 vor. Wer zu wenig verdient um Lohnsteuer zu bezahlen, soll eine Negativsteuer von 100 Euro bekommen.
Wifo: Maßnahme "wenig zielführend"
Das Wifo hatte eine Erhöhung des Pendlerpauschales im Vorfeld als "wenig zielführend" bezeichnet, die Pendlerförderung in Österreich sei ohnehin schon "sehr großzügig, wenn man alle Maßnahmen auf Bundesebene (Verkehrsabsetzbetrag, Pendlerpauschale, Pendlereuro, erhöhte Negativsteuer, Jobticket) sowie die Förderungen der Bundesländer berücksichtigt". Höhere Einkommen würden stärker entlastet als niedrige, außerdem erhalte eine Erhöhung des Pendlerpauschales den Anreiz zur Zersiedelung bzw. zur Inkaufnahme langer Distanzen zwischen Wohn- und Arbeitsort. Die Pendlerförderung sollte stattdessen vereinfacht und ökologisiert werden, sagen die Wirtschaftsforscher.
ÖGB-Chef Wolfgang Katzian hat sich gestern neuerlich für die Umwandlung des Pendlerpauschales in einen einkommensunabhängigen Absetzbetrag ausgesprochen, um den die Steuer vermindert wird.
Begünstigungen unübersichtlich
Die steuerlichen Begünstigungen für Pendler sind derzeit vielfältig und recht unübersichtlich. Grundsätzlich werden Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsort pauschal mit einem Verkehrsabsetzbetrag von 400 Euro pro Jahr abgegolten, der vom Arbeitgeber automatisch bei der Lohnabrechnung berücksichtigt wird. Wer im Kalenderjahr nicht mehr als 12.200 Euro verdient und auch Anspruch auf ein Pendlerpauschale hat, für den erhöht sich der Verkehrsabsetzbetrag auf 690 Euro.
Bei Einkommen zwischen 12.200 Euro und 13.000 Euro pro Jahr vermindert sich der erhöhte Verkehrsabsetzbetrag gleichmäßig einschleifend auf 400 Euro. Wer nicht mehr als 15.500 Euro im Kalenderjahr verdient, bekommt außerdem einen Zuschlag zum Verkehrsabsetzbetrag in Höhe von 400 Euro. Dieser Zuschlag vermindert sich gleichmäßig bis zu einem Einkommen von 21.500 Euro auf null - der Zuschlag wird aber nur bei der Arbeitnehmerveranlagung berücksichtigt.
Wer mehr verdient, erspart sich mehr
Anders als der Verkehrsabsetzbetrag ist das Pendlerpauschale ein Steuerfreibetrag und vermindert nicht direkt die Lohnsteuer, sondern die Steuerbemessungsgrundlage, die Steuerersparnis hängt deshalb von der Höhe des Grenzsteuersatzes ab - wer mehr verdient und in eine höhere Steuerklasse fällt, erspart sich auch mehr. Es gibt ein kleines und ein großes Pendlerpauschale: Auf das kleine hat Anspruch, wer mindestens 20 km weit zur Arbeit fahren muss. Das große Pendlerpauschale bekommt man bei einer Entfernung von mindestens 2 km, wenn die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht möglich oder unzumutbar ist (etwa aufgrund einer Behinderung).
Das kleine Pendlerpauschale beträgt bisher ab 20 km Entfernung 696 Euro pro Jahr, ab 40 km 1.356 Euro und ab 60 km 2.016 Euro. Wem die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zuzumuten ist, bekommt das große Pendlerpauschale, nämlich ab 2 km Entfernung 372 Euro pro Jahr, ab 20 km 1.476 Euro, ab 40 km 2.568 Euro und ab 60 km 3.672 Euro.
Weitere Pendlerförderungsmöglichkeiten
Zusätzlich haben Dienstnehmer, denen ein Pendlerpauschale zusteht, auch Anspruch auf den "Pendlereuro", der direkt die Lohnsteuer reduziert und nicht die Bemessungsgrundlage. Pro Jahr beträgt der Pendlereuro derzeit zwei Euro pro Kilometer Distanz zwischen Wohnung und Arbeitsplatz.
Als weitere Pendlerförderung gibt es die Möglichkeit der steuerfreien Zurverfügungstellung eines Öffi-Tickets durch den Arbeitgeber. Zu berücksichtigen sei darüber hinaus, dass mehrere Bundesländer zusätzlich eigene Beihilfen für Pendler und Pendlerinnen gewähren, betont das Wifo. Diese seien in der Regel an Einkommensgrenzen geknüpft.
Das fordert das Wifo
Eine Reform der "Pendlerförderung" sollte eine Straffung bzw. Zusammenführung der unterschiedlichen Instrumente anstreben, sagte Wifo-Expertin Daniela Kletzan-Slamanig. Andererseits gehe es um die Sicherstellung der sozialen Treffsicherheit und die Erhöhung der ökologischen Komponente. Demnach sollte sich die Förderung an den Kosten des öffentlichen Verkehrs orientieren und auf den tatsächlich zurückgelegten Distanzen beruhen, so der Vorschlag.