Ringana-Gründer:
"Der Kult ist uns nicht recht"

Wie das steirische Vorzeige-Unternehmen auf aufdringliche "Missionarinnen" reagiert

Ringana. Der Name steht für Frischekosmetik aus der Steiermark, für preisgekrönte Produkte. Aber auch für eine Vertriebsform, die oftmals als "aufdringlich“ beschrieben wird. Was die Ringana-Gründer selbst zu dieser vermeintlichen „Keilerei“ ihrer VertriebspartnerInnen sagen und wieso jeder, der versucht, ihre Produkte weiterzuverkaufen, eine Abmahnung erhält, erklären Andreas Wilfinger und Ulla Wannemacher im Interview mit News.at.

von Ringana © Bild: Ringana

Ringana deklariert sich als Österreichs führender Bio- und Naturkosmetikhersteller und steht für Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Innovation. Vor kurzem erblickte das neueste Produkt der Frischekosmetik-Familie das Licht der Welt. Ein Reinigungsschaum, der normales Toilettenpapier in ein Feuchttuch verwandelt und damit der teuren Entsorgung in der Kanalisation entgegenwirken soll. Tausende Stück wurden allein in der ersten Woche verkauft. Ein weiterer Erfolg bahnt sich für Ringana an.

Ringana
© Ringana Ringanas neuestes Produkt: Ein "Popo-Schaum" fürs Toilettenpapier, wie es CEO Wilfinger bezeichnet, um der Feuchttücher-Plage entgegenzuwirken

Es ist klar: Mit dem Konzept Naturkosmetik made in Austria wurde ein Nerv getroffen. Dennoch polarisiert das Unternehmen enorm – vor allem in etwas gehobeneren urbanen weiblichen Kreisen; also genau inmitten der wohl größten Ziel- und KäuferInnengruppe. Doch warum? Verfolgt man die Diskussionen rund um das Unternehmen in einschlägigen Foren oder Facebook-Gruppen, sind es nicht die Produkte, die für Unmut sorgen, sondern eine Vertriebsform, bei der nicht selten die Worte „Keilerei“ oder „Missionierung“ fallen.

Das FrischepartnerInnen-System

Zur Erklärung muss etwas ausgeholt werden: Aufgrund der fehlenden Konservierungsstoffe in Ringana-Produkten sind diese nur eine beschränkte Zeit haltbar und werden deshalb nicht in Drogerien oder Apotheken verkauft, sondern nur direkt via Internet. Zusätzlich werden sie von sogenannten FrischepartnerInnen empfohlen. Diese – weltweit etwa 40.000 mehrheitlich Frauen – präsentieren ihrem persönlichen Umfeld die Produkte und erhalten für einen zustande gekommenen Verkauf (dieser findet immer zwischen Ringana und dem Endkunden direkt statt) eine Provision. (99 Prozent des Ringana-Gesamtumsatzes entstehen in Zusammenhang mit dieser Tätigkeit.)

Berufung statt Kosmetik-Alternative

Dies ist weder neu noch bedenklich (man denke an Tupperware oder Vorwerk-Staubsauger). Doch manche dieser FrischepartnerInnen scheinen in Ringana nicht nur eine umweltschonende Kosmetik-Alternative sondern vielmehr eine Berufung gefunden zu haben – sehr zum Leidwesen der potenziellen Kunden. Das "Werben" würde oft zur Aufdringlichkeit, so die Kritik.

»Wir sehen es nicht gerne, wenn die Markte unter falsch verstandenem Idealismus leidet«

Ein Problem, das den Ringana-Gründern Andreas Wilfinger und Ulla Wannemacher durchaus bewusst ist. „Wir sehen es nicht gerne, wenn die Marke unter falsch verstandenem Idealismus leidet“, erklärt Wilfinger im Gespräch mit News.at. Das Problem sei die enorme Anzahl dieser PartnerInnen, weshalb die Möglichkeit, einen gewissen Standard zu halten, beschränkt sei.

Mechanismen sollen verschärft werden

Dennoch wollen sich die Ringana-CEOs jetzt aktiv darum kümmern und bestimmte Mechanismen verschärfen, um genau solche Fälle aktiv zu finden, erklärt Wilfinger. Ab Mai wird es dafür eine eigene Compliance-Abteilung geben, denn „der Kult ist uns nicht recht, der hier um uns gemacht wird“, spricht sich Wannemacher klar gegen den Einsatz ihrer Marke als "Ersatz-Religion" aus.

Ausbildung kein Muss

Und eine Schulung für die Partner? Ein Trainingssystem, das dem Vertrieb den Umgang mit Kunden näher bringen soll, existiert zwar, ist aber nicht verbindlich. Prinzipiell könne jeder seine Kontakte knüpfen und werben, wie er möchte, erklärt Wilfinger: „Wir sind extrem liberal."

Willhaben: „Das ist etwas, was uns nicht gefällt“

Wird die aufdringliche Werberei also zwar nicht gern gesehen aber dennoch geduldet, hört sich das Dulden beim freien Verkauf auf. Das schlimmste sind für Wilfinger „Over-the-Counter-Verkäufe“, also wenn Ringana-Produkte unerlaubterweise über Ladentische wandern. Und auch virtuelle Ladentische wie etwa Willhaben oder Ebay sind den Ringana-Machern ein großer Dorn im Auge. „Das ist etwas, was uns nicht gefällt“, sagt Wilfinger. „Wir haben ein sehr sensibles Produkt und mehrere Transportwege sowie Temperaturschwankungen sind einfach nicht gut.“ Darum wurden zum Zeitpunkt der Recherche (Ende März) aktiv alle Verkäufer auf Plattformen wie Willhaben kontaktiert und zur Löschung ihres Angebots aufgefordert. Darunter befanden sich aber natürlich nicht nur FrischepartnerInnen, sondern auch private Verkäufer. Auch diese erhielten eine Nachricht von Ringana, in der sie auf ihren „groben Verstoß gegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBs)" hingewiesen wurden. AGBs allerdings, die nur für FrischepartnerInnen bindend sind.

"Lieber zurückschicken"

Diese Aufforderung gegenüber Privatpersonen ist rechtlich nicht haltbar, bestätigte AGB-Experte und Anwalt Balazs Esztegar gegenüber News.at. Eine Tatsache, die den Ringana-Gründern aber ohnehin bewusst ist: „Letztendlich können wir bei einem Privatverkauf nichts machen, nur wenn FrischepartnerInnen dahinter stecken“, gibt Wilfinger im Gespräch zu. Der Versuch war es aber anscheinend dennoch wert, denn suchte man (noch bis Ende März) auf diesen Plattformen nach Ringana-Produkten wurde man nicht fündig. (Anm.: Inzwischen existieren knapp über 20 Ringana-Angebote auf der Verkaufsplattform.) Wilfinger dazu: Man habe es eben nicht gerne, wenn die Produkte so verkauft werden. „Wenn eine Kundin unzufrieden ist, soll sie lieber das Produkt zurückschicken und bekommt ihr Geld retour“, so Wilfinger. Und wenn es ein Geschenk war? Das will der Ringana-Gründer nicht gelten lassen. „Ein Geschenk weiterzuverkaufen ist genauso verwerflich wie vielleicht der eine oder andere Satz in diesem Email. Weil wenn ich etwas geschenkt bekomme, brauche ich das nicht weiterzuverkaufen. Aber das ist wohl Ansichtssache.“