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Premier League: Tummelplatz für fußballverrückte Milliardäre

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14 min

Chelsea-Besitzer Todd Boehly

©IMAGO/David Klein
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Die englische Premier League, die stärkste Fußball-Liga der Welt, ist heute der Spielplatz exzentrischer Investoren aus aller Welt. Auch in anderen Ländern dient der Fußball als Spielball finanzstarker Geldgeber

Die Premier League ist das Maß aller Dinge im Fußball: Keine andere Liga fasziniert weltweit so viele Menschen und fabriziert so viele hochklassige Duelle am Rasen. Die englische Liga ist aber vor allem in Sachen Finanzen unerreicht: Knapp sieben Milliarden Euro werden jährlich umgesetzt, Tendenz steigend. Das liegt nicht nur an den hohen Einnahmen aus Fernsehrechten und aus dem Merchandising – in aller Welt fiebern Menschen vor TV-Geräten bei den Spielen mit, oft gekleidet in den Farben ihres Lieblingsvereins aus London, Manchester oder Liverpool.

Die Premier League ist aber vor allem zum Tummelplatz von Milliardären, exzentrischen Geschäftsleuten und reichen Kapitalfonds geworden. Kein Wunder: Der englische Fußball verspricht gutes Image, starke Einnahmen und die Verlockung, unternehmerisches Geschick auch im Sport beweisen zu können – was schwieriger ist, als es aussieht. Ein Beispiel ist der amerikanische Geschäftsmann Todd Boehly, der 2022 gemeinsam mit einem Konsortium den Londoner Traditionsklub Chelsea gekauft hat. Das wurde möglich, weil der bisherige Eigentümer Roman Abramowitsch von der EU mit Sanktionen belegt wurde und daher sein liebstes Spielzeug verkaufen musste. Der russische Oligarch kündigte an, den Nettoerlös aus dem Verkauf von Chelsea in eine Stiftung für alle Opfer des Ukraine-Krieges fließen zu lassen –, ohne aber spezifisch ukrainische Opfer der russischen Invasion zu benennen.

Neben Boehly haben auch die US-Kapitalgesellschaft Clearlake, der US-Geschäftsmann Mark Walter und der Schweizer Unternehmer Hansjörg Wyss in den Verein aus der britischen Hauptstadt investiert. Boehly selbst, der auch bei anderen Sportvereinen wie den Los Angeles Lakers involviert ist, hat einige Zeit gebraucht, sich an die Gegebenheiten im Fußball anzupassen. Legendär seine angebliche Aussage gegenüber dem damaligen Chelsea-Trainer Thomas Tuchel, er solle doch seine Feldspieler im 4-4-3-System aufstellen – was prinzipiell eine Überlegung wert wäre, dürften außer dem Tormann noch elf weitere Spieler aufs Feld.

Stars in der Krise

In der laufenden Saison der Premier League spielt Titelverteidiger Manchester City zur Überraschung der Fans eine weniger wichtige Rolle als angenommen. Die Elf von Pep Guardiola ist trotz des Aufgebots an Stars von Erling Haaland abwärts in die Krise geraten. Seit 2008 gehört der Verein, der jahrzehntelang im Schatten des Stadtrivalen United geblieben war, der Herrscherfamilie von Abu Dhabi. Genauer gesagt steht der Klub im Eigentum der City Football Group, die ihrerseits mehrheitlich der Abu Dhabi United Group gehört. Verantwortlich für die Fußballoffensive des reichen Golfstaates ist Mansour Bin Zayed Al Nahyan, Sohn des ersten Präsidenten der Vereinigten Arabischen Emirate.

Mit einem Nettovermögen von rund 30 Milliarden US-Dollar hat er selbst ausreichend Spielgeld, um einen Rekordtransfer nach dem anderen möglich zu machen. So wurde der englische Dribbler Jack Grealish um rund 118 Millionen Euro gekauft. Abu Dhabi ist eine nie versiegende Geldquelle für die Sky Blues, so der Spitzname des Klubs – die Investitionen sind für das Land und seine Herrscher eine Möglichkeit, Image und Einfluss in Europa zu garantieren.

Weniger ums Image als vielmehr um die Geldmaschinerie Premier League ging es dem US-Geschäftsmann Stan Kroenke, der seit 2007 immer mehr Anteile am Londoner Klub Arsenal kaufte. 2018 konnte er schließlich die Anteile des russischen Oligarchen Alischer Usmanow übernehmen und hat seither die völlige Kontrolle.

Multimilliardär Kroenke, der unter anderem einen Baukonzern aufbaute und dessen Frau eine Erbin des Walmart-Imperiums ist, wird allerdings von den Anhängern des Klubs, der eine Kanone im Wappen trägt, kritisch gesehen. Seine Investitionen in andere Sportvereine – unter anderem den Football-Verein Los Angeles Rams – waren nämlich eher von finanziellen als von sportlichen Zielen geprägt. Sein Sohn Josh Kroenke kümmert sich als ein Vorstandsmitglied von Arsenal heute um die Geschäfte im Norden Londons; er ist aber auch bei anderen Klubs des Kroenke-Sportimperiums wie beim Eishockeyverein Colorado Avalanche im Einsatz. Immerhin haben die Kroenkes in den vergangenen Jahren viel Geld in neue Spieler gesteckt und lassen Trainer Mikel Arteta (der sein Handwerk bei Guardiola gelernt hat) schalten und walten.

Nicht nur für Freudengesänge bei den Fans sorgen auch die Eigentümer von Manchester United: Die US-Unternehmerfamilie Glazer besitzt seit 2005 die Mehrheit an dem Klub. Aber weil der 2014 verstorbene Milliardär Malcolm Glazer den Kaufpreis von rund

800 Millionen Pfund auf Pump finanziert hatte, schleppt United beachtliche Schulden mit. Anfang 2024 hat der britische Milliardär Jim Ratcliffe rund 28 Prozent der Anteile gekauft. Der Chef des Chemiekonzerns Ineos steht zwar wegen seines steuerschonenden Wohnorts Monaco in der Kritik, dürfte aber in sportlicher Hinsicht für einen gewissen Aufwärtstrend des City-Rivalen sorgen, außerdem will er ein neues Stadion mit einer Kapazität von 100.000 Zuschauern bauen lassen.

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Feuer und Flamme: England ist fußballverrückt, wie die Szenen vor einem Spiel von Arsenal in London zeigen. Doch ohne potente Geldgeber geht nichts mehr.

 © Foto: ADRIAN DENNIS / AFP / picturedesk.com
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Todd Boehly, Besitzer von Chelsea fällt mit skurillen Ideen auf

 © IMAGO/David Klein

Viel Geld, wenig Erfolg

Keine Dividenden aus dem Geldeinsatz in der Premier League erwartet sich der saudische Staatsfonds PIF (Public Investment Fund), der seit 2021 eine Mehrheitsbeteiligung an

Newcastle United hält. Yasir Al-Rumayyan, der Chef dieses Staatsfonds und auch des staatlichen Erdölkonzerns Saudi Aramco, ist Vorsitzender des nordenglischen Klubs. Von der Mehrheit der Fans wurden die Millionen, die auch dank politischer Unterstützung von ganz oben (angeblich soll der damalige Premier Boris Johnson beim Deal mitgeholfen haben) kamen, als Ausweg aus der sportlichen Misere bejubelt.

Allzu viel hat sich seither aber nicht getan, von einer Spitzenmannschaft ist Newcastle so weit weg wie Saudiarabien von der beworbenen Neuaufstellung als Klimaschützer. Die Ziele des Staatsfonds, der über Geldmittel von geschätzten 600 Milliarden Euro verfügt, liegen aber ohnehin weniger in sportlichen Zielen: Es geht auch hier um einen Imagetransfer und darum, bei Technologie- und Infrastrukturprojekten im Vereinigten Königreich einen Fuß in der Tür zu haben.

Im englischen Fußball dürfen Investoren nach Belieben schalten und walten; im Gegensatz zu anderen Ländern gibt es für sie kaum Auflagen. Der thailändische Geschäftsmann Aiyawatt Srivaddhanaprabha, Chef der King Power Group (Duty-Free-Geschäfte), ist Vorsitzender von Leicester City. Sein Vater Vichai Srivaddhanaprabha, der 2010 die Mehrheit an dem Klub gekauft hatte, war 2018 bei einem Hubschrauberabsturz in der Nähe des Stadions ums Leben gekommen – der Tod des beliebten Geldgebers löste bei Fans und Spielern große Trauer aus.

2016 gewann Leicester überraschend die englische Meisterschaft, woran der österreichische Verteidiger Christian Fuchs einen Anteil hatte. Oder auch jene buddhistischen Mönche, die von der Familie Srivaddhanaprabha extra eingeflogen wurden, um mit Segnungen des Rasens und eigens angefertigten Amuletten den Boden für den Premier-League-Erfolg zu bereiten.

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Milliardär: Jim Ratcliffe will Manchester United zurück an die Spitze bringen

Verhaltensauffälliger Grieche

Sonst sind es eher handfeste Geschäftsinteressen, die Investoren anlocken, vornehmlich solche aus den USA. Da wären etwa US-Unternehmer Bill Foley, seit 2022 Besitzer des AFC Bournemouth, Tech-Investor John Textor, der seit 2021 die meisten Anteile an Crystal Palace hält (Trainer ist dort Oliver Glasner), und Milliardär Wes Edens, Miteigentümer von Aston Villa. Auffälliger als diese Investoren verhält sich der griechische Reeder Evangelos Marinakis, Eigentümer von Nottingham Forest: Es kann schon mal vorkommen, dass er aufs Feld stürmt und in Richtung des Schiedsrichters spuckt.

In Griechenland musste der streitbare Fußballinvestor, der auch Olympiakos Piräus besitzt, schon mehrmals vor Gericht: Nach einer Auseinandersetzung mit Fans war im Dezember 2023 ein Polizist gestorben; Marinakis musste sich u. a. wegen Anstiftung zu Gewalt verantworten. Mehrmals standen auch Vorwürfen wegen Spielmanipulationen im Raum, die bisher mangels Beweisen aber nicht zu Verurteilungen führten. Er wird nicht der letzte verhaltensauffällige Investor sein, der von der Premier League magisch angezogen wird.

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Evangelos Marinakis bei der Europa Conference League in Athen

 © IMAGO/Goal Sports Images

Andere Ligen, ähnliche Sitten

Deutschland

Rechtliche Vorgaben verhindern, dass Investoren die Mehrheit an Klubs halten: Laut der 50+1-Regel müssen die Stimmrechte stets beim Verein selbst bleiben. Weshalb gehört dann Red Bull Leipzig heute zum Sportimperium des Getränkekonzerns? 2009 wurde ein kleiner Verein übernommen, der in „RasenBallsport Leipzig“ unbenannt wurde, weil Werbenamen in Vereinsnamen nicht erlaubt sind. Durch ein ausgeklügeltes Konstrukt wurde sichergestellt, dass Red Bull die Kontrolle über alle Entscheidungen hat. Der sportliche Aufwärtstrend bis in die Champions League ließ Kritiker bald verstummen; das Image als Retortenverein ist den meisten Fans heute längst egal. SAP-Mitbegründer Dietmar Hopp wiederum hat ab 1990 viele Millionen in TSG Hoffenheim gesteckt; als Jugendlicher hatte er selbst für den Verein in Sinsheim gespielt. 2023 hat er die Stimmrechtsmehrheit an den Klub zurückgegeben.

Frankreich

Die Übernahme von Paris Saint-Germain durch Qatar Sports Investments, der staatlichen Investmentgesellschaft von Katar, löste einen wahren Kaufrausch in der französischen Hauptstadt aus: Ein Superstar nach dem anderen wurde verpflichtet, darunter etwa Neymar um mehr als 220 Millionen Euro und Kylian Mbappé um 180 Millionen. Seit damals dominiert PSG Meisterschaft und Cup im eigenen Land; international tat sich bis auf eine Teilnahme am Champions-League-Finale 2020 bisher aber wenig angesichts des enormen Aufwands. Der AS Monaco ist seit 2011 im Besitz des russischen Milliardärs Dmitry Rybolovlev; Nizza gehört dem britischen Milliardär Jim Ratcliffe, der auch Anteile an Manchester United besitzt. Die Familie Arnault, Eigentümer von LVMH, wiederum will gerade den Zweitligisten Paris FC übernehmen, um den Verein langfristig ganz nach oben zu führen. Antoine Arnault behauptet, dass LVMH-Marken frei entscheiden können, ob sie Partnerschaften mit dem Klub eingehen möchten; Red Bull will einen Minderheitsanteil erwerben – der ehemalige Liverpool-Trainer Jürgen Klopp, der seit 2025 als „Head of Soccer“ die Fußballgeschäfte des Konzerns leiten wird, könnte dabei eine Rolle spielen.

Österreich

Österreichs Liga bietet in der laufenden Saison einige Überraschungen, etwa die schlechten Leistungen von Red Bull Salzburg. Dabei ist der Klub der unangefochtene Krösus der Liga: 2005 stieg Dietrich Mateschitz beim verschuldeten Traditionsverein Austria Salzburg ein, seine Red Bull GmbH übernahm die für den Spielbetrieb zuständige Salzburg Sport AG. Es folgte der radikale Umbau, beginnend bei neuen Vereinsfarben und neuem Logo. Zwischen 2014 und 2023 gab es keinen anderen Meister, erst heuer konnte Sturm Graz die Dominanz von Salzburg brechen.

Überraschend stark zeigt sich heuer Austria Wien, das indes einen gewaltigen Berg an Schulden mitschleppt. Anfang 2022 sicherte sich eine Investorengruppe einen Anteil von 40 Prozent an der FK Austria Wien AG, die für den Profifußball verantwortlich ist. An dieser Viola Invest­ment Gmbh ist neben David Alaba auch der ehemalige Spieler und LASK-Vizepräsident Jürgen Werner über seine We Think Forward GmbH beteiligt, der als Sportvorstand die sportlichen Geschicke lenkt. Werner, der von der Bundesliga zwischenzeitlich mit einer Sperre belegt worden war, könnte noch mehr Anteile bekommen, sollte die auch in Österreich gültige 50+1-Regel fallen. Andererseits will Austria-Präsident Kurt Gollowitzer, Geschäftsführer der Wien Holding, Werner ausbezahlen, um den Klub wieder unabhängig von diesen Investoren zu machen.

Dieser Beitrag ist ursprünglich in der News-Printausgabe Nr.05/2025 erschienen.

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