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Nach drei Spitzenpositionen hintereinander in den Albumcharts haben sich Seiler und Bernhard Speer nicht selbst unter Druck gesetzt, daran anschließen zu müssen. "Wir machen uns da überhaupt keine Gedanken", versicherte Seiler. "Man kann sagen, das ist unprofessionell. Nein, ist es überhaupt nicht. Das war schon immer unsere Eigenschaft, dass uns vieles wurscht ist. Und mit vieles meine ich Dinge, die eigentlich auch wurscht sein sollten. Ein Nummer-eins-Album muss nicht unbedingt besser sein als die Nummer zwei oder Nummer drei. Das haben in der Woche einfach mehr Leute gekauft, fertig. Es können ja auch viele Leute einen Blödsinn kaufen."
Gemessen wird das Duo wohl trotzdem an dem bisher Erreichten. "Sicher", nickte Seiler. "Aber die beste Abrechnung ist immer bei einem Konzert oder auf Tour. Wenn da die Leute kommen und vor allem, wenn sie glücklich wieder gehen, das ist das, worum es geht." 3.000 Besucher bei einem Auftritt in Berlin ist für einen österreichischen Dialekt-Act durchaus imposant. Aber ein volles Ernst-Happel-Stadion "ist schon eine andere Ansage", so der Sänger. "Klar hätte das in die Hosen gehen können, aber wir stehen kurz vor ausverkauft. Das ist schon krass. Das macht demütig und ehrfürchtig."
"Hödn" lässt sich nicht auf einen Stil begrenzen: "Zu uns haben sie Austropop gesagt. Aber den Ausdruck mag ich überhaupt nicht, weil das kein Genre ist", sagte dazu Seiler. "Wir machen Musik, die eigentlich gar kein Genre hat - im Dialekt, dem einzigen roten Faden. Wir haben unser eigenes Ding irgendwie kreiert. Aber das ist auch irgendwie logisch, dass du dich nach zehn Jahren gefunden und dass sich ein Sound entwickelt hat."
Die aktuelle Single heißt "Mama Leone". Ein Schlager mit demselben Titel wurde von Drafi Deutscher geschrieben und nach zwei damit erfolglosen Interpreten 1978 von Bino zum Hit gesungen - eine Hommage? "Auf jeden Fall", antwortete Seiler. "Ich gebe auch zu, dass ich sehr gerne Schlager aus dieser Zeit höre. Das waren super Songs. Der Schlager von damals hat nichts mit dem von heute zu tun. In unserer Nummer geht es im Entferntesten um meine Großmutter. Der Song heißt deshalb 'Mama Leone', weil sie das Lied immer gehört hat."
"Tot sei wär mir lieber" steht wiederum in der Wienerliedtradition. Seiler: "Es hat bei uns Tradition, eine solche Nummer auf dem Album zu haben. Ich sehe bei 'Hödn' überhaupt viele Parallelen zum ersten Album. Das war uns nach zehn Jahren auch wichtig, dass es ein bisschen eine Hommage ans Debüt ist. Natürlich klingt das ganze Ding reifer. Das erste Album ist mehr Klamauk. Da waren die Prozentverteilung von Klamauk zu Ernsthaftigkeit 70 zu 30, mittlerweile hat sich das genau umgedreht."
Bissige Texte dürfen auch nicht fehlen. "Red mit an Aundan" ist dafür ein gutes Beispiel. "Es geht um diese Unart, die sich in unserer Gesellschaft ausgebreitet hat. Dass angeblich politisch gut informierte Leute deine Meinung nicht akzeptieren, sondern nur ihre." "Bis uns daschlogn" wiederum ist eine Eigenbeschreibung: "Wir san die Rotzn, wir san die Bücha, aber wir genieren uns net", heißt es da. Auch wenn das durchaus mit Augenzwinkern gesungen wird, hält Seiler fest: "Wenn wir vieles sind, eitel waren wir aber nie. Abgehoben schon gar nicht. Ich fühle mich dort wohler, wo die Rotzn herumrennen als irgendwo bei den Spargelfressern. Dort seh ich mich gar nicht, da wird man mich nie sehen."
Bei der Pressekonferenz zur Ankündigung ihres Stadion-Konzertes hatte sich Seiler geheimnisvoll gegeben: "Es wird nicht nur ein neues Album herauskommen, es kann durchaus sein, dass es auch drei sind." Ein Scherz? "Net wirklich. Ich hab' so viele Lieder in diesen sechs Jahren geschrieben. Es wird auf jeden Fall so eine Art Wohnzimmer-Session mit komplett neuen Sachen herauskommen, aufgenommen mit Liveband, aber eher zurückhaltend. Und es kann sein, dass nächstes Jahr schon wieder ein neues richtiges Studioalbum folgt."
(Das Gespräch führte Wolfgang Hauptmann/APA)
(S E R V I C E - https://www.seilerundspeer.at)