Kreativität braucht Platz. Und während in Großstädten wie London, Paris oder Berlin dieser Platz immer knapper und vor allem teurer wird, sind in Athen durch die verhältnismäßig sehr niedrigen Lebensunterhaltungskosten ganze Stadtteile im Umbruch.
Ausgestiegen bei der U-Bahn-Station „Omonia“ frage ich einen rauchenden Restaurantbesitzer, wie ich am besten nach „Exarchia“ komme. „You will know when you are there“, sagt er mir nach einer kurzen Wegbeschreibung in das Brennpunktviertel. „Exarchia“ ist ein Viertel für Rebell:innen. Von Protesten gegen die faschistische Besetzung im Zweiten Weltkrieg bis zu einem Blendgranaten-Angriff auf Polizeibeamte, die eine Baustelle für die umstrittene U-Bahn Station im Viertel bewacht haben, im Mai: Seit den Siebzigern ist das Viertel ein Zentrum der Linken, der Anarchist:innen, Intellektuellen und Künstler:innen.


Bar in Keramikos
© Oskar Kaufmann„Keramikos“ ist da ein bisschen anders. Das Viertel, das 15 Minuten Fußweg von der Akropolis entfernt ist, blüht seit ein paar Jahren durch die sich ansiedelnden Künstler: innen und Bar- beziehungsweise Restaurantbesitzer:innen auf. Hier schallt das Gelächter noch in den frühen Morgenstunden durch die Straßen.
Athen erholt sich von der Finanzkrise
Die Folgen der großen Finanzkrise vor rund 15 Jahren, sind noch immer zu spüren. Griechenland ist mit einer Staatsverschuldung von 153,6 Prozent das am stärksten verschuldetes Land in der EU. Trotzdem ist der Aufschwung mit einem Wirtschaftswachstum von 2,3 Prozent im Jahr 2024, nicht mehr zu leugnen. Athen wird als Hauptstadt und neunt größte Stadt Europas wirtschaftlich, als auch touristisch wieder interessanter. Letztes Jahr besuchten fast 8 Millionen Menschen die Metropole. Das sind 12 Prozent mehr als 2023.


Innnerhalb des Stadtkernes beträgt die durchschnittliche Miete für eine Zwei-Zimmer-Wohnung circa 600 Euro. Für eine Mahlzeit in einem Restaurant sind Preise um die 15 Euro die Norm. Die Lebensunterhaltskosten liegen in Griechenland allgemein bis zu 30 Prozent unter dem EU-Durchschnitt. Athen bietet damit nahrhaften Boden für Szenenkultur.
Athen zeigt, dass sich Städte auch unter schwierigen Umständen ganz von selbst weiterentwickeln können. Anreize, wie leistbarer Wohnraum und Platz für Kultur, bringen auch Motivation, zur Entwicklung der Stadt etwas beizutragen. Und das lohnt sich – für alle.