Maximilian Krauss: So tickt
der Kopf der jungen FPÖ

Der Obmann der Freiheitlichen Jugend über Vorbilder, braune Ausrutscher und Sebastian Kurz

Maximilian Krauss ist Bundesobmann der Freiheitlichen Jugend, der Jugend-Organisation der FPÖ sowie Bezirksparteiobmann der FPÖ Wien Josefstadt. Er spricht in unserer Reihe "Junge Politik" über "braune Ausrutscher" in seiner Partei, die Migrations- und Bildungspolitik der FPÖ, Sebastian Kurz und den Umgangston in der Politik.

von
Junge Politik - Maximilian Krauss: So tickt
der Kopf der jungen FPÖ

News.at: Sie sind 25 Jahre alt, wie sind Sie in die Politik gekommen? Was hat Ihr Interesse geweckt?
Maximilian Krauss: Ich komme grundsätzlich aus einer politischen Familie, nicht parteipolitisch aber man hat sich über Politik und aktuelle Themen unterhalten. Im Vorfeld der Parteispaltung FPÖ/BZÖ - war Heinz-Christian Strache mit Abstand der jüngste Parteichef. Bei der Wien-Wahl hat er mit interessanten Themen und Plakaten kandidiert und sich damit abgehoben. Ein oder zwei Jahre später habe ich ihn persönlich kennengelernt und bin dann in der Freiheitlichen Jugend und in Folge FPÖ-Mitglied geworden..

Nach politischen Vorbildern gefragt, würden Sie jetzt also Heinz-Christian Strache antworten?
Definitiv Heinz-Christian Strache. Es hat aber auch Jörg Haider viele Dinge richtig gemacht. Er war der erste, der dieses rot-schwarze System aufgebrochen hat und auch wenn nachher vieles schief gelaufen ist, haben diese ersten Jahre sicher eine Vorbildfunktion.

Wie läuft die Kommunikation mit der FPÖ? Kann die Freiheitliche Jugend (ehemals Ring Freiheitlicher Jugend, das wird gerade geändert) komplett frei agieren oder muss mit der FPÖ abgestimmt werden?
Die Kommunikation mit der FPÖ ist eine sehr gute. Bei der SJ (Sozialistische Jugend) hört man ja oft, dass die SJ die SPÖ kritisiert und hin und her. Deshalb bekommt man von ihnen in den Medien vielleicht auch etwas mehr mit.

»Wir haben die Funktion einer Kaderschmiede«

Ist die Freiheitliche Jugend, wie auch die SJ, also total eigenständig?
Abstimmen müssen wir uns nicht, aber wir haben eine andere Rolle. Wir haben die Funktion einer Kaderschmiede. Außerdem kommen viele Konzepte, die jetzt in der Bundesregierung umgesetzt werden, wie zum Beispiel Deutsch vor der Schule (Anm.: auch bekannt als „Deutschklassen“) von uns.

Muss eine Jugendpartei nicht „rebellisch“ sein?
Es heißt ja nicht, dass man deshalb überall d’accord gehen muss. Wenn man sich die Geschichte anschaut, dann war der RFJ (Ring Freiheitlicher Jugend) damals die erste Vorfeldorganisation der FPÖ, die Jörg Haider in der Regierungsphase 1 scharf kritisiert hat und gesagt hat: Das, was die FPÖ in der Regierung tut, hat nichts mehr damit zu tun, wofür wir gewählt wurden. Im Moment sind wir aber sehr zufrieden sind mit der Bundesregierung.

Wie würden Sie die Stimmung im Land derzeit beschreiben?
Ich glaube, dass wir entgegen einer medialen Berichterstattung, die oft sagt, dass das Land gespalten sei, eine sehr große Zufriedenheit mit der Regierung haben. Grundsätzlich glaube ich, dass die Stimmung in Österreich keine schlechte ist. Natürlich gibt es junge Leute, die Zukunftsängste haben, die nicht wissen, wie es weitergehen soll. Aber das ist oft auch eine Bildungsfrage.

Sie sind Bildungssprecher der FPÖ in Wien. Denken Sie, dass Ihre Lösungsansätze zur Migrationsproblematik wie Kopftuchverbot, Deutschklassen oder Deutschpflicht in Pausen zur Integration beitragen?
„Deutsch vor Schule“ ist sicher eine gute Maßnahme, weil gerade in Wien haben wir gesehen, dass das alte Konzept versagt hat. Wie soll ich in der Volksschule Sachunterricht oder Mathematik unterrichten, wenn die Schüler nicht einmal Deutsch können. Genauso haben aber Kinder, die mit sechs Jahren Deutsch sprechen, einen Anspruch darauf, einen richtigen Unterricht vorzufinden, wo Inhalte vermittelt werden. Deswegen "Deutsch vor Schule" sowie auch Deutsch als Umgangssprache - wo es eine kleine Diskussion mit dem Bildungsminister gibt, der zwar, glaube ich, keine inhaltlichen Bedenken hat, aber wo man sehen wird, ob das verfassungsrechtlich möglich ist.

Sehen Sie es nicht als eine Bereicherung für Schüler, etwas von anderen Kulturen und Sprachen mitzubekommen?
Eine Bereicherung ist es dann, wenn in der Klasse 80 Prozent Deutsch sprechen und zwei oder drei andere erzählen etwas über ihre Sprache und ihre Kultur. Die Bereicherung hört auf, wenn zwei Leute Deutsch sprechen und 15 vielleicht Türkisch und zehn eine andere Sprache.

»Ich frage mich, wo wir eigentlich hingekommen sind, wenn man jetzt schon gesetzlich verbieten muss, dass Drei- oder Vierjährige ein Kopftuch tragen. «

Das Kopftuchverbot
wurde ja bereits fixiert. Wobei die Diskussion eine absurde ist, weil ich mich frage, wo wir eigentlich hingekommen sind, wenn man jetzt schon gesetzlich verbieten muss, dass Drei- oder Vierjährige ein Kopftuch tragen.

Absurd auch insofern, als dass es kaum so kleine Mädchen mit Kopftuch gibt?
Es gibt in Wien sehr wohl islamische Kindergärten, wo das Kopftuch getragen wird. Ab dem Fall, wo etwas einmal der Fall ist, ist es notwendig, das gesetzlich zu verankern, weil mir niemand einreden kann, dass ein vier- oder fünfjähriges Mädchen aus religiöser Motivation das Kopftuch aufsetzt.

Heute sind Sie Bildungssprecher der FPÖ Wien, vor vier Jahren wurden sie als stellvertretender Stadtschulratspräsident von Bürgermeister Michael Häupl wegen „Verunglimpfung des Amtes“ abgelehnt. Hat Sie das getroffen?
Jetzt denke ich mir: Es sind vier Jahre vergangen und ich bin im Rathaus und er nicht...
Damals war es natürlich eine persönlich unangenehme Situation. Aber es war trotzdem wichtig, nicht nachzugeben, weil die Punkte, die wir damals gefordert haben, ein ganz großes Streitthema waren. Das waren eben die Deutschklassen oder das Kopftuchverbot.

Vor kurzem gab es drei Volksbegehren. Sie haben das GIS-Begehren unterschrieben, das Frauenvolksbegehren und das Rauchervolksbegehren nicht?
Nein.

Warum nicht? Denken Sie, dass in Punkto Gleichberechtigung schon alles getan ist?
Beim Frauenvolksbegehren waren Punkte drinnen, wie etwa Abtreibung auf Krankenschein, die ich mit meinen Einstellungen überhaupt nicht hätte vereinbaren können. Aber es gibt andere Punkte, zum Beispiel gleicher Lohn, die in Österreich noch nicht komplett richtig umgesetzt wurden und hier muss man natürlich nachschärfen.

Mit Ihnen und Herrn Strache stehen zwei Männer an der Spitze der FPÖ und ihrer Jugend. Auch sonst gibt es weniger Frauen in der FPÖ als in anderen Parteien (im Nationalrat hat die FPÖ mit 23 Prozent den geringsten Frauenanteil). Besteht hier Bemühen, mehr Frauen in die Partei zu holen?
Ja, absolut. Es würde mich freuen. Ein Appell an alle jungen Frauen, sich bei uns zu melden und Mitglied zu werden. Es ist leider so, dass wir viele männliche Mitglieder haben und nicht gleich viele weibliche Mitglieder.

Warum ist das so?
Ich glaube, das ist ein bisschen ein Phänomen, dass die FPÖ derzeit auch von mehr jungen Männern gewählt wird. Warum das so ist, da bin ich kein Experte, aber es wäre vielleicht einmal ein interessantes Thema, sich damit zu beschäftigen.

Sie sind auf Facebook und Instagram sehr präsent. Wie wichtig sind soziale Medien heutzutage in der Politik? Kann man ohne überhaupt noch erfolgreich sein?
Ich glaube, wenn man in einer aktiven Rolle sein möchte, sind sie extrem wichtig. Ich glaube zwar nicht, dass man ohne sie extrem erfolglos sein muss. Siehe Ex-Bürgermeister Häupl; auch wenn ich nie sein Fan war und er nie meiner, aber der hat auch ohne Facebook Wahlen gewonnen.

Eine weitere Problematik der sozialen Medien ist der Hass im Netz. Die Regierung hat dazu das „digitale Vermummungsverbot“ angekündigt. Denken Sie, kann diese Aufhebung der Anonymität wirklich den Hass eindämmen?
Ich glaube, dass Anonymität manche Leute schon dazu verleitet, Dinge zu sagen, die sie nicht sagen würden, wenn sie wüssten, dass man weiß, wer sie sind.

Maximilian Krauss
© News.at Krauss beim Interview mt News.at: "Bin kein großer Fan von Van der Bellen"

Sie selbst haben in Bezug auf Bundespräsident Alexander Van der Bellen getwittert: „Ich konnte ihn noch nie leiden und bin froh, kaum von ihm zu hören. Wenn doch, ist es meist Unsinn.“ Was stört sie so an Van der Bellen?
Dass ich als Freiheitlicher nie ein großer Fan von ihm war, ist nicht besonders überraschend. Gleichzeitig ist er natürlich der gewählte Präsident, das ist zu akzeptieren. Aber wenn er etwa kritisiert, dass die Regierung den UNO-Migrationspakt nicht unterschrieben hat, dann sind das inhaltliche Differenzen, wo man auch als Politiker das Recht haben muss, sachlich zu widersprechen, auch wenn er der Bundespräsident ist.

Finden Sie Ihre Aussage: „Ich konnte ihn noch nie leiden…“ sachlich?
Ich lege Wert darauf, dass es keine Beleidigung war. Es war einfach nur eine emotionale Wertung, die aber zulässig ist.

In der FPÖ passieren immer wieder „braune Ausrutscher“. Wie stehen Sie dazu?
Ausrutscher gibt es in allen Parteien. Gab es in der FPÖ etwas, was in Richtung Verharmlosung der dunkelsten Zeit Österreichs ging, hat unser Bundesobmann immer konsequent reagiert und diese Leute aus der Partei rausgeschmissen.

Einwurf des beim Interview anwesenden Mitarbeiters der Pressestelle: Das steht am nächsten Tag aber dann nicht in der Zeitung.

»Orban ist ein wichtiger Politiker in Europa, der vieles richtig gemacht hat. «

Im September haben Sie auf Ihrer Facebook-Seite einen Ausspruch von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban geteilt: „Lasst sie nicht herein und die, die da sind, schickt nach Hause.“ Sie schreiben dazu: „Viktor Orban spricht Klartext“. Denken Sie nicht, dass solche Aussagen Hass schüren?
Das ist eine Rede von ihm über illegale Migranten. Illegal ist dabei das wesentliche. Ob das Hass schürt? Nein, ich glaube, dass Orban ein wichtiger Politiker ist in Europa, der vieles richtig gemacht hat. Und er hat eben davon gesprochen, dass er keine illegale Migration in Europa möchte und das halte ich persönlich für völlig richtig.

(Anm.: Dass des Spruch die illegale Migration betrifft, wurde im Posting von Maximilian Krauss nicht erwähnt.)

Ein ganz anderes Thema, das derzeit debattiert wird, ist Tempo-30 auf der Wiener Josefstädterstraße. Sie als FPÖ-Bezirksparteiobmann sprechen sich dagegen aus. Warum?
Tempo-30 würde dazu führen, dass die Straßenbahnen wesentlich langsamer fahren würden, wodurch sich die Intervalle verzögern würden. Außerdem würde diese wichtige Verkehrsachse völlig verstopft werden und es zu noch mehr Verkehrsaufkommen führen. Gleichzeitig würde die Feinstaubbelastung steigen, weil, das zeigen Studien, mehr ausgestoßen wird als bei Tempo 50.

» Wir wollen wieder mehr Parkplätze haben, wir wollen, dass der Individualverkehr gefördert wird. «

Hier sehen wir also die nächste Autofahrer-feindliche Maßnahme. Wir wollen für die Josefstadt lieber wieder mehr Parkplätze haben, wir wollen, dass der Individualverkehr gefördert wird. Wir wollen, dass es nicht zu längeren Verzögerungen bei den Intervallen der Öffis kommt, kein Fahrradfahren gegen die Einbahn in manchen Fällen, keine Begegnungszonen. Wir wollen einfach nicht, dass gewisse Verkehrsteilnehmer wie die Fahrradfahrer übervorteilt werden.

Die Leute - mit Blick auf die Umwelt - zum Umsteigen zu motivieren, wollen Sie nicht?
Ich finde, es wichtig, den Leuten nicht immer alles vorschreiben zu müssen. Und Leuten, die mit dem Auto in die Arbeit fahren müssen, weil es keine andere Möglichkeit gibt, noch einmal ein Hackl in den Weg zu legen, ist der falsche Weg.

Seit einem Jahr ist die FPÖ in der Regierung. Seit einigen Wochen gibt es wieder Donnerstags-Demos gegen die Regierungspolitik. Stimmt Sie das nachdenklich?
Nein, überhaupt nicht, das ist das Recht von jedem. Mich persönlich würde es freuen, wenn man es so tun könnte, dass nicht der ganze Verkehr dadurch in der Innenstadt gelähmt wird und auch die Geschäftsleute darunter leiden.

»[Zu den Donnerstags-Demos] Ich glaube nicht, dass sich irgendjemand davon groß beeindruckt zeigt. «

Berührt es Sie nicht, wenn so viele Menschen gegen Ihre Politik auf die Straße gehen?
So viele sind das in der Regel nicht. Ein paar Hundert bis wenige Tausend waren es in den letzten Wochen. Das sind halt diese „Omas gegen Rechts“, es ist ihr gutes Recht, sollen sie machen. Aber ich glaube nicht, dass sich irgendjemand davon groß beeindruckt zeigt.

Was schätzen Sie an Bundeskanzler Sebastian Kurz – und was würden Sie vielleicht anders machen?
Ich schätze an ihm, dass er in der ÖVP eine Veränderung herbeigebracht hat; Weg von einem eher linken Kurs, hin zu einem Kurs, in dem er ja schon vor der Wahl sehr viele Punkte von uns Freiheitlichen ins eigene Wahlprogramm übernommen hat. Deshalb hat es in vielen Punkten Einigkeit im Regierungsübereinkommen gegeben. Das hat er sicher richtig gemacht.

Gibt es auch Kritikpunkte?
Ich glaube, er hat in seiner Vergangenheit viele Lasten der SPÖ mitgetragen, vielleicht weil er musste, vielleicht weil er wollte, die in die falsche Richtung gegangen sind.

Was sind Ihre persönlichen Ziele in Ihrer politischen Karriere?
Ich bin sehr gerne hier in Wien Politiker. Es würde mich sehr freuen, wenn wir bei der nächsten Wien-Wahl dieses rot-grüne System überwinden würden und in Folge auch amtsführende Stadträte stellen. Ich wäre gerne Stadtrat mit Amt, um gestalten zu können. Wenn es nicht klappt, werde ich auch in jeder anderen Funktion gerne für die FPÖ da sein.

Maximilian Krauss
© News.at

Zur Person:
Maximilian Krauss wurde 1993 in Wien geboren. Er ist seit Jänner 2018 Vorsitzender der Freiheitlichen Jugend (früher Ring Freiheitlicher Jugend) und Bezirksparteiobmann der FPÖ Wien Josefstadt. Er war von November bis Dezember 2017 Nationalratsabgeordneter, ist dann aber in die Wiener Landespolitik zurückgewechselt. Er hat einen Masterlehrgang in Führung, Politik und Management an der Fachhochschule Wien absolviert und ist Mitglied der Burschenschaft Aldania sowie des St. Georgs-Ordens.

News.at hat die Vorsitzenden aller Jugendparteiorganisationen im Rahmen dieser Reihe zum Gespräch gebeten. Es folgen in den nächsten Tagen Interviews mit Julia Herr (SJ, Jugendorganisation der SPÖ), Stefan Schnöll (JVP, Jugendorganisation der ÖVP) und Douglas Hoyos (JUNOS, Jugendorganisation der NEOS).