Wiener Landtag & Gemeinderat Wien: Aufgaben, Abgeordnete & Wahlen

Als Bundesland und Gemeinde hat Wien einen Landtag und einen Gemeinderat. Rund ein Drittel der in Wien lebenden Menschen ist von den Wahlen ausgeschlossen.

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Das Wiener Rathaus ist Sitz des Wiener Landtags bzw. Gemeinderats. © Bild: Elke Mayr

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Landtag und Gemeinderat in einem

Da Wien Bundesland und Gemeinde gleichzeitig ist, beherbergt die Landeshauptstadt einen Landtag und einen Gemeinderat. Die Mitglieder der beiden Organe sind jeweils die gleichen, Aufgaben und Kompetenzen jedoch unterschiedlich. Der Bürgermeister der Stadt, Michael Ludwig (SPÖ), ist gleichzeitig Landeshauptmann des Bundeslands Wien. Die Wiener Landesregierung bzw. der Stadtsenat setzen sich aus dem Bürgermeister und zwölf Stadträt:innen zusammen. Seit 2020 regiert in Wien eine Koalition aus SPÖ und Neos.

Zentrale Aufgaben des Landtags sind die Landesgesetzgebung, die politische Kontrolle der Landesregierung und die Wahl der Mitglieder des Bundesrates. Demgegenüber ist der Gemeinderat für die Wahl der (Vize-)Bürgermeister:innen und der Stadträt:innen zuständig. Außerdem werden im Gemeinderat Budget und Verordnungen, zum Beispiel Flächenwidmungs- und Bebauungspläne beschlossen. Sitz des Landtags bzw. Gemeinderats ist das Wiener Rathaus.

Landtag und Gemeinderat tagen im Schnitt alle vier Wochen, kommende Termine finden Sie hier.

Die Sitzungen des Landtags und des Gemeinderats sind öffentlich und können auch online mitverfolgt werden. Einen Link zum Livestream finden Sie hier.

Die Sitzungsprotokolle vergangener Sitzungen können Sie hier einsehen.

1945: Neustart mit 14 Frauen

Die erste Sitzung des Wiener Landtags fand nach der Trennung Wiens von Niederösterreich am 10. November 1920 statt. Damals, in der Zeit des "Roten Wiens", wurden umfassende Wohnbauprogramme und eine der fortschrittlichsten Sozialpolitiken Europas beschlossen. Diese fortschrittliche Periode endete Anfang der 1930er. Mit der Machtübernahme der Austrofaschisten und später der Nationalsozialisten fand die vorerst letzte Sitzung des Wiener Landtags am 26. Jänner 1934 statt. Nach der Befreiung Wiens im April 1945 konstituierte sich der Landtag am 13. Dezember 1945 neu, Theodor Körner (SPÖ) wurde Provisorischer Bürgermeister von Wien. Zu seinen Stellvertretern wurden Leopold Kunschak (ÖVP) und Karl Steinhardt (KPÖ) ernannt. Bei der ersten Wahl zum neuen Landtag entfielen 58 der 100 Sitze auf die SPÖ, 36 auf die ÖVP und sechs auf die KPÖ. Insgesamt wurden 14 Frauen in den Landtag gewählt.

Seit seiner konstituierenden Sitzung 1945 ist der Wiener Landtag fest in sozialistischer bzw. sozialdemokratischer Hand, mit Spitzenwerten von 60 Prozent (1973). Seither nimmt die Vormachtstellung der SPÖ jedoch sukzessive ab, was auch mit einer Pluralisierung des Parteienspektrums zusammenhängen mag. Von anfangs drei Parteien beherbergt der Landtag mittlerweile fünf Parteien (SPÖ, ÖVP, Grüne, Neos, FPÖ).

Die Wiener Abgeordneten

Der Wiener Landtag hat 100 Mitglieder – sie sind gleichzeitig Mitglied des Wiener Gemeinderats. Die Abgeordneten beider Gremien werden auf fünf Jahre gewählt. Die stärkste Fraktion bildet seit den letzten Wahlen im Oktober 2020 die SPÖ mit 46 Sitzen (Klubobmann Josef Taucher). 22 Mandate entfallen auf die ÖVP (Klubobmann Markus Wölbitsch-Milan), die Grünen (Klubobmann David Ellensohn) halten 16 Sitze, die Neos (Klubobfrau Bettina Emmerling) und die FPÖ (Klubobmann Maximilian Krauss) jeweils acht.

Mit 19.745 Euro brutto monatlich verdient Landeshauptmann Ludwig am meisten innerhalb der Wiener Landespolitik, einfache Abgeordnete bekommen monatlich 7.898 Euro.

Landtagspräsident Ernst Woller

Der SPÖ-Politiker Ernst Woller ist seit Mai 2018 Präsident des Wiener Landtags. Woller wurde 1954 in Wien geboren und studierte Informatik und Rechentechnik an der TU Wien sowie Politikwissenschaften und Pädagogik an der Universität Wien. Nach 14 Jahren als Angestellter des Dr. Karl Renner-Instituts wechselte er 1993 zur Wiener Städtischen Versicherung AG. 1988 wurde Woller erstmals in den Wiener Landtagtag gewählt. Als Landtagspräsident zählt es zu seinen Aufgaben, das Land nach außen zu vertreten. Zudem ist er befugt, im Namen des Landtags Erklärungen abzugeben. Er legt die Tagesordnung der Sitzungen fest und leitet die Verhandlungen.

Ernst Woller
© IMAGO/SEPA.Media Landtagspräsident Ernst Woller

Zweiter Landtagspräsident ist Christian Meidlinger (SPÖ) und Dritter Landtagspräsident Manfred Juraczka (ÖVP). Der Landtagspräsident und dessen Stellvertreter werden in der konstituierenden Sitzung zu Beginn der Legislaturperiode von den Abgeordneten gewählt.

Vorsitzende des Gemeinderats sind Thomas Reindl (SPÖ), Gabriele Mörk (SPÖ), Elisabeth Olischar (ÖVP) und Jennifer Kickert (Grüne).

Erstmals mit den Neos

Seit 1945 wird Wien von der SPÖ regiert. Das war auch – wenn auch mit deutlichen Verlusten gegenüber den Jahrzehnten zuvor – bei den vergangenen Wahlen vom 11. Oktober 2020 der Fall. 301.967 der 1.362.795 Wahlberechtigten und damit 41,6 Prozent der Wählenden stimmten für die Sozialdemokraten (2015: 39,6 Prozent). Die ÖVP kam mit 20,4 Prozent (2015: 11,8 Prozent) auf Rang zwei. Dahinter kamen die Grünen mit 14,8 Prozent (2015: 11,8 Prozent), die Neos mit 7,4 Prozent (2015: 6,2 Prozent) und die FPÖ mit 7,1 Prozent (2015: 30,8 Prozent). Anders als in den beiden Legislaturperioden zuvor mit den Grünen, koaliert die SPÖ seit den Wahlen 2020 mit den Neos.

Aktiv wahlberechtigt sind Personen mit österreichischer Staatsbürgerschaft, die am Stichtag im Landesgebiet ihren Hauptwohnsitz haben, vom Wahlrecht nicht ausgeschlossen sind und am Tag der Wahl ihr 16. Lebensjahr vollendet haben. Passiv wahlberechtigt sind Wahlberechtigte, die am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet haben. Aufgrund des hohen Anteils von Menschen mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft sind rund ein Drittel der in Wien lebenden Menschen nicht wahlberechtigt, in manchen Bezirken sogar bis zu 50 Prozent.

Gewählt wird alle fünf Jahre. Die nächste Wahl findet voraussichtlich im Herbst 2025 statt. Landtag und Gemeinderat werden gleichzeitig gewählt.

Michael Ludwig
© IMAGO/SEPA.Media Bürgermeister Michael Ludwig

Landeshauptmann und Bürgermeister Michael Ludwig

Michael Ludwig (SPÖ) ist seit 24. Mai 2018 Landeshauptmann und Bürgermeister Wiens. Er folgte auf seinen Parteikollegen Michael Häupl, der Wien von 1994 an regierte. Ludwig wurde am 3. April 1961 in Wien geboren und studierte Politikwissenschaft und Geschichte an der Universität Wien. 1992 promovierte er zum Dr. phil. mit einer Arbeit über "Das marxistisch-leninistische Konzept der 'Partei neuen Typus' am Beispiel der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands".

Ab 1984 war Ludwig in der Erwachsenenbildung tätig und wechselte 1991 als Landesstellenleiter ins Dr. Karl Renner-Institut. Erstmals mit den Roten in Berührung kam er 1982, zog 1994 als Bezirksrat ins Floridsdorfer Parlament ein und 1999 in den Wiener Landtag. 1996 wurde Ludwig Mitglied des Bundesrats. Ab 2007 fungierte er als Stadtrat für Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung und wurde 2009 schließlich Vizebürgermeister und Landeshauptmann-Stellvertreter von Wien. Im Jänner 2018 wurde Ludwig zum Wiener SPÖ-Vorsitzenden gewählt, ehe er im Mai desselben Jahres ins Rathaus einzog.

Liste der Wiener Landeshauptmänner bzw. Bürgermeister

Die Wiener Landeshauptmänner und Bürgermeister waren seit Beginn der Zweiten Republik allesamt Sozialisten bzw. Sozialdemokraten.

Dauer Name
1945 bis 1951 Dr. h. c. Theodor Körner
1951 bis 1965 Dr. h. c. Franz Jonas
1965 bis 1970 Bruno Marek
1970 bis 1973 Dr. h. c. Felix Slavik
1973 bis 1984 Mag. Leopold Gratz
1984 bis 1994 Dr. Helmut Zilk
1994 bis 2018 Dr. Michael Häupl
seit 24.5.2018 Dr. Michael Ludwig