News Logo
ABO

Dr. Dietmar Hager: Zwischen Skalpell und Sternbild

Subressort
Aktualisiert
Lesezeit
7 min
Artikelbild

©IMAGO / Chantal Anders

Astrofotograf, Chirurg und Buchautor – Dr. Dietmar Hager macht sich stark für nächtliche Naturerlebnisse. Seine Mission: Faszination für das Universum wecken und Bewusstsein für Lichtverschmutzung schaffen.

Dr. Dietmar Hager verbindet die Präzision der Handchirurgie mit der unendlichen Faszination des Nachthimmels. Seine Leidenschaft für die Sterne führt zu preisgekrönten Astrofotografien und inspirierenden Projekten.

Es gibt Momente, die uns ein Leben lang begleiten. Für Dr. Dietmar Hager war einer dieser Momente der erste Blick durch ein eigenes Teleskop in den Nachthimmel. „Das war eine ganz besondere Freude“, erinnert sich der renommierte Handchirurg und Astrofotograf. „Der Mond war das erste Objekt, das ich beobachtet habe – ein magischer Augenblick.“ Doch die Leidenschaft für die Sterne begann schon früher. Als Kind verbrachte Hager viel Zeit auf Bauernhöfen seiner Verwandten. „Damals war der Nachthimmel noch wirklich dunkel, die Sterne strahlten wie Juwelen“, erzählt er. Durch einen Feldstecher hindurchzuschauen, war der Beginn einer lebenslangen Faszination. Besonders beeindruckten ihn die Farben der Sterne: „Manche waren bläulich, andere rötlich, und das tiefe Band der Milchstraße hat mich einfach in den Bann gezogen."

Die Verbindung von Chirurgie und Kosmos

Hager ist nicht nur Astrofotograf, sondern auch ein hoch spezialisierter Handchirurg. Wie passt diese Kombination zusammen? „Es gibt durchaus Gemeinsamkeiten“, erklärt er. „Beruflich arbeite ich im Mikrokosmos, wenn ich mit dem Mikroskop winzige Nerven und Gefäße nähe. Abends wechsle ich dann in den Makrokosmos und beobachte den Nachthimmel durch mein Teleskop. Beides verbindet sich wunderbar und rundet mein Weltbild ab.“

Diese Balance zwischen zwei scheinbar gegensätzlichen Welten spiegelt sich auch in der Arbeit von Hagers „Sternwerkstatt“ wider. Gemeinsam mit seinem Freund und Wegbegleiter Günther Angerer hat er 2011 dieses Projekt ins Leben gerufen. Ziel ist es, Menschen die Schönheit des Nachthimmels näherzubringen – durch Bilder, Vorträge, Veranstaltungen und Bücher. „Wir wollen den Menschen helfen, wieder in Beziehung mit der Natur bei Nacht zu treten“, betont er.

Geschichten aus den Sternen

Eines der Highlights von Hagers Arbeit sind seine preisgekrönten Astrofotografien. „Ein besonderes Bild zeigt die sogenannten Antennengalaxien“, erzählt er begeistert. „Das sind zwei Galaxien, die sich begegnen. Früher dachten wir, sie kollidieren und Welten gehen unter. Heute wissen wir, dass sie sich verbinden und dabei eine explosionsartige Sternentstehung auslösen. Es ist wie ein kosmischer Tanz, der niemals enden wird.“ Doch solche Aufnahmen erfordern Geduld. „Manchmal sammeln wir 70 bis 100 Stunden Gesamtbelichtungszeit, um die letzten Details und Farbinformationen herauszuholen“, erklärt er.

Vom Zauber der Sterne

Im November stellte Hager sein Buch „Vom Zauber der Sterne und dem Ende der Nacht“ vor. Darin nimmt er die Leser mit auf eine Reise durch die Kulturgeschichte der Menschheit und ihre Verbindung zu den Sternen. „Ich zeige, wie die Sterne immer schon unsere Weltbilder beeinflusst haben – von der Astronavigation über Kalender bis hin zur Mythologie“, sagt er. Doch das Buch behandelt auch ein aktuelles Problem: die Lichtverschmutzung. „Wir haben so viel Kunstlicht, dass wir oft nur noch einen kümmerlichen Abriss der Sterne sehen“, bedauert er. Das Buch enthält auch eine Auswahl von Hagers besten Fotografien, begleitet von Texten, die den Leser dazu einladen, wieder in Beziehung mit der Natur bei Nacht zu treten.

Ein persönlicher Blick in den Himmel

Auf die Frage, ob es ein Himmelsobjekt gibt, das ihm besonders am Herzen liegt, antwortet Hager: „Wahrscheinlich der Jupiter. Sein strahlendes, goldweißes Licht und die Details, die mein Hochleistungsteleskop enthüllt, sind einfach faszinierend.“ Seine Begeisterung für die Sterne teilt er auch in Vorträgen und Workshops. Besonders stolz ist er auf eine interaktive Ausstellung im Ars Electronica Center, bei der Besucher mit 3D-Brillen durch ein virtuelles Universum fliegen können. „Es ist ein wunderbares Instrument, um das Unendliche greifbar zu machen.“

Sternwerkstatt der Zukunft

Die Sternwerkstatt hat große Pläne für die Zukunft. „2025 wollen wir eine Ausbildung zum ,Sternbotschafter‘ anbieten“, berichtet Hager. „Die Teilnehmer lernen, den Nachthimmel zu verstehen und anderen die Schönheit der Sterne zu vermitteln. Gleichzeitig wollen wir das Bewusstsein für das Problem der Lichtverschmutzung schärfen.“ Auch international pflegt Hager Kooperationen, unter anderem mit der NASA und der ESO (European Southern Observatory). Eine Neuauflage seines Buches ist ebenfalls geplant, diesmal in Deutsch und Englisch. Außerdem arbeitet er bereits an einem zweiten Buch.

Meditation unter den Sternen

Hager beschreibt die Begegnung mit den Sternen als etwas Meditatives. „Sobald ich den Nachthimmel beobachte, kehrt eine unglaubliche Ruhe ein. Es gibt nur noch die Sterne und mich – die Natur und mich. Das hat etwas zutiefst Beruhigendes.“ Diese Ruhe hilft ihm auch, die Herausforderungen seines Berufs zu meistern. „Der Blick in die Sterne relativiert viele Probleme. Was tagsüber riesig erscheint, wirkt abends oft nicht mehr so bedeutend“, sagt er.

Wenn Hager eine Botschaft in den Kosmos senden könnte, wäre es diese: „Hier sind wir. Wir finden großen Gefallen an euren Welten. Wie geht es euch? Findet ihr auch Gefallen an unserer Welt, wenn ihr zu uns herschaut?“ Mit diesem Gedanken bleibt er seiner Mission treu: die Verbindung zwischen Mensch und Universum zu vertiefen und die Schönheit des Nachthimmels mit anderen zu teilen. Denn, wie er sagt: „Die Sterne anzuschauen, bedeutet, zu unserem Ursprung zurückzublicken. Wir sind alle Kinder des Sternenstaubs.“

Oberösterreich

Über die Autoren

Logo
Monatsabo ab 20,63€
Ähnliche Artikel
2048ALMAITVEUNZZNSWI314112341311241241412414124141241TIER