Schön langsam belastet es Markus, wenn Maria sich ständig mit seiner Exfrau vergleicht. Und Birgit bereitet Karlheinz die Hölle auf Erden vor rasender Eifersucht auf seine verstorbene Frau
„Du warst mit ihr schon viel öfter hier, wieso musst du mir diese Erniedrigung antun?“, klagt Maria, wenn Markus erwähnt, an einem Urlaubsort früher schon mit seiner Ex gewesen zu sein. Oder beim Heurigen, von dem Maria weiß, dass es sich auch in der Zeit seiner Ehe um seinen Stammheurigen handelte. Sogleich stürzt sie sich in ein Gedankenkarussell. Sie hält Markus vor, seine Ex lieber zu mögen als sie. Und dass sie selbst nur der Notnagel und zweite Wahl sei.
Und Birgit? Sie ist mit Daniel seit vier Jahren zusammen. Aber fühlt sich noch immer überschattet von der Präsenz seiner verstorbenen Frau. Sie weigert sich, in seinem Haus zu sein, da dort alles noch von der Verstorbenen besetzt sei. Und so wie Maria die sozialen Medien obsessiv nach Markus’ Ex durchforstet und ihre Postings mit einer Art masochistischer Lust dahingehend deutet, dass sie in Wahrheit seine große Liebe sei, interpretiert Birgit jeden Kontakt ihres Partners mit seinen erwachsenen Kindern oder seinen Schwiegereltern als Kränkung: In Wahrheit liebe Karlheinz seine tote Frau und habe sich nur durch den Schicksalsschlag unfreiwillig mit ihr als Trostpflaster arrangiert.
Mit der Bezeichnung „Rebecca-Syndrom“ sind tiefsitzende Ängste vor dem Vergleich mit der Exfrau des Partners gemeint. Rebecca deshalb, weil es einen gleichnamigen Roman aus dem Jahr 1938 von Daphne du Maurier gibt. Darin entwickelt die zweite Ehefrau eines Witwers ein schon krankhaftes Interesse an seiner ersten Gattin. Es erfolgten etliche Romanverfilmungen, etwa durch Alfred Hitchcock im Jahr 1940.
Was ist das Rebecca-Syndrom und wie können Betroffene sich davon befreien?
Destruktive Brille ablegen
Eifersucht beim Rebecca-Syndrom ist mithin das Gefühl, gegenüber dem vergangenen Liebesleben null und nichtig zu sein. Wie mit einem Tunnelblick wird alles dahingehend erlebt und fehlgedeutet. Markus und Karlheinz äußern sich in ihrer Paartherapie neben ihren Frauen über einen ungeheuren Leidensdruck und den Verlust von Leichtigkeit, weil sie durch die ständige Bezugnahme auf ihre früheren Partnerinnen gleichsam Beziehungen zu dritt führen würden. Zumindest fühle es sich so an.
Retroaktive, retrospektive oder rückwirkende Eifersucht
Damit bezeichnet man die quälende Eifersucht auf das Vorleben des Partners. Betroffene unterliegen dem Drang, sich ständig an vergangenen Liebesbeziehungen zu messen und sich mit Exfrauen minutiös zu vergleichen. Dahinter stecken zumeist Bindungsängste, Verlustängste und eine massive Selbstwertproblematik.
Selbstliebe
Worin Maria und Birgit sich intensiv üben müssen, ist ein realistisches und wohlwollendes Selbstbild. Und vom Idealbild früherer Partnerinnen ihrer Männer zu lassen. Was nicht ganz so einfach ist. Daher sollte man vor einer Paartherapie in Einzelgesprächen die Entstehung der Selbstzweifel und Selbstsabotage erheben. Nur wenn die Betroffenen sich selbst verstehen, können sie die Abwärtsspirale der Selbstentwertung verlassen. Und dann erst so richtig glücksfähig werden.