Edtstadler: Herbe Kritik nach Postenbesetzung in letzter Minute

SPÖ-Kultursprecher Thomas Drozda hat die Last-Minute-Personalentscheidungen von Karoline Edtstadler (ÖVP) in ihrer Funktion als Kulturministerin als aufklärungsbedürftig bezeichnet und ein parlamentarisches Nachspiel in Form einer Anfrage angekündigt. Die Abberufung von Museums-Kuratoriumsvorsitzenden seien "mit stiller Duldung der Grünen" passiert, kritisierte er auch den Koalitionspartner der Türkisen.

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"Dass maßgebliche Teile der ÖVP sich nur für Kultur interessieren, wenn es um Bälle geht oder Posten zu besetzen sind, ist leider nicht neu", beklagte Drozda in einer Aussendung. "Dass die Grünen nun Teil davon sind, ist eine herbe Enttäuschung", sagte er und erinnerte auch an die Besetzung der kaufmännischen Geschäftsführung der Staatsoper mit ÖVP-Landesrätin Petra Bohuslav, die die Grünen "abgenickt" hätten. Auch beim Ibiza-Untersuchungsausschuss seien sie vorne dabei, um die Aufklärung der ÖVP-Beteiligung zu verhindern, kritisierte Drozda und meinte: "Diese Regierung erweist sich leider als ÖVP-Alleinregierung mit grüner Duldung." Laut Drozda gibt es keine inhaltliche Begründung für die per Mail ausgeschickte Absetzung der drei Kuratoriumsvorsitzenden Christian Konrad, Peter Kostelka und Hannes Sereinig.

»Diese Regierung erweist sich leider als ÖVP-Alleinregierung mit grüner Duldung«

Auch aus den Reihen der NEOS gab es Kritik an der Vorgehensweise. Parteichefin Beate Meinl-Reisinger bezeichnete die Abberufung der Kuratoriumsvorsitzenden durch Edtstadler kurz vor der Übergabe der Kulturagenden an Staatssekretärin Ulrike Lunacek (Grüne) am Mittwoch auf Twitter als "türkise Härte". Die pinke Partei zeigte sich allgemein enttäuscht, dass sich die Grünen "am Nasenring durch die Manege" ziehen lassen würden, wie Kultursprecher Sepp Schellhorn sagte.

FPÖ: "Postenschacher in Reinkultur"

Für die FPÖ ist die Abberufung von drei Kuratoriumsvorsitzenden in Museen durch Edtstadler "Postenschacher in Reinkultur". Es wirke sehr eigenartig, dass diese Entscheidungen nicht dem neuen Kulturminister Werner Kogler oder seiner Staatssekretärin Ulrike Lunacek (beide Grüne) überlassen worden sind, findet FPÖ-Kultursprecher Volker Reifenberger.

"Während höchstqualifizierte Personen, die dem freiheitlichen Lager nahestehen, bei Neuantritt einer Führungsfunktion stets in heftige mediale Kritik geraten, ist bei Schwarz-Grün unverhohlen und mit einer überheblichen Selbstverständlichkeit dreiste Postenschacherei bereits nach kürzester Zeit des gemeinsamen Regierens an der Tagesordnung", beklagte er sich am Donnerstag in einer Aussendung. Um in der Causa Licht ins Dunkel zu bringen, habe die FPÖ eine parlamentarische Anfrage an den neuen Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport eingebracht.

ÖVP findet nichts an Vorgehen

Die Postenbesetzungen im Kulturbereich kurz vor der Übergabe der Ressortagenden von der ÖVP an die Grünen sind für die Volkspartei normal. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) freute sich auf entsprechende Nachfragen bei der Regierungsklausur sogar, dass nicht nur mehr Männer an der Spitze der Kuratorien stünden.

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) wiederum, in dessen Ministerium nunmehr Kunst und Kultur ressortieren, bestätigte, dass seine Partei über die bevorstehenden Personalia informiert worden sei. Er werde sich die ganze Sache in den kommenden Tagen noch anschauen. Vorerst habe er anderes zu tun gehabt, verwies er auf die gerade zu Ende gegangene Regierungsklausur.

Kurzzeit-Kulturministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) betonte, dass die Expertenregierung keine Postenbesetzungen vorgenommen habe und die Funktionsperioden eben mit Jahresende 2019 ausgelaufen seien. Daher habe sie so schnell wie möglich den Prozess zur Besetzung der Positionen in die Wege geleitet.

Kurz unterstrich, dass die Grünen informiert gewesen seien. Alles andere wäre unüblich gewesen. Den nicht verlängerten Vorsitzenden wie Christian Konrad richtete der Kanzler seinen Dank aus. Es sei aber etwas normales, wenn auch einmal neue Personen zum Zug kämen.