Migrationspakt: Wer
stimmt zu? Wer nicht?

Ende Oktober gab die Regierung bekannt, dass Österreich den globalen UNO-Migrationspakt nicht unterzeichnen werde. Nach und nach geben immer mehr Länder ihren Ausstieg bekannt. Folgende Länder sind sich noch unsicher.

von UNO - Migrationspakt: Wer
stimmt zu? Wer nicht? © Bild: iStockphoto.com

Seit seiner Annahme Mitte Juli - von damals noch 192 der 193 UNO-Ländern - sorgt der UNO-Migrationspakt (Global Compact on Migration/GCM) in vielen Ländern für heftige Diskussionen. Bei einem Gipfeltreffen am 10. und 11. Dezember in Marokko soll der rechtlich nicht bindende Pakt angenommen werden. "Kein Land kann die Herausforderungen und Chancen dieses weltweiten Phänomens allein angehen", heißt es in dem Text.

Grundsätzlich soll der Migrationspakt ein Baustein zur Lösung des Megathemas Migration sein. Gegen die ungeregelten Wanderungsbewegungen der letzten Jahre, die in der EU von einem Aufschwung rechtsnationaler und populistischer Parteien begleitet wurden, soll ein Regelwerk gestellt werden, das Flucht und Migration besser organisiert. Bisher haben fünf Länder ihren Ausstieg angekündigt, einige andere stehen dem Dokument kritisch gegenüber - dabei hat die praktische Umsetzung noch nicht einmal begonnen.

Länder, deren AUSSTIEG bereits fix ist:

Österreich

Nachdem der UNO-Migrationspakt auf Beamtenebene jahrelang von Österreich mitverhandelt wurde, gab die türkisch-blaue Koalition vor wenigen Wochen als eines der ersten Länder ihren Ausstieg bekannt. Die Bundesregierung stößt sich vor allem an dem "schwammigen" Migrationsbegriff, die FPÖ warnt zudem, dass Migration mit dem Pakt zum Menschenrecht werden könne. Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) sprach sich hingegen kürzlich für weitere Verhandlungen über den UNO-Migrationspakt aus und beklagte die verspätete Diskussion dazu innerhalb der Regierung. Opposition und viele Experten kritisieren die Entscheidung heftig. Bundespräsident Alexander Van der Bellen warnte davor, dass Österreich an Ansehen verlieren könnte, sein Vorgänger Heinz Fischer sagte, der österreichische Schritt stimme ihn traurig.

USA

Als erstes Land überhaupt zogen sich die USA bereits vor seiner Annahme Mitte Juli aus dem Pakt zurück. Damals scherte Washington als einziger der insgesamt 193 UNO-Staaten aus. Der Schritt kam allerdings nicht überraschend - er wurde bereits im Dezember des Vorjahres von der Regierung Trumps angekündigt.

Ungarn

Ungarn verließ ebenfalls bereits im Juli - bei der sechsten und letzten Runde - die Verhandlungen zum Pakt. Für Außenminister Peter Szijjarto widerspricht dieser "jeglicher Vernunft" und "in vollem Maße den Sicherheitsinteressen des Landes sowie der Absicht der Wiederherstellung der europäischen Sicherheit". Das Dokument sei "extremistisch, voreingenommen, ein Förderer von Migration", so die Meinung der rechtsnationalen Regierung Viktor Orbans.

Bulgarien

Zu Beginn der Woche hat auch die bürgerlich-nationalistische Koalition rund um Ministerpräsident Bojko Borissow ihren Ausstieg aus dem UNO-Migrationspakt angekündigt. Er stehe den nationalen Interessen des Landes entgegen, so die Begründung. Noch am Mittwoch wird im Parlament darüber debattiert.

Tschechien

Mit der Entscheidung in Prag Mittwochfrüh ist Tschechien das fünfte Land, das aus dem Pakt aussteigt. Die Minderheitsregierung aus populistischer ANO und sozialdemokratischer CSSD kritisiert, dass der Pakt nicht ausreichend zwischen "legalen und illegalen Migranten" unterscheide. Wie in vielen anderen Ländern fürchtet man zudem um die "Sicherheit und nationale Souveränität" des Landes.

Estland

In Estland löste der Migrationspakt eine innenpolitische Debatte aus. Die Regierung in Tallinn konnte sich nicht darauf einigen, den Pakt zu unterstützen. "Bei der Koalitionsbildung haben wir uns darauf verständigt, Entscheidungen einvernehmlich zu treffen. Leider haben wir einen solchen Konsens heute nicht erreicht", erklärte Regierungschef Jüri Ratas. Die mitregierende konservative Partei Pro Patria ist klar gegen das UNO-Dokument. Staatspräsidentin Kersti Kaljulaid bedauerte hingegen das Nein der Regierung. Nun soll sich das Parlament damit befassen.

Polen

Auch Polen zog sich zurück. Die rechtskonservative Regierung erklärte, die Vereinbarung versäume es, "solide Garantien hinsichtlich des souveränen Rechts von Ländern" zu geben, "zu entscheiden, wen sie auf ihrem Gebiet akzeptieren".

Israel

Er habe das Außenministerium angewiesen, der Vereinbarung nicht zuzustimmen, erklärte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu am Dienstag. "Wir fühlen uns dem Schutz unserer Grenzen vor illegalen Einwanderern verpflichtet", begründete der Regierungschef die Absage Israels.

Länder, deren Zustimmung UNSICHER ist bzw. die Bedenken angemeldet haben:

Australien

Australien hat sich offiziell noch nicht aus dem Globalen Pakt zurückgezogen. Derzeit prüft die Regierung das Dokument, über die Teilnahme an der Konferenz in Marokko im Dezember soll erst dann entschieden werden. Außenminister Peter Dutton hatte bereits im Sommer seine Ablehnung gegen den UNO-Pakt kundgetan und erklärt, diesen nicht unterschreiben zu wollen.

Deutschland

In Deutschland haben sich die Koalitionsspitzen klar für den Pakt ausgesprochen. Wenig überraschend ist die weit rechts stehende AfD dagegen, alle anderen Parteien im Deutschen Bundestag stellten sich aber hinter das geplante Regelwerk. Die Unionsfraktion will nun einen eigenen Antrag erarbeiten, um ein Parlamentsvotum für den Text herbeizuführen. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), möglicher Nachfolger von Kanzlerin Angela Merkel, hatte sich zuvor für eine genaue Prüfung des Paktes eingesetzt.

Italien

Der 34 Seiten des Globalen Paktes der UNO werden derzeit von der rechtspopulistischen Regierung in Italien geprüft. Offizielle Entscheidung gibt es noch keine. Der FPÖ-Generalsekretär und Europaabgeordnete Harald Vilimsky hatte am Dienstag angekündigt, Italien zum Ausstieg bewegen zu wollen. Er will deshalb persönlich nach Rom reisen, um mit Politikern der rechtsextremen Lega zu sprechen.

Kroatien

In Kroatien hat der UNO-Migrationspakt einen Streit zwischen Staatspräsidentin Kolinda Grabar Kitarovic und der Regierung des konservativen Premier Andrej Plenkovic entfacht. Während die Präsidentin relativ überraschend ihre Teilnahme an der Konferenz in Marrakesch absagte, hält die Regierung an dem Globalen Pakt für Migration fest. Das Dokument sei für die Regierung in keinem Punkt umstritten, sagte die kroatische Außenministerin kürzlich. Wer nach Marokko reisen wird, ist aber noch unklar.

Schweiz

Der Schweizer Bundesrat (Regierung) möchte das Dokument mit einem Vorbehalt unterzeichnen. Nachdem aus dem Parlament Vorbehalte gegen die Unterzeichnung laut geworden waren, hatte Außenminister Ignazio Cassis Bereitschaft erklärt, den Pakt nicht im Dezember, sondern später zu unterzeichnen. Die Schweizer Regierung reagierte damit auf eine Empfehlung der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates, auf die Unterzeichnung zu verzichten. Das Parlament ist in der Frage allerdings gespalten. Anfang Woche hatte die Außenpolitische Kommission des Nationalrates beschlossen, dem Abkommen zuzustimmen.

Slowenien

Nach dem Ausstieg Österreichs und Ungarns will nun auch Slowenien seine Unterstützung für den Pakt noch einmal prüfen. Das Mitte-Links-Kabinett steht unter massivem Druck der konservativen Opposition, das rechtlich nicht bindende Abkommen ebenfalls aufzukündigen. Derzeit bereitet das Außenministerium eine Analyse des Dokuments vor, danach wird erwartet, dass die Regierungskoalition noch einmal Stellung bezieht. Kommenden Mittwoch gibt es eine Sondersitzung des Parlaments zu dem Thema.

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