Rendi-Wagner vs. Doskozil: "Dieser Streit wird keinem etwas bringen"

Seit Tagen fliegen zwischen SPÖ-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner und Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil die Fetzen - und sie fliegen immer tiefer. Wohin kann und wird das führen und wem nützen diese Scharmützel? Politikwissenschaftlerin Katrin Praprotnik analysiert die Situation.

von
Rumoren in der SPÖ - Rendi-Wagner vs. Doskozil: "Dieser Streit wird keinem etwas bringen"

Frau Praprotnik, was ist da in der SPÖ los?
Katrin Praprotnik: Die SPÖ steht vor einem leeren Tor und schießt wiederholt vorbei. Der U-Ausschuss hat die ÖVP massiv in die Kritik gebracht, die Grünen mussten sich entgegen ihres Images als Aufdecker-Partei und im Sinne der Koalitionsräson ruhig verhalten. Nicht zuletzt aufgrund der Pandemiemüdigkeit sind die Umfragewerte der Regierungsparteien gesunken. Dennoch nützt man in der SPÖ diese Situation nicht, sondern wählt den Parteitag um der Parteiobfrau Rendi-Wagner das historisch schlechteste Ergebnis ohne Gegenkandidat*in zu beschaffen. Scheinbar ist bei einem relevanten Teil der Aktionär*innen der Unmut über die Parteiführung größer als der Wunsch durch demonstrative Einigkeit und Konzentration auf die Inhalte jetzt zumindest in den Umfragen zuzulegen.

»Ich denke, dass die große Verliererin die SPÖ sein wird. «

Pamela Rendi-Wagner und Hans Peter Doskozil kritisieren sich gegenseitig harsch in der Öffentlichkeit. Wem ist damit geholfen?
Ich denke, dass dieser Streit am Ende keinen von beiden etwas bringen wird und dass die große Verliererin die SPÖ sein wird. Die übrigen Parteien könnten hingegen profitieren. Die SPÖ hat bei der Nationalratswahl 2019 beispielsweise massiv in Richtung Grüne verloren. Diese zurück zu holen – etwa weil manche von der grünen Regierungsperformanz enttäuscht wurden – wird durch ständigen internen Streit nicht gelingen.

Welches Ziel verfolgt Doskozil damit?
Doskozil geht klar in die Offensive und sein Vergleich Rendi-Wagner mit dem letztlich erfolglosen ÖVP-Chef Mitterlehner hatte eine neue Qualität. Er ließ zwar offen, wer in diesem Vergleich die Rolle von Sebastian Kurz und damit des Nachfolgers von Mitterlehner einnehmen würde, aber der Wunsch nach einer Ablöse Rendi-Wagners klang durch. Sein Ziel scheint eine Stärkung der eigenen politischen Machtposition auch auf Kosten der Bundespartei zu sein. Sein Rückzug aus den bundespolitischen Gremien hat ihm aber auch bereits negative Schlagzeilen beschert.

Welche Rolle nimmt Michael Ludwig ein?
Ein Wiener Bürgermeister nimmt traditionell eine gewichtige Position in der SPÖ ein. Ludwig hat es zudem geschafft sein Regierungsteam zu einen und einen konsequent strengen Kurs in der Corona-Politik zu fahren. Kritische Stimmen gegen die Parteichefin gab es zuletzt nicht. Inhaltlich sind die beiden in puncto Corona-Politik auf einer Linie und nach dem Parteitag stellte sich Ludwig ebenfalls klar hinter die Parteichefin. Bei der medialen Suche nach potentiellen Nachfolger*innen Rendi-Wagners wird oft auf das Wiener Team verwiesen, die aber abwinken. Ein nicht unwichtiger Punkt: die SPÖ ist unzufrieden mit der aktuellen Chefin, kann aber keine*n Gegenkandidat*in aus der Deckung locken.

»Eine Beendigung des Konflikts ohne Gesichtsverlust wird immer schwieriger.«

Ist eine Spaltung der SPÖ denkbar?
Der Konflikt ist mittlerweile auf einer persönlichen Ebene angelangt und das für berufliche wie private Beziehungen so wichtige Vertrauen scheint zerstört. Eine Beendigung des Konflikts ohne Gesichtsverlust wird immer schwieriger. Für Rendi-Wagner ist es ein weiterer Baustein in der andauernden Schwächung ihrer Position durch die eigene Partei. Ob es letztlich in einer Abspaltung etwa der SPÖ-Burgenland gipfelt, wage ich nicht vorauszusagen. Strategisch würde ich den Vorteil für eine Landespartei, die bereits mit absoluter Mehrheit in ihrem Land regiert, nicht sehen.