Österreicher
bleiben EU-skeptisch

Wie viel Österreich in Zukunft in das EU-Budget einzahlen muss, ist noch unklar. Klar ist aber, dass die Österreicher EU-kritischer sind als die Briten.

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EU-Mitgliedschaft - Österreicher
bleiben EU-skeptisch

Österreich profitiert von der Europäischen Union. Allein aufgrund der EU-Mitgliedschaft Österreichs wuchs die Wirtschaft real um fast 13 Prozent. Die Entstehung eines europäischen Binnenmarkts war vor allem für Österreich als kleines, exportorientiertes Land von Vorteil.

Doch ganz so sehen es die Österreicher und Österreicherinnen wohl nicht. Laut einer Eurobarometer-Umfrage, sehen lediglich 45 Prozent der Österreicher ihr Land besser für die Zukunft gerüstet, wenn es Mitglied der EU ist. Ein gleich hoher Anteil von Österreichern ist der Meinung, Österreich wäre außerhalb der EU besser dran.

Nur 53 Prozent der befragten Österreicher sind von den Vorteilen der EU überzeugt.

Unter allen EU-Ländern sind nur in Italien, Zypern und Griechenland weniger Menschen davon überzeugt, dass ihr Land durch die EU-Mitgliedschaft profitiert hat. Mit 55 Prozent erhält die EU selbst in Großbritannien mehr Zustimmung als in Österreich.

Unzufriedenheit über Politik - nicht EU allgemein

Diese Diskrepanz zwischen der Nicht-Zustimmung vieler Österreicher zur EU und der Tatsache, dass das Land aber von der Union profitiert, erklärt Dr. Paul Schmidt, Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE) damit, dass sich diese Unzufriedenheit vor allem gegen die Politik richte, gegen das politische Design – und nicht grundsätzlich gegen die Europäische Union.

Die Vorteile der EU seien eben mittelfristige, etwas abstraktere Vorteile, die nicht unmittelbar im Alltag der Bevölkerung spürbar seien. Die Kritik hingegen sei tagesaktuell, somit würden zwei unterschiedliche Zeit-Ebenen aufeinanderprallen.

Laut der eigenen Daten der ÖGfE würden sich zwei Drittel einen Verbleib bei der EU wünschen, nur ein Drittel wäre für einen Ausstieg. Und auch dieses Drittel sei zumeist eher mit dem Design der EU, als mit der EU prinzipiell unzufrieden.

Keine Vorteile bei Ausstieg

Vorteile sähe Schmidt bei einem Öxit nach kurzer Überlegung eigentlich gar keine. "Zwar würden wir vielleicht etwas weniger zahlen, aber auch weniger profitieren." Österreich profitiere vor allem vom Zugang zu dem Binnenmarkt, kein Zugang zu diesen Märkten wäre für Österreich ein großer Nachteil.

»Zwar würden wir vielleicht etwas weniger zahlen, aber auch weniger profitieren«

Alles in allem brächte ein Austritt in jedem Fall, so Schmidt, viel mehr Nachteile als Vorteile und das Gefühl der Souveränität wäre ein falsches, wie das Beispiel der Schweiz zeige, deren zahlreiche bilateralen Verträge ebenfalls 1:1 der Europäischen Gesetzgebung entsprechen müssen. Damit müsse man sich zwar an die EU-Gesetze halten, säße aber nicht einmal mit am Entscheidungstisch, wo diese gemacht werden. "Die sind also auch nicht so souverän, wie sie gerne tun", urteilt der Europa-Experte.

Was sagen die News-User?

Im Jänner wurden die User von News zur Europäischen Union befragt. Die Grundhaltung zur Europäischen Union war demzufolge eine durchaus positive. Die Staatengemeinschaft steht für Frieden, Freiheit, Fortschritt und Zusammenhalt. Lediglich die "Bevormundung durch Brüsseler Bürokraten" missfiel einigen Usern. "Wenn die EU es als Aufgabe sieht, dass Bananen eine bestimmte Krümmung nicht überschreiten dürfen und sowohl bei Gurken auch, dann haben sie ihre Aufgaben falsch verstanden", heißt es beispielsweise.

Hier geht es zur EU-Umfrage

Wie proeuropäisch ist die Regierung?

Bundeskanzler Sebastian Kurz wird nicht müde, die proeuropäische Ausrichtung der Regierung zu betonen. So steht etwa im Regierungsprogramm, dass die Zukunft Österreichs fest mit dem europäischen Friedens- und Einigungsprozess verknüpft sei. Österreich sei "integraler Teil der Europäischen Union und der gemeinsamen Währung Euro" und man werde weiterhin als "aktiver und zuverlässiger Partner an der Weiterentwicklung der EU mitwirken".

Die proeuropäische Ausrichtung der Bundesregierung galt als eine der Voraussetzungen der ÖVP für eine Zusammenarbeit mit der FPÖ. Ein klares Ja also zur EU und der gemeinsamen Währung vonseiten Kurz. Dennoch zeigte man sich in Brüssel zumindest vorerst skeptisch. So meinte etwa Gianni Pittella, bis Anfang März dieses Jahres Mitglied des Europäischen Parlaments, er wolle "jeden einzelnen Schritt" in Wien und den "Sprung ins Ungewisse" genau beobachten.

FPÖ: Vom Gegner zum Kritiker

Und wie steht es um die FPÖ? Noch 2015 begleiteten die Freiheitlichen ein von einer Bürgerinitiative lanciertes EU-Austrittsvolksbegehren mit wohlwollender Sympathie. Im Vorfeld des Brexit-Votums in Großbritannien stellten dann auch FPÖ-Politiker wie Norbert Hofer einen Austritt Österreichs in den Raum. Der Schock, den das Brexit-Votum auch in Österreich auslöste, und die Aussicht auf eine Regierungsbeteiligung ließen die Freiheitlichen danach wieder zurückhaltendere Töne anschlagen. Die FPÖ entwickelte sich von der Anti-EU-Partei zur europakritischen Partei.

»Man kann Europa lieben, muss aber kein Liebhaber der EU-Bürokraten sein«

Nun tritt man gegen eine weitere Vertiefung der Union auf. Weniger Zentralismus und Bürokratie, mehr Föderalismus und Bürgerbeteiligung lautet die neue Losung. Und die FPÖ hat im Verhältnis zur EU sogar die Liebe entdeckt. "Wenn man jemanden liebt, heißt das nicht, dass man immer lieb zu ihm ist", meinte etwa Herbert Kickl vergangenen Herbst. Ähnlich FPÖ-Chef Strache: "Man kann Europa lieben, muss aber kein Liebhaber der EU-Bürokraten sein."

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