Die FPÖ
und die EU

Vom Befürworter zum Gegner zum Kritiker - so lässt sich das Verhältnis der FPÖ zur Europäischen Union über die Jahrzehnte zusammenfassen.

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Befürworter, Gegner, Kritiker - Die FPÖ
und die EU

Der harten Anti-EU-Haltung der vergangenen Jahre folgte nach Brexit und Regierungseintritt zuletzt eine etwas zurückhaltendere und zahmere Wortwahl in Richtung Brüssel, auch wenn FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache einen Kurswechsel in Sachen EU in Abrede stellt.

"Es gibt keinen Unterschied zu vorher", so Strache auf die Frage, ob die FPÖ wegen der Regierungsbeteiligung und der Koalition mit der Europapartei ÖVP nun gemäßigter auftrete. Die Freiheitlichen zählten zu den ersten EU-Befürwortern unter den Parteien. Schon in den 1960er-Jahren sprach man sich für eine Integration Österreichs in die damalige Europäische Gemeinschaft aus. Vor allem eine Annäherung an Deutschland hatte es den Freiheitlichen angetan, fand sich doch im Parteiprogramm auch ein Bekenntnis zur "deutschen Volks- und Kulturgemeinschaft".

Die FPÖ "die erste Europapartei im Lande"?

Laut FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky, der für die Blauen im EU-Parlament sitzt, war die FPÖ "streng genommen die erste Europapartei im Lande, die einen Einigungsprozess vom Atlantik bis zum Ural in den Raum gestellt hat". Im Juni 1989 stimmten die Freiheitlichen im Nationalrat für ein EU-Beitrittsgesuch. Der damalige FPÖ-Chef Jörg Haider selbst forderte von der SPÖ-ÖVP-Regierung, endlich entsprechende Schritte für einen EU-Beitritt Österreichs zu setzen.

Später vollzog Haider aus innenpolitischer Taktik - die SPÖ-ÖVP-Regierung war nun voll auf Pro-EU-Kurs - einen radikalen Schwenk. Die FPÖ positionierte sich fortan als Anti-EU-Partei. Rund um die EU-Volksabstimmung 1994 machten die Freiheitlichen so richtig gegen Brüssel mobil. Haider warnte - lange bevor der Begriff Fake News geprägt wurde - vor Schildläusen im Erdbeerjoghurt und Blutschokolade, die mit dem EU-Beitritt ins Land kommen würden. Die Regierung sah er im Auftrag von Bilderbergern und Freimaurern handeln. Die Österreicher entschieden schließlich mit Zweidrittel-Mehrheit für den EU-Beitritt.

EU-Sanktionen gegen Österreich

Mit den im Jahr 2000 wegen der schwarz-blauen Regierung vorübergehend verhängten EU-Sanktionen gegen Österreich verschlechterte sich nicht nur Brüssels Image im Land, auch die FPÖ fühlte sich in ihrer ablehnenden Haltung gegenüber einer abgehobenen Union bestärkt. Mit der Euro- und Finanzkrise fanden die Blauen weitere Anknüpfungspunkte für Kritik. Strache, der Haider inzwischen in der FPÖ abgelöst hatte, forderte etwa die Rückkehr zum Schilling und prangerte das "kaputte System EU" an. Die EU diente als Sündenbock für alle Fälle.

International verbündeten sich die Freiheitlichen mit rechtspopulistischen Anti-EU-Parteien wie der französischen Front National (heute: Rassemblement National), der italienischen Lega Nord, der niederländischen Partei für die Freiheit von Geert Wilders oder dem belgischen Vlaams Belang. Im Europaparlament hat man sich inzwischen zur Fraktion ENF "Europa der Nationen und der Freiheit" zusammengetan.

»Man kann Europa lieben, muss aber kein Liebhaber der EU-Bürokraten sein«

Noch 2015 begleiteten die Freiheitlichen ein von einer Bürgerinitiative lanciertes EU-Austrittsvolksbegehren mit wohlwollender Sympathie. Im Vorfeld des Brexit-Votums in Großbritannien stellten dann auch FPÖ-Politiker wie der Bundespräsidentschaftskandidat und heutige Verkehrsminister Norbert Hofer einen Austritt Österreichs in den Raum. Zusatz: Im Falle einer weiteren Fehlentwicklung der EU, etwa wenn es zu einem Beitritt der Türkei kommen sollte. Der Schock, den das Brexit-Votum auch in Österreich auslöste, und die Aussicht auf eine Regierungsbeteiligung ließen die Freiheitlichen danach wieder zurückhaltendere Töne anschlagen. Die FPÖ entwickelte sich von der Anti-EU-Partei zur europakritischen Partei.

Nun tritt man gegen eine weitere Vertiefung der Union auf. Weniger Zentralismus und Bürokratie, mehr Föderalismus und Bürgerbeteiligung lautet die neue Losung. Und die FPÖ hat im Verhältnis zur EU sogar die Liebe entdeckt. "Wenn man jemanden liebt, heißt das nicht, dass man immer lieb zu ihm ist", meinte etwa der frühere FPÖ-Generalsekretär und heutige Innenminister Herbert Kickl vergangenen Herbst. Ähnlich FPÖ-Chef Strache: "Man kann Europa lieben, muss aber kein Liebhaber der EU-Bürokraten sein."

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