Regierung wirbt mit
"Sport für den Geist"

Ethikunterricht startet 2020 an AHS-Oberstufen

Mit dem Schuljahr 2020/21 wird der Schulversuch Ethik an AHS-Oberstufen und an Polytechnischen Schulen zum regulären Unterrichtsfach. Ein Jahr später sollen die berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS) folgen. Die Finanzierung sei fix, so Kanzler Sebastian Kurz am Dienstag bei einem Schulbesuch mit Bildungsminister Heinz Faßmann (beide ÖVP) und FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache.

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Das Fach Ethik soll dabei nur für jene Schüler verpflichtend sein, die nicht den Religionsunterricht besuchen - entweder weil sie keiner Konfession angehören oder sich vom Reli-Unterricht abgemeldet haben. Derzeit wird Ethik in dieser Form an 211 AHS und BMHS als Schulversuch angeboten. Als "Strafunterricht" für jene, die bisher statt Religion eine Freistunde hatten, will Faßmann das Fach nicht verstehen. In einer religiös pluralistischen Gesellschaft, in der die Rolle der Kirche abnimmt, "braucht es ein gemeinsames ethisches Verständnis", so Faßmann. Ethik sei quasi "Sport und Bewegung für den Geist".

Die für die Einführung notwendigen Vorarbeiten sind laut Faßmann "einigermaßen gut geklärt": Insgesamt müssten für die Ausrollung an der Oberstufe 1.300 Lehrer für das Fach weiterqualifiziert werden. Mit Herbst soll die 30 ECTS (ein Semester) umfassende Fortbildung an den Pädagogischen Hochschulen (PH) starten, weitere 30 ECTS sollen berufsbegleitend absolviert werden müssen. Die Weiterbildung können Religionslehrer ebenso machen wie Pädagogen aller anderen Fächer. Außerdem sollen für das Fach in den nächsten ein bis eineinhalb Jahren Schulbücher auf Basis eines eigenen Lehrplans entstehen.

Ausdehnung auf alle Schulstufen geplant

"Längerfristig" will Faßmann ein eigenes Lehramtsstudium für Ethik an den Unis etablieren. Außerdem soll der Ethikunterricht auf längere Sicht auf alle Schulstufen ausgedehnt werden, hatte der Minister bereits vor längerem angekündigt.

Strache hob hervor, dass der Ethikunterricht nicht auf Kosten des konfessionellen Religionsunterrichts eingeführt werde und die Schüler nun zwischen den beiden Angeboten wählen können. Seinen Dank an Faßmann für die Umsetzung verband Strache auch gleich mit der Ankündigung, dass er in seiner Eigenschaft als Sportminister wegen der täglichen Turnstunde auf ihn zukommen werde.

Gewaltfreie Konfliktlösung

Inhalt des Ethikunterrichts ist laut Faßmann respektvoller und toleranter Umgang und gewaltfreie Konfliktlösung, das Verhältnis der Schüler zur Welt (nachhaltiger Konsum, Gerechtigkeit in der Welt, Bedeutung von Technologien für unser Leben) und ein Überblick über das Verbindende und Trennende der Weltreligionen sowie philosophische Strömungen und Menschenbilder.

Lob für den Schulversuch Ethik kam von Direktorin Margit Wochesländer beim Schulbesuch der Regierungsmitglieder im BG/BRG Pichelmayergasse in Wien-Favoriten. Dort wurde der seit insgesamt 20 Jahren laufende Schulversuch vor fünf Jahren eingeführt, nachdem sich immer mehr Schüler vom Religionsunterricht abgemeldet hatten. Heute besuchen dort 70 Prozent der Oberstufenschüler Religion, der Rest den Ethikunterricht. Dort könnten die Schüler laut Wochesländer nun nicht nur Themen behandeln, für die sonst im Unterricht kaum Zeit bleibe. Das Üben von Argumentieren, Diskutieren und der Transfer zwischen einzelnen Fächer komme ihnen auch mit Blick auf die Vorwissenschaftliche Arbeit zugute.

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