Zoom-Burnout: Was tun? [7 Tipps]

Online-Meetings zehren an unseren Energien. Doch wieso? Und was kann man dagegen tun?

Seit über eineinhalb Jahren arbeiten viele Menschen von zuhause aus. Besprechungen finden via Videokonferenzen statt. Viele haben diese satt, sind "Zoom-müde", doch Homeoffice wird wohl auch nach Pandemie-Ende bleiben. Wie geht man also um mit dieser Müdigkeit, wie äußert sich das "Zoom-Burnout" und wie kann man vorbeugen? Jutta Rump, Direktorin des Instituts für Beschäftigung und Employability in Ludwigshafen, hat Tipps.

von Zoom-Burnout © Bild: iStockphoto

Nach über einem Jahr Pandemie spüren viele die "Zoom-Müdigkeit". Warum laugen uns diese Videokonferenzen so aus?

Jutta Rump: Es gibt mehrere Gründe. Das eine ist, dass wir erhebliche Produktivitätsgewinne haben. Schaffte man vorher vier Meetings am Tag, schafft man jetzt locker sechs. Und zwar weil es keine Pendelzeit mehr gibt; von einem Raum in den anderen und parallel noch bei der Kaffeemaschine vorbei zu gehen und eventuell noch ein Gespräch am Flur führen. So ist man eine Viertelstunde unterwegs bevor es ins neue Meeting reingeht oder man geht mit KollegInnen Mittagessen, dass dauert auch. So ist der Tag zwar durchgetaktet, aber man hat dennoch die Möglichkeit zum Verschnaufen. Jetzt haben wir diese Zeit nicht mehr. Man klickt sich aus einem Meeting raus und in das nächste rein, das dauert zehn Sekunden. Man hat also eine andere Taktung im Tag, das ist das Erste, was müde macht.

Das Zweite ist eine einseitige Beanspruchung der Sinnesorgane. In einem realen Meeting werden alle Sinnesorgane gleichermaßen beansprucht. Im virtuellen Raum ist das Thema Gehör wichtig und das Auge wird sehr stark angestrengt. Wenn man zum Beispiel nur diese Passformat-Bilder der KollegInnen am Bildschirmrand betrachtet oder gar niemanden sieht, weil jemand seinen Bildschirm teilt, ist das extrem anstrengend und wenn dann eventuell auch noch die Technik nicht gut funktioniert, noch mehr.

Die dritte wesentliche Komponente ist, dass wir keine Pausen mehr machen. Auch nicht in den Meetings. Das heißt, sie sind im Vergleich zu den Sitzungen vor Ort sehr technisch, sehr fachlich, sehr effizient. Man nimmt sich keine Zeit zum Socializen, sondern geht direkt ins Thema rein, arbeitet Punkt für Punkt ab und dann ist gut. Man hat keine Zeit mehr für eine Leichtigkeit in der Sitzung, für Austausch. Und das strengt auch an.

Diese Faktoren kommen geballt zusammen und deshalb tauchen bei 60 Prozent der Menschen, die in so einer Arbeitskultur unterwegs sind, diese Ermüdungserscheinungen auf.

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Was für eine Rolle spielt es, dass man sich dabei ständig selbst sieht?

Das spielt sicher auch eine Rolle. Das ist das nächste, was wir untersuchen werden, was das mit uns macht, wenn wir uns permanent sehen. Aber prinzipiell sind der Bildschirm und die Kamera brutal und bringen alle Unzulänglichkeiten richtig heftig hervor. Und man sieht sich auch noch selbst beim Reden. Das verunsichert und Verunsicherung ist immer schlecht.

Sie sagten, 60 Prozent sind betroffen. Wie äußert sich dieses "Zoom-Burnout"?

Es gibt drei Stufen:

  • Die erste Stufe ist die "Light-Version", damit steigt man ein. Man merkt, dass im Laufe des Tages die Konzentration nachlässt gefolgt davon, dass man ungeduldig wird und gleich in die Luft geht.
  • Die zweite Stufe beinhaltet erste körperliche Beeinträchtigungen wie Kopfschmerzen und Augenschmerzen.
  • In der dritten Stufe hat man etwa Magenprobleme oder kann nicht mehr richtig schlafen. Sprich man kommt wirklich psychosomatisch aus dem Gleichgewicht. Es ist also mehr als ein "Genervt-Sein", man merkt, dass man in einer Art Traurigkeit ist, dass man sich nicht mehr richtig aufraffen kann oder fahrig wird.

Was für Gefahren birgt dies auf langfristige Sicht?

Natürlich kann man davon ausgehen, dass mehr und mehr Menschen von Stufe eins in Stufe zwei und von Stufe zwei in Stufe drei hüpfen und mehr Menschen überhaupt auch in Stufe eins geraten. Damit steigen logischerweise auch die Krankenstände und die Kosten im Unternehmen gehen in die Höhe. Aber man kann etwas dagegen tun.

7 TIPPS GEGEN ZOOM-BURNOUT:

1. Calls sollen maximal 60 Minuten dauern

2. Pausen von 15 Minuten zwischen Meetings

3. Pausen aktiv einfordern

4. Richtige Mittagspause machen

5. Auch in Videokonferenzen lachen und Leichtigkeit reinbringen

6. Während der Besprechung die Kamera ausschalten und sich bewegen

7. Bei vielen Meetings, wenn möglich, Raum wechseln

Was kann man dagegen tun?

Wir machen Langzeitstudien und man merkt im Zeitablauf, dass die Unternehmen dazulernen. So wird zum Beispiel die Technik immer professioneller. Man hat auch gelernt, dass man niemals mehr als 60 Minuten in einem Online-Meeting sein sollte und dann eine Pause machen muss bzw. dass man zwischen Sitzungen 15 Minuten Pause macht genauso wie eine ordentliche Mittagspause.

Man hat auch gelernt, dass es wichtig ist, in den Sitzungen auch mal zu lachen, eine Leichtigkeit reinzubringen, also die Moderation anders zu machen.

Das hat man alles schon gelernt und man merkt, dass der Hauptbelastungsfaktor im Moment "nur noch" die fehlende persönliche Interaktion ist - wobei dieser immer weiter steigt.

Was kann man direkt in einer Videokonferenz anders machen?

Ich empfehle immer, sich zu bewegen. Etwa zu sagen: Ich bin da, aber ich mache jetzt die Kamera aus, weil ich ein bisschen herumlaufe. Das setzt voraus, dass man Ohrstöpsel hat, mit denen man sich bewegen kann. Das gehört mittlerweile zu einer Ausstattung dazu.

Und: Wenn es die Möglichkeit gibt, über den Tag den Raum wechseln, damit man zumindest in der Umgebung eine Abwechslung bekommt. Es nimmt einem auch niemand übel, wenn man sich für das Meeting auf den Balkon setzt! Das ist überhaupt kein Problem!

Wichtig ist natürlich auch, darauf zu achten, dass man eine Struktur im Tag hat, dass man Pausen macht. Und wenn man von einem Meeting zum anderen switcht, kann man ganz klar darauf aufmerksam machen, dass eine Viertelstunde Pause da sein sollte. Oder wenn ein Meeting etwa von 12 bis 1 Uhr angesetzt ist, sollte man zur Disposition stellen, dass man da Mittagspause machen könnte.

Also klar eine Stimme erheben und auf die Pausen aufmerksam machen! Das ist mittlerweile erforscht und anerkannt, dass das ein Thema ist, also kann man es auch zum Thema machen!

Und wenn man den ganzen Tag in Meetings ist, sollte man natürlich versuchen, abends etwas anderes zu machen, raus zu gehen, Sport zu machen, sich mit Freunden zu treffen ...