Van der Bellen
rügt FPÖ-Politiker

Wegen "missverständlicher Signale"

Bundespräsident Alexander Van der Bellen bemüht sich, Zweifel an der österreichischen Position in der Krim-Frage nach dem Regierungseintritt der FPÖ zu zerstreuen.

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Ukraine-Besuch - Van der Bellen
rügt FPÖ-Politiker

"Die Annexion der Krim ist und war rechtswidrig", betonte Van der Bellen am Rande seines Kiew-Besuchs am Mittwoch vor österreichischen Journalisten. Zugleich kritisierte er "missverständliche Signale" von FPÖ-Politikern.

"Österreich hat keinen Zweifel daran gelassen, dass wir die Position der Europäischen Union teilen", sagte der Bundespräsident. Österreich trage in diesem Zusammenhang "alle Schritte" der EU mit. "Einzelne Personen mögen hier unterschiedliche Ansichten haben, aber auch die Position der Bundesregierung insgesamt ist klar", präzisierte Van der Bellen mit Blick auf die FPÖ-Minister.

»Wir können nicht verbieten, dass sie auf die Krim reisen«

"Was wir nicht ausschließen können, ist, dass Privatpersonen in die Krim reisen und dadurch missverständliche Signale aussenden", sagte er auf die Frage nach den umstrittenen Reisen von FPÖ-Politikern auf die von Russland annektierte Halbinsel. "Wir können niemandem verbieten hinzureisen, wohin auch immer in der Welt. Wir können auch nicht verbieten, dass sie auf die Krim reisen, aber das sind keine offiziellen Stellungnahmen, die auf diese Weise abgegeben werden."

"Gutes Gesprächsklima" mit Russland

Zugleich sprach sich Van der Bellen dafür aus, dass Österreich weiterhin ein "gutes Gesprächsklima" mit Russland habe. "Ein friedliches Europa wird es ja ohne Russland nicht geben", sagte er zur Begründung.

Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) bemühte sich indes neuerlich um eine Abgrenzung zur FPÖ. "Ich gehöre keiner Partei an, und ich kann das nur weiterhin wiederholen", sagte sie auf Fragen österreichischer Journalisten zu den Krim-Aktivitäten von FPÖ-Politikern. "In meinen politischen Gesprächen ist das nie Thema", fügte sie hinzu. So sei sie etwa in Sarajevo nicht darauf (offenbar die FPÖ-Position zur Republika Srpska, Anm.) angesprochen worden. "Ich wurde ausschließlich von Journalisten dazu befragt", sagte sie. "Die Menschen in der Ukraine haben ganz andere Sorgen", so Kneissl.

Kritik an russischer Krim-Politik

Van der Bellen und der ukrainische Präsident Petro Poroschenko haben kurz vor der russischen Präsidentenwahl die Krim-Politik Moskaus verurteilt. Van der Bellen zufolge kann es auf der Krim "keine rechtsgültigen Wahlen" geben, da die Krim-Annexion "rechtswidrig war und ist". Poroschenko bezeichnete den zeitgleichen Krim-Besuch von Kreml-Chef Wladimir Putin als "äußerst gefährliche Provokation".

Poroschenko dankte Österreich für diese Haltung und auch dafür, dass es "keine Beobachter auf die Krim senden" und die Wahlergebnisse "aberkennen" werde. "Diese Anstrengungen werden dazu führen, dass die Krim-Annexion wieder abgebaut wird", gab sich der ukrainische Präsident zuversichtlich. Zugleich drohte er all jenen, die sich an der Organisation der Wahlen an der Krim beteiligen, mit rechtlichen Maßnahmen "einschließlich Sanktionen".

Vergleich mit "Anschluss" Österreichs

Die russische Aggression gegenüber seinem Land verglich er mit dem "Anschluss" Österreichs an Hitler-Deutschland, der sich dieser Tage zum 80. Mal jährt. "Die Entschlossenheit unserer Antwort wird zeigen, wie schnell wir Russland dazu bewegen, internationales Recht zu wahren", sagte er in Anspielung auf das damalige Versagen der Weltgemeinschaft.

Der bereits am Dienstag mit seiner Ehefrau Doris Schmidauer und einer großen Wirtschafts- und Kulturdelegation angereiste Präsident war am späten Vormittag von Poroschenko mit militärischen Ehren empfangen worden. Poroschenko wertete den Besuch nur eineinhalb Monate nach seiner eigenen Wien-Reise als Beleg dafür, wie "intensiv" sich der bilaterale Dialog entwickle. Seinen Amtskollegen bezeichnete Poroschenko als "wahren Freund der Ukraine" und verwies darauf, dass dessen Großvater auf dem Gebiet der heutigen Ukraine geboren worden sei.

Mögliche Blauhelm-Mission für die Ukraine

Die beiden Präsidenten sprachen auch über eine mögliche Blauhelm-Mission für die Ukraine. Van der Bellen bekräftigte, dass Österreich eine Beteiligung daran "ernsthaft prüfen" werde. Poroschenko brachte in diesem Zusammenhang ein stärkeres Engagement der Ukraine auf dem Balkan ins Spiel, damit Österreich seine Truppen von dort in die Ukraine verlagern könne. "Die Ukraine ist auch bereit, seine Friedenskräfte in andere Regionen zu bringen", sagte er. Van der Bellen und Kneissl zeigten sich auf Nachfrage der APA offen für den Vorschlag, betonten aber zugleich, dass zunächst die genauen Modalitäten der UNO-Mission geklärt werden müssten.

Äußerst positiv bewerteten die beiden Präsidenten die Entwicklung der Wirtschaftsbeziehungen. Poroschenko berichtete, dass die ukrainischen Exporte nach Österreich wegen des im Vorjahr in Kraft getretenen EU-Ukraine-Abkommens um 48 Prozent gestiegen seien. Van der Bellen sagte, dass die Wirtschaftskrise im Land vorbei sei und das Interesse österreichischer Firmen stark zunehme. Schon jetzt zähle Österreich zu den größten Investoren in der Ukraine und beschäftige 30.000 Arbeitnehmer, sagte der Präsident, der am Nachmittag gemeinsam mit Poroschenko auch an einem bilateralen Wirtschaftsforum teilnahm.

Bildungs- und Wissenschaftsabkommen unterzeichnet

Kneissl und ihr ukrainischer Amtskollege Pawlo Klimkin unterzeichneten unter den Augen der Staatsoberhäupter ein Bildungs- und Wissenschaftsabkommen, das die Kooperation auch in diesen Bereichen stärken soll. Mehrere Universitäten hätten im Rahmen des Besuchs Kooperationsvereinbarungen geschlossen, berichtete Van der Bellen. Auch im humanitären Bereich demonstrierten die beiden Länder Harmonie. Der Umweltaktivist Christoph Otto erhielt von Poroschenko als erster Österreicher den Iwan-Mazepa-Orden für sein Engagement zugunsten von Tschernobyl-Kindern. Seit 1995 habe Otto tausenden ukrainischen Kindern "das Leben gerettet", sagte Poroschenko.

Nach einem Treffen mit Ministerpräsident Wolodymyr Grojsman wollte Van der Bellen am Mittwochabend ins westukrainische Lwiw (Lemberg) weiterreisen, wo er seine dreitägige Ukraine-Reise am morgigen Donnerstag mit einem Besuch der Österreich-Bibliothek und einer Diskussion mit Studenten an der Katholischen Universität beschließt. Mehrmals betonte Van der Bellen während seiner Reise, wie sehr er sich auf die Besichtigung der Hauptstadt des ehemaligen österreichischen Kronlandes Galizien freue, weil dieses ein Symbol für die enge geschichtliche Verbindung zwischen Österreich und der Ukraine sei.

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