Kern verspricht Rücknahme
des Arbeitszeitgesetzes

SPÖ-Chef Kern kritisiert die Aufkündigung der Konsens-Republik durch die Regierung. Die SPÖ wird jedoch kein Volksbegehren starten.

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Arbeitspolitik - Kern verspricht Rücknahme
des Arbeitszeitgesetzes

SPÖ-Chef Christian Kern hat nach dem Beschluss der neuen Arbeitszeitregeln, die auch die Möglichkeit des 12-Stunden-Tags vorsehen, heftige Kritik an der Bundesregierung geübt. ÖVP und FPÖ hätten mit ihrem Vorgehen den bisherigen Konsens der Zweiten Republik aufgekündigt. "Ausgleich war immer Prinzip. Die Regierung hat bewiesen, dass ihnen das egal ist", sagte Kern am Freitag in der SPÖ-Zentrale.

"Der soziale Ausgleich ist mit dem gestrigen Tag begraben worden." Es sei von "unfassbarer Kurzsichtigkeit", was Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung dabei abgeliefert haben. "Sie werden die Rechnung dafür bekommen." Das neue Arbeitszeitgesetz bringe Verschlechterungen für über drei Millionen Arbeitnehmer. Es handle sich um ein "Geschenk an die Großsponsoren der ÖVP", so Kern bei der Pressekonferenz weiter.

"Kurioseste Argument" der Freiwilligkeit

Den Regierungsparteien ÖVP und FPÖ warf Kern Lüge und Verzerrung der Realität vor. Die von der Regierung behauptete Möglichkeit der 4-Tage-Woche stehe etwa nicht im Gesetz, Betriebsvereinbarungen seien sehr wohl betroffen, weil diese in der Regel zeitlich befristet sind, und das "kurioseste Argument" sei die Freiwilligkeit. "Da wurden ganz bewusst Lügen verbreitet." Insgesamt werde es zu "massiven Einkommensverlusten" bei den Arbeitnehmern kommen.

»Der Tag wird kommen, an dem wir dieses Gesetz wieder zurücknehmen«

Kern versprach, dass die Auseinandersetzung um die Arbeitszeit für die SPÖ noch lange nicht vorbei sei. "Wir werden weitermachen. Der Tag wird kommen, an dem wir dieses Gesetz wieder zurücknehmen, weil es ein schlechtes Gesetz ist. Ich kann ihnen garantieren, die SPÖ wird nicht ruhen, bis dieses Gesetz wieder zurückgenommen ist."

Das Vorgehen von ÖVP und FPÖ ist laut Kern "keine vorsichtige Machtverschiebung, sondern ein brachialer Angriff". Der SPÖ-Chef konstatierte einen Angriff auf Gewerkschaft, auf NGOs und einen bedenklichen Umgang mit der Pressefreiheit.

SPÖ wird kein Volksbegehren starten

Welche Interessen die Regierung vertritt, zeigten zudem weitere Beschlüsse bzw. Vorhaben von ÖVP und FPÖ aus dieser Woche. So wurde im Parlament eine Neuregelung bei der Grunderwerbssteuer beschlossen. Während normale Bürger beim Kauf einer Eigentumswohnung oder eines Schrebergartens künftig weiterhin 3,5 Prozent Grunderwerbssteuer zahlen müssen, wurde die Grunderwerbssteuer für professionelle Immobilienanleger gestrichen, berichtete Kern. Auch die Pläne zum neuen Standortrecht, bei dem langwierige Bewilligungsverfahren künftig einfach abgekürzt werden sollen, falle in diese Kategorie. Und die "Ausgabenbremse" bei den Sozialversicherungen sei "völlig undurchdacht", so der ehemalige Bundeskanzler. "Das richtet Schaden in unserem Land an. Der Professionalitätsgrad dieser Regierung ist begrenzt."

Der rote Parteivorsitzende und seine Bundesgeschäftsführer kündigten der Regierung einen "heißen Sommer" und einen "heißen Herbst" an. Streikempfehlungen gab es nicht. "Es ist nicht meine Aufgabe, der Gewerkschaft zum Streik zu raten, aber am Ende des Tages gehe ich davon aus, dass die das nicht mit Langmut zur Kenntnis nehmen." Die SPÖ selbst werde in der Causa kein Volksbegehren starten, weil man die Sache nicht "parteipolitisch punzieren" will. "Ich möchte nicht, dass es ein SPÖ-Volksbegehren ist", sagte Kern. Sollten aber unabhängige Organisationen - wie etwa beim Nichtraucher-Volksbegehren die Ärztekammer - die Initiative übernehmen, werde man das Volksbegehren unterstützen.

Kritik an einer Pflastersteinaktion gegen ÖVP- und FPÖ-Abgeordnete, hinter der die Regierungsparteien ÖGB und SPÖ vermuten, wies Kern neuerlich zurück. Die Aktion sei "idiotisch" gewesen, und es sei absolut nicht okay, wenn sich jemand im politischen Diskurs bedroht fühle. ÖVP und FPÖ würden damit in Wirklichkeit aber nur von der Sache ablenken. "Ich werde jeden einzelnen Tag bedroht, und Verprügeln ist dabei das Mindeste."

SPÖ-Mitglieder befürworten Partei- und Organisationsreform

Die SPÖ hat von ihren Mitgliedern grünes Licht für die im Herbst geplante Partei- und Organisationsreform erhalten. Bis Ende Juni waren rund 170.000 Parteimitglieder aufgerufen, Fragen zur Neuaufstellung der SPÖ zu beantworten. Nun liegen erste Ergebnisse vor. Über 85 Prozent der Teilnehmer sprachen sich demnach für das neue Grundsatzprogramm aus, teilte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Max Lercher mit.

Mit der Beteiligung an der Mitgliederbefragung zeigte sich die SPÖ-Spitze zufrieden. 38.000 Genossinnen und Genossen, das ist fast jedes vierte Parteimitglied, nahmen an der Erhebung des Stimmungsbildes innerhalb der Partei teil. "Wir haben damit unser selbstgestecktes Ziel von 20 Prozent übertroffen", so Lercher. Zum Vergleich: Bei der 2016 abgehaltenen CETA-Befragung der SPÖ, zu der auch Nicht-Mitglieder eingeladen waren, waren es etwa 23.700 Personen, darunter 15.000 ohne SPÖ-Mitgliedschaft.

Breite Zustimmung für Abstimmung über Koalitionsabkommen

Durchgehend über 70 Prozent Zustimmung gab es laut Lercher für die im Fragebogen abgetesteten Organisationsthemen. Die SPÖ-Mitglieder befürworten demnach, dass Koalitionsabkommen künftig allen SPÖ-Mitgliedern im Rahmen einer Befragung vorgelegt werden müssen und das Ergebnis bei einfacher Mehrheit und mindestens 20 Prozent Beteiligung bindend sein soll. Breit unterstützt wird auch das nötige Quorum bei der Initiierung von Mitgliederbefragungen. Künftig sollen dafür 5 statt 10 Prozent der Mitglieder reichen.

Zustimmung gab es auch für die Einschränkung der Anhäufung von Ämtern - Mehrfachbezüge durch Mandate sollen durch höhere Solidaritätsabgaben zurückgedrängt werden - sowie für die personelle Erneuerung der Partei. SPÖ-Politiker die bereits zehn Jahre im Amt sind, sollen demnach künftig für weitere Amtsperioden zwei Drittel Zustimmung der Delegierten brauchen.

Lercher sprach bei der Präsentation der ersten Ergebnisse am Freitag von einer "Bestätigung des Weges" in der Reorganisation der Partei. Die endgültigen und detaillierten Zahlen der Mitgliederbefragung werden am 7. August in den SPÖ-Gremien beraten.

Kommentare

Hans Wurst verspricht !!!!!!! Aber Gottseidank wissen wir ja daß er nichts auf die Reihe kriegt.

Statt kritisieren hätten die "Roten" vorher etwas arbeiten sollen!!! Da hält auch Herr Fischer seinen Mund!!

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