12-Stunden-Arbeitstag
ist beschlossene Sache

ÖVP, FPÖ und NEOS stimmten für schwarz-blauen Antrag. Gilt schon ab 1. September

Das Paket zur Arbeitszeitflexibilisierung ist beschlossene Sache: Es wurde heute im Parlament beschlossen. Für das Gesetz, das den Zwölf-Stunden-Tag bzw. die 60-Stunden-Woche gesetzlich etabliert, stimmen schlussendlich nicht nur die Regierungsfraktionen ÖVP und FPÖ, sondern auch die NEOS zu. SPÖ und Liste Pilz stimmten dagegen.

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Arbeitspolitik - 12-Stunden-Arbeitstag
ist beschlossene Sache

Vor allem das überraschende Vorziehen der Arbeitszeitflexibilisierung auf den 1. September empörte die Opposition. ÖVP und FPÖ hingegen frohlockten ob des "guten Gesetzes", das schlussendlich auch von den NEOS mitgetragen wurde.

Mit dem Beschluss, der erst nach einer ungewöhnlich langen Debatte von rund viereinhalb Stunden gefällt wurde, wird die mögliche Maximalarbeitszeit auf 12 Stunden pro Tag und 60 Stunden pro Woche ausgedehnt. Die Normalarbeitszeit bleibt aber grundsätzlich bei acht Stunden pro Tag und 40 Stunden pro Woche. Ein SPÖ-Antrag auf eine Volksabstimmung zum Thema fand keine Mehrheit.

Bereits ab 1. September 2019 in Kraft

Statt wie bis zuletzt vorgesehen wird die Arbeitszeitflexibilisierung nicht mit 1. Jänner 2019, sondern bereits am 1. September 2018 in Kraft treten. Ruchbar geworden war diese Änderung erst Donnerstagfrüh knapp vor Beginn der Nationalratssitzung. Die Abgeordneten der Oppositionsfraktionen hatten von dieser Änderung überhaupt erst aus den Medien erfahren, wie SPÖ-Klubchef Andreas Schieder gleich zu Beginn des Plenartages scharf kritisierte.

Die Opposition ortete in diesem Vorgehen von ÖVP und FPÖ eine Missachtung aller parlamentarischen Usancen, damit werde "der ganze parlamentarische Prozess schlecht gemacht", ärgerte sich Schieder. Abgesehen davon prangerten SPÖ, NEOS und Liste Pilz einmal mehr das Vorgehen der Regierung an, das Gesetz mittels Initiativantrag und vor allem ohne Begutachtung umzusetzen.

Die Vertreter der Regierungsfraktionen wiesen die Kritik lautstark zurück. FPÖ-Klubchef Walter Rosenkranz pochte darauf, dass die Regierungsfraktionen hr wohl entlang der Geschäftsordnung agiert hätten.

Opposition tobt, Regierung lobt

Von der "massivsten Verschlechterung seit drei Jahrzehnten" sprach SPÖ-Chef Christian Kern. Das Gesetz sei "ungerecht, unausgegoren und durch und durch unvernünftig". Und wenn man sehe, dass nur Industrie und Wirtschaft das Vorhaben bejubeln, "weil geliefert wurde, was bestellt wurde", wisse man, wem das Gesetz nutze, so Kern. "Das ist ein Angriff auf die Arbeitnehmer. Sie werden nicht nur als Arbeitnehmerverräter in die Geschichte eingehen, Sie machen die Ungerechtigkeit zum Programm", sagte Kern in Richtung Regierungsfraktionen.

Für Rosenkranz war all das "falsch und erlogen". Der 8-Stunden-Tag, die 40-Stunden-Woche, die Überstundenzuschläge, die Kollektivverträge und Betriebsvereinbarungen würden bleiben. Und noch mehr: Die Menschen würden sich auf die neuen Regelungen "freuen", meinte Rosenkranz, der Abgeordnete der Opposition u.a. als "Rabiat-Gewerkschafter" bezeichnete und ihnen ein "Tourette-Syndrom" vorwarf.

»Viele Taferln und auf beiden Seiten, aber ziemlich wenig Hirnschmalz«

ÖVP-Klubobmann August Wöginger sah im Gesetz einmal mehr eine "Win-Win-Situation" für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Das Vorziehen auf den 1. September begründet er damit, dass mit dem Gesetz "Arbeiterrechte" abgesichert würden. Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) bemühte bei ihrer Verteidigung des Pakets Karl Marx: Dieser habe gesagt, "Freiheit ist ein Luxus, den sich nicht jedermann leisten kann". Mit der nun vorliegenden Arbeitszeit-Regelung "ist diese Freiheit für jedermann und jederfrau möglich", hob die Ressortchefin die Möglichkeit zur Konsumation von größeren Freizeit-Blöcken hervor.

Begleitet wurde die Debatte von zahlreichen Zwischenrufen und auch "Taferl"-Aktionen. Die Abgeordnete von ÖVP und FPÖ hatten Schilder mitgebracht, die untermauern sollten, dass sich für die Arbeitnehmer quasi ohnehin nichts ändert: "8 Stunden am Tag", "40 Stunden in der Woche", "Es bleibt dabei", so die Botschaft. Die SPÖ hielt dem Verbotstafeln entgegen, auf denen jeweils die Zahl 12 bzw. 60 rot durchgestrichen war.

"Viele Taferln und auf beiden Seiten, aber ziemlich wenig Hirnschmalz", lautete danach das Urteil von Gerald Loacker von den NEOS, dessen Fraktion grundsätzlich für eine Flexibilisierung der Arbeitszeit eintritt. Die Regierung mache es ihm aber "wirklich schwer", denn das Gesetz sei "so schlecht, dass man glauben könnte, es sei tatsächlich von den schwarzen und blauen Klubs geschrieben worden", so Loacker, der die Industriellenvereinigung als Schreiberin des Gesetzes vermutet. Dass seine Fraktion dann schlussendlich doch zustimmte, begründete man bei NEOS damit, dass der Wunsch nach Flexibilisierung überwog.

ÖGB-Präsident droht indirekt mit Arbeitskampf

Ein Nein kam von der Liste Pilz: Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber sagte, die Regierung nehme mit ihrem Beschluss "null Rücksicht auf die Gesundheit, null Rücksicht auf die Vereinbartkeit von Beruf und Familie, null Rücksicht auf die Kinder". Als 52. und letzter Redner meldete sich dann noch ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian (SPÖ) zu Wort, der auch indirekt mit Arbeitskampf drohte. Kritik kam am Donnerstag auch von der Arbeiterkammer, die eine "Husch-Pfusch-Aktion" beklagte.

Empörung gab es aber nicht nur aufseiten der Opposition und der Arbeitnehmer-Vertreter. ÖVP und FPÖ zeigten sich über eine Protestaktion entsetzt, die sie in den Reihen der Gewerkschaft bzw. der SPÖ verorteten: In der Nacht auf Donnerstag seien Plakate, Pflastersteine und Grablicher vor den Privatadressen von ÖVP- und FPÖ-Abgeordneten platziert worden, berichteten die Regierungsfraktionen und werteten dies als Bedrohung durch ÖGB und SPÖ. Die Angesprochenen wiesen die Vorwürfe zurück. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Max Lercher sprach von einer "tatsachenbefreiten Stimmungsmache", die Behauptungen seien auf das Schärfste zurückzuweisen.

Neben zahlreichen SP-Abgeordneten distanzierte sich auch Parteivorsitzender Kern von der Aktion: Man habe mit dieser Sache nichts zu tun, lehne diese zutiefst ab. "Das war idiotisch", sagte der Parteichef.

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