Arbeitszeit: Hartinger-Klein
gegen Gesetzesverschärfung

Auch nach Kritik am 12-Stunden-Tag: Hartinger-Klein schließt eine Gesetzesverschärfung aus.

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Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) sieht trotz der bekannt gewordenen Verstöße von Arbeitgebern gegen die Freiwilligkeit des 12-Stunden-Tages keine Notwendigkeit, die gesetzlichen Regelungen zu verschärfen. Vor dem Ministerrat am Mittwoch kündigte sie einen Erlass an die Arbeitsinspektorate für strenge Prüfungen an.

25.000 Überschreitungen

"Schwarze Schafe sind streng zu bestrafen", betonte die Ministerin, der Strafrahmen sei höchstmöglich auszunützen. Das Gesetz nachbessern müsse man aber nicht. Viele Verfehlungen auf Unternehmerseite ortete sie nicht: Hartinger-Klein sprach von zuletzt 25.000 Überschreitungen, und dies bei 300.000 Unternehmen und 3,2 Millionen Arbeitnehmern in Österreich.

»Schwarze Schafe sind streng zu bestrafen«

Zusätzlich zum Erlass an die Arbeitsinspektorate soll die Arbeiterkammer in einem Brief aufgefordert werden, entsprechende Verfehlungen von Unternehmen zu melden. Die Wirtschaftskammer wiederum soll die Unternehmen beraten und auf die gesetzlich festgelegte Freiwilligkeit für die Arbeitnehmer hinweisen.

Kritik für Hartinger-Klein nicht nachvollziehbar

Die Kritik der Hoteliersvereinigung bezüglich mangelnder Rechtssicherheit bei der freiwilligen Mehrarbeit konnte Hartinger-Klein nicht nachvollziehen: Eine Dienstplanerstellung ist aus ihrer Sicht auch möglich, wenn die Arbeitnehmer jeweils im Einzelfall die Zustimmung zu einer elften und zwölften Arbeitsstunde geben müssen.

Bisher kaum Gesetzesbrüche bekannt

Das Kabinett von Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) hat am Mittwoch die Aussagen der Ressortchefin zum seit September erlaubten 12-Stunden-Tag präzisiert. Die genannte Zahl 25.000 habe sich insgesamt auf Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz im Jahr 2017 bezogen.

Seit dem Inkrafttreten per 1. September 2018 kenne man in Sachen 12-Stunden-Tag nur jene drei Fälle, die in Medien genannt worden seien, so ein Sprecher. Man habe bisher die Hälfte der Arbeitsinspektoren befragt, von diesen sei kein einziger Fall rückgemeldet geworden.

SPÖ fordert Neuverhandlungen

Die SPÖ drängt auf eine Neuverhandlung des Arbeitszeitgesetzes. Die dokumentierten Einzelfälle, wo Arbeitgeber von Mitarbeitern mehr Überstunden verlangen, seien die "Spitze des Eisbergs", sagte SPÖ-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner am Mittwoch vor Journalisten in Wien. "Die Dunkelziffer ist wesentlich höher."

"Das Gesetz muss grundsätzlich verändert werden", forderte die SPÖ-Parteichefin. Im Gegensatz zum Gesetzesbeschluss im Juli müssten diesmal für die Novelle des Arbeitszeitgesetzes die Sozialpartner und die Oppositionsparteien eingebunden werden. Das neue Arbeitszeitgesetz macht einen 12-Stunden-Tag und eine 60-Stunden-Woche leichter möglich. "Die Freiwilligkeit ist eine Farce", so Rendi-Wagner. Die SPÖ will nun für die kommende Woche eine Sondersitzung des Nationalrats zur Causa Arbeitszeit beantragen.

»Das Gesetz muss grundsätzlich verändert werden«

Rendi-Wagner verwies auch auf die Österreichische Hoteliervereinigung (ÖHV) die sich eine präzisere Definition wünscht, was genau mit "Freiwilligkeit" beim 12-Stunden-Tag gemeint sei. Für Arbeitgeber wie auch für die Mitarbeiter wäre es wichtig, Klarheit zu schaffen, sagte ÖHV-Präsidentin Michaela Reitterer am Mittwoch im "ORF-Morgenjournal" nachdem mehrere Fälle bekanntgeworden waren, dass in Hotels Mitarbeiter zu längeren Arbeitszeiten gedrängt wurden. Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) und Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) schlossen am Mittwoch eine Arbeitszeit-Gesetzesverschärfung aus.

WKÖ kündigt Informationsoffensive an

WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf kündigte am Mittwoch in der Causa Arbeitszeit eine nochmalige Informationsoffensive für Mitgliedsbetriebe an. Merkblätter seien für Tourismusbetriebe bereits verschickt worden. "Die Wirtschaftskammer Österreich bekennt sich zu 100 Prozent zur Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes und zum Arbeitnehmerschutz", so Kopf in einer Aussendung. Dies schließe die Kontrolle der Arbeitszeitgrenzen und insbesondere auch die Freiwilligkeit und das Wahlrecht bezüglich Überstunden ein.

AK erwartet weitere Verstöße

Die Arbeiterkammer (AK) erwartet dennoch weitere Verstöße beim Arbeitszeitgesetz. "Die bisher bekannt gewordenen Fälle, u. a. mit Vertragsschablonen in der Hotellerie zeigen: Es geht hier nicht nur um einzelne schwarze Schafe unter den Arbeitgebern. Das wird sich ausbreiten", kommentierte AK-Präsidentin Renate Anderl die Fälle in einer Aussendung.

Für den Rechtsanwalt und Arbeitsrechtler Georg Schima sind die Versuche, die Freiwilligkeit bei Überstunden auszuhebeln "nicht völlig überraschend". Eine generelle Einwilligung für einen 12-Stunden-Tag und 60-Stunden-Woche seien aber ein "juristisch untaugliches Mittel", sagt Schima im Ö1-"Mittagsjournal" des ORF-Radios. Man könne aber auch bei Unterschrift unter eine derartige Klausel seine Einwilligung für einen 12-Stunden-Tag verweigern. Es gebe im Gesetz ein Ablehnungsrecht. Das neue Arbeitszeitgesetz habe "einige Punkte, wo es Unklarheiten gibt", dies sei aber nicht ungewöhnlich. Dies könne man von Gerichten klären lassen, so der Anwalt.

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