12-Stunden-Tag: AK schlägt "Freizeitzuschlag" vor

Zusätzliche Kompensation für Mehrarbeit - Vorschlag aufgrund erster Missbrauchsfälle

Nach ersten Missbrauchsfällen rund um die neuen Arbeitszeitregeln und den nunmehrigen Überlegungen der Regierungsparteien, das Gesetz nachzuschärfen, schlägt die Arbeiterkammer einen "Freizeitzuschlag" vor. Das wäre eine zusätzliche Kompensation zum ohnehin verpflichtenden Zeit- oder Geldausgleich für Mehrarbeit, berichtet der "Standard" (online).

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Arbeitszeit - 12-Stunden-Tag: AK schlägt "Freizeitzuschlag" vor

Die Variante habe aus der Sicht von Arbeiterkammer-Direktor Christoph Klein zwei Vorteile, heißt es im Zeitungsbericht. Es werde einerseits eine zusätzliche Hürde eingebaut, damit Arbeitgeber nur in Ausnahmefällen auf den 12-Stunden-Tag zurückgreifen. Und es werde gleichzeitig die gesundheitliche Belastung der Mehrarbeit abgefedert.

Auch Arbeiterkammer sieht Kritik bestätigt

Wie die Gewerkschaft und die SPÖ sieht sich die Arbeiterkammer in ihrer Kritik am Gesetz bestätigt, das von ÖVP, FPÖ und NEOS beschlossen worden war und erst seit gut zwei Monaten gilt. Es sei von Anfang an darauf hingewiesen worden, dass die neuen Bestimmungen die Freiwilligkeit nicht gewährleisten, weil die betroffenen Arbeitnehmer aus Angst vor Jobverlust die Mehrbelastung in Kauf nehmen.

Sozialministerium geht Verstößen nach

Nach Bekanntwerden von Fällen, wo Arbeitgeber die Freiwilligkeit des 12-Stunden-Tages ignoriert haben, geht das Sozialministerium diesen Verstößen nach. Diese Woche finde eine Analyse der Fälle statt, sagte der Sprecher von Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) am Montag auf APA-Anfrage. Danach wolle man mit dem Koalitionspartner ÖVP über Nachschärfungen reden und diese präsentieren.

Eine der Möglichkeiten seien Sanktionen, so der Sprecher. Auch die Kontrollen könnten verschärft werden. Nach der Analyse werde man wissen, wo es Verbesserungs- und Reparaturbedarf gibt. Im Fall der Hilfsköchin in Wien, die laut Medienberichten gekündigt wurde, weil sie den 12-Stunden-Arbeitstag verweigerte, sei das Arbeitsinspektorat mit einer Prüfung beauftragt worden, so der Sozialministeriumssprecher.

»Derzeit sind uns nur zwei Missbrauchsfälle bekannt«

Für die ÖVP ist eine Novelle des Arbeitszeitgesetzes jedenfalls kein Thema. ÖVP-Klubobmann August Wöginger sagte in den Salzburger Nachrichten (Montagsausgabe): "Das Gesetz ist ja erst seit zwei Monaten in Kraft. Und derzeit sind uns nur zwei Missbrauchsfälle bekannt." Wie es zur APA hieß, setzt die ÖVP darauf, "Ausnahmefälle" von schwarzen Schafen durch verstärkte Kontrollen und harte Sanktionen des Arbeitsinspektorate abzustellen. Das Gesetz an sich funktioniere aber, wurde seitens der Kanzlerpartei betont.

Der Tiroler Arbeiterkammer-Chef Erwin Zangler, der wie Wöginger aus dem ÖVP-Arbeitnehmerbund ÖAAB kommt, machte indes am Montag per Aussendung einen dritten Fall publik, bei dem wie in Salzburg die Freiwilligkeit des 12-Stunden-Tages über den Dienstvertrag erzwungen werden soll.

Dass der ÖVP-Klub als Anlaufstelle für all jene fungieren will, die sich beim Arbeitszeitgesetz vom Arbeitgeber ungerecht behandelt fühlen, empörte wiederum die SPÖ. "Das Verhalten der ÖVP zu diesem Husch-Pfusch-Gesetz wird immer skurriler. Zuerst schafft man ein Gesetz, bei dem von Anfang an klar war, dass Arbeitnehmer damit nur verlieren können und zu Opfern werden. Jetzt versucht man diese Opfer zu beruhigen und mundtot zu machen, indem man ihnen einen Rechtsschutz anbietet. Ex-Gewerkschafter und nunmehriger Kurz-Jünger Wöginger sollte wissen: ÖGB und AK können das besser", erklärte der SPÖ-Mandatar Rainer Wimmer in einer Aussendung.

"Husch-Pfusch-Gesetz"

Die SPÖ fordert wie auch Gewerkschaft und Arbeiterkammer, das Gesetz auf Augenhöhe mit den Arbeitnehmervertretern neu zu verhandeln. In das Arbeitszeitgesetz, dass die Regierungsparteien ÖVP und FPÖ im Sommer verabschiedeten, waren sie nicht eingebunden, weshalb sie von einem "Husch-Pfusch-Gesetz" sprechen. Das neue Arbeitsgesetz, dass im Nationalrat auch die Zustimmung der NEOS fand, erlaubt eine tägliche Höchstarbeitszeit von 12 Stunden sowie die 60-Stunden-Woche.

Wegen der längeren Arbeitszeiten stockt auch die Herbstlohnrunde. Wimmer, der für die Gewerkschaft PRO-GE den Metallerkollektivvertrag verhandelt, erklärte: "Wir werden nicht hinnehmen, dass unsere Kolleginnen und Kollegen die 12 Stunden aufs Aug' gedrückt bekommen". Die Arbeitnehmervertreter fühlen sich überrumpelt und übervorteilt und wollen sich in den KV-Verhandlungen "zurückholen", was ihnen "genommen worden" sei. Die Arbeitgeber hingegen fühlen sich dafür nicht zuständig und sagen, sie seien der falsche Adressat, wenn die Gewerkschaften gegen die Bundesregierung mobilisieren wollen.

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