"Sie hat nicht gelitten": 10 Jahre nach dem Unfall packt Prinzessin Dianas Notarzt aus

Ersthelfer erinnert sich an Dianas letzte Momente Unfallort in Paris zur Pilgerstätte der Fans geworden

"Jedes Mal, wenn ich in den Tunnel fahre, läuft der Film wieder vor meinem inneren Auge ab." Zehn Jahre ist es her, dass Frederic Mailliez Prinzessin Diana vergeblich zu retten versuchte. Der Pariser Notarzt war durch einen Zufall nur Sekunden nach dem Unfall an dem qualmenden schwarzen Mercedes vorbeigefahren, der vor einen Pfeiler in der Unterführung der Pont de l'Alma geprallt war. Ein Augenblick, der auch sein Leben veränderte. "Ich bin der Zeuge ihres letzten Moments", sagt der 40-Jährige im AP-Interview.

Mailliez sah von weitem den Qualm, hielt an, sprintete zum Unglücksfahrzeug und machte die Hintertür weit auf. Ein grauenhafter Anblick, selbst für den hartgesottenen Rettungsarzt. "Zwei der vier Opfer waren tot. Ich wusste nicht, um wen es sich handelte." Ein Beifahrer auf dem Rücksitz - Dodi al Fayed - sei nicht mehr vollständig bekleidet gewesen, meint er sich zu erinnern. "Eine schöne Frau saß mit dem Rücken zur Tür und mit dem Gesicht ins Wageninnere. Sie konnte nicht richtig atmen, ich legte ihr eine Sauerstoffmaske an."

Ungestört von Paparazzi
Während der Arzt Erste Hilfe leistete - keine Minute nach dem Crash - flackerte hinter ihm ein Blitzlichtgewitter. "Die Paparazzi haben sehr viele Bilder gemacht, aber sie haben mich nicht gestört, ich habe ihnen nichts vorzuwerfen", sagt Mailliez. Er konzentrierte sich nur auf Diana. Der zweite Schwerverletzte, Fayeds Leibwächter Trevor Rees-Jones, habe nicht in Lebensgefahr geschwebt. "Das Warten auf den Rettungswagen kommt mir noch heute vor wie eine Ewigkeit", sagt er - es waren nur neun Minuten.

Mailliez versuchte, die sterbende Prinzessin auf Englisch zu trösten. "Ich sagte ihr, Hilfe sei unterwegs und alles werde gut. Aber sie ist nicht mehr ausreichend zu Bewusstsein gekommen, um etwas zu sagen. Sie sagte kein Wort zu mir, nichts, was ich hätte verstehen können."

Herzstillstand im Wrack
Es gab mehrere Gutachten darüber, ob Diana bei einer anderen medizinischen Versorgung hätte überleben können. Tatsächlich dauerte es mehr als eine Stunde, bis sie die sechs Kilometer entfernte Klinik Pitie-Salpetriere erreichte. Noch im Autowrack hatte ihr Herz ausgesetzt, eine erste Wiederbelebung gelang. "Ich hätte nicht mehr tun können", sagt Mailliez heute.

Allerdings hatte er außer einer Sauerstoffmaske kein medizinisches Gerät bei sich. Die Schwere von Dianas Verletzungen wurden erst im Krankenhaus erkannt. Die linke Lungenvene war durch den Aufprall gerissen, das Herz auf die rechte Seite gedrückt worden. "Die inneren Blutungen waren zu stark, sie hatte praktisch keine Überlebenschance", ist sich der Rettungsarzt nach der Studie aller Berichte sicher.

Pilgerort für Diana-Fans
Über dem Tunnel am südlichen Seine-Ufer steht die Statur einer goldenen Fackel. Sie ist zum Pilgerort für die vielen Diana-Fans in Paris geworden. Gebete, Gedichte und Blumen werden dort jeden Tag niedergelegt. "Diana, ti amo", hat ein Italienerin auf den Sockel gekritzelt, "Du bist für immer in meinem Herzen" eine Frau aus Augsburg. Mailliez beugt sich über die Balustrade und schaut auf den brausenden Autoverkehr. Noch heute kann er die Nacht nicht ganz begreifen. Nachdem er an die Ärzte übergeben hatte, war er nach Hause gefahren und hatte sich schlafen gelegt. Erst am nächsten Morgen erfuhr er, dass er Diana in den Händen gehalten hat.

"Es war ein ungerechtes und tagisches Ereignis", sagt der zierliche Mann mit verlorenem Blick. "Sie hatte sich damals gerade scheiden lassen und wollte ein neues Leben beginnen." Er sieht sich als eine Art Beschützer ihres Gedenkens, schließlich sei er der Zeuge ihrer letzten Lebensmomente gewesen. "Sie sah sehr friedlich aus. Ich bin überzeugt, sie starb, als würde sie einschlafen. Sie hat nicht gelitten." So sollte dies jeder im Gedächtnis bewahren, fügt er hinzu.

(apa)