Die ÖVP ist von der FPÖ
kaum mehr zu unterscheiden

In „Koalitionen“ geht es vor allem um Arbeitsprogramme von Regierungen, die auf Zeit geschlossen werden. Sichtbar bleiben sollen die Parteiprogramme selbst, aber auch weltanschauliche Unterschiede.

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Politik - Die ÖVP ist von der FPÖ
kaum mehr zu unterscheiden

In Deutschland hat man extrem lang um eine Übereinkunft gerungen. Der Hauptgrund: Die CSU ist weltanschaulich – vor allem in der Flüchtlingsproblematik – weit nach rechts gerückt, sodass man eigentlich von einer Dreierkoalition sprechen sollte. In der Mitte agiert die CDU und etwas weiter links die SPD. In der Frage der Obergrenze bei der Einwanderung war ein Kompromiss deshalb nur durch schwammige Formulierungen zu retten.

Festzumachen sind die Unterschiede am Beispiel Islam. Sofort nach der Angelobung der neuen Regierung hat der neue Innenminister Horst Seehofer für die CSU erklärt: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“. Das ist auch die Position der Afd. Bundespräsident Walter Steinmeier (SPD) hat rasch geantwortet. Nach wie vor gelte die Erklärung seines Vor-Vorgängers Christian Wulff (CDU): „Der Islam ist ein Teil Deutschlands.“ Weil dies auch die Meinung von Angela Merkel ist, sind die Fronten zumindest oberflächlich geklärt.

In Österreich redet die Zweierkoalition gar nicht mehr von einer Obergrenze, sondern von „Null-Zuwanderung“. Das ist rechts von der CSU die Position der Partei von Ungarns Regierungschef Viktor Orban. Da die ÖVP insgesamt diese Position zu teilen scheint, muss man mittlerweile von einer Koalition sprechen, deren Partner sich kaum noch unterscheiden.

Bundeskanzler Sebastian Kurz spielt dabei den Moderator von tatsächlichen oder mutwillig erzeugten Konflikten. Seine Haupttaktik ist das Spiel auf Zeit.

Beispiel eins: BVT-Ausschuss. Zuerst schmettert ihn die Koalition ab, dann erklärt Kurz, er werde schon noch kommen. Wenn die mediale Aufregung schwindet?

Beispiel zwei: Arbeitsmarktservice. Man kürzt deren Mittel für Flüchtlingsintegration und wirft dem AMS-Chef de facto vor, er setze die Gelder halt nicht richtig ein. Die Organisation werde „neu aufgestellt“. Aber wann? Irgendwann.

In keiner einzigen Erklärung des Bundeskanzlers war in den letzten Wochen ein Unterschied zur FPÖ festzustellen. Das heißt, in Österreich bildet sich ein „Bürgerblock“, der nur noch formal auf Bundesebene durch zwei Parteien repräsentiert wird. Einzig im Tiroler Westen, wo es „türkis“ nicht spielt, gibt es durch Schwarz-Grün einen Kontrast.