Das Kleingedruckte im Regierungsprogramm

Fünf Punkte aus dem Koalitionspakt, die Sie vielleicht nicht sofort bemerkt haben

Seit Montag ist die neue schwarz-blaue Regierung im Amt. Das am Wochenende präsentierte Regierungsprogramm enthält eine Fülle von Maßnahmen und Plänen, mit denen das Land in den kommenden Jahren umgestaltet werden soll. Zwischen den bekanntesten Vorhaben verstecken sich aber auch kleinere Punkte, die man leicht übersehen kann.

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Schwarz-Blau - Das Kleingedruckte im Regierungsprogramm

12-Stunden-Tag, Zusammenlegung der Krankenkassen, Verschärfungen für Arbeitslose und Asylwerber, Liberalisierung des Mietrechts, die (aufgeschobene) direkte Demokratie: Die neue Regierung hat sich viel vorgenommen. In ihrem am Samstag unterzeichneten, 182 Seiten starken Regierungsprogramm sind hunderte von Einzelmaßnahmen, teils recht konkret, viele noch eher vage, vorgesehen. Neben den medial bereits breit diskutierten Eckpunkten des schwarz-blauen Paktes gibt es aber auch viele kleinere Ankündigungen. Einige von ihnen könnten, obwohl im Papier nur in einem Halbsatz angesprochen, dennoch weitreichende Auswirkungen haben. Ein Auszug aus dem "Kleingedruckten" des Koalitionspaktes:

1. Droht der Wiener Zeitung das Aus?

Auf Seite 18 des Regierungsprogrammes kündigen ÖVP und FPÖ die "Abschaffung der Verlautbarungspflichten in der Wiener Zeitung" an. Derzeit ist in vielen Gesetzen zwingend die Veröffentlichung bestimmter Informationen im "Amtsblatt" der in Staatseigentum stehenden Zeitung vorgesehen. Das betrifft öffentliche Stellen- oder Auftragsausschreibungen genauso wie die Jahresabschlüsse von Aktiengesellschaften. Nach dem Verlautbarungsgesetz kann sogar jede vorgeschriebene "öffentliche Verlautbarung" dort erfolgen. Fallen diese Verpflichtungen weg, ist die weitere Finanzierung auch der Redaktion der ältesten Tageszeitung der Welt unklar. In ÖVP- und FPÖ-Kreisen wird seit Jahren die Notwendigkeit einer staatlichen Zeitung in Frage gestellt. Über die Streichung der Pflichtinserate könnte sie "durch die Hintertür" beseitigt werden.

2. Eine "Österreich-Quote" auf Ö3

Österreichische Kunst und Kultur soll in den öffentlich-rechtlichen Medien einen "größeren Stellenwert" erhalten, vor allem auch zur "Unterstützung junger österreichischer Talente", wie es auf Seite 94 heißt. Dazu soll eine angemessene "Österreich-Quote" zu reichweitenstarken Sendezeiten, "speziell beim Radiosender Ö3", geprüft werden. Es muss dann also ein bestimmter Anteil der Songs (ein Prozentsatz wird nicht genannt) von österreichischen Künstlern stammen. Das hatte in der Vergangenheit auch schon die SPÖ gefordert. Außerdem soll vom ORF auch ein bestimmter Mindestanteil der GIS-Gebühren für heimische Produktionen verwendet werden.

© ÖVP/FPÖ Das Titelblatt des ÖVP-FPÖ-Regierungspaktes

3. Gerichtsprozesse bald im Fernsehen?

Im Zuge des Grasser-Prozesses fällt es zurzeit wieder dem einen oder anderen auf: In Fernsehberichten sind Richterin, Verteidiger und Angeklagte zwar beim Betreten des Saals und Einnehmen ihrer Plätze zu sehen, niemals aber bei ihren Vorträgen oder Aussagen. Der Grund dafür ist, dass die Strafprozessordnung Audio-, Film-, und Fotoaufnahmen der Verhandlung verbietet. Zur "Modernisierung des Hauptverfahrens" planen die Parteien auf Seite 44 nun aber, eine "audiovisuelle Aufzeichnung der Hauptverhandlung" einzuführen. Unklar ist, ob damit bloß eine Aufzeichnung durch das Gericht zur Beweissicherung – ähnlich dem Protokoll – gemeint ist, oder ob auch Medien und Privaten das Filmen erlaubt werden soll. Auch Deutschland hatte sein Verbot heuer erst gelockert, übertragen werden darf dort aber nur die Urteilsverkündung.

4. Stadtpolizei für Wels und Leoben?

Sicherheitsbehörde erster Instanz soll auch in Städten mit Landespolizeidirektionen die Bezirksverwaltungsbehörde, also fast immer die Stadt selbst, werden – "mit Ausnahme der Landeshauptstädte und Schwechat", steht auf Seite 30. Betreffen würde das also Rust, Leoben, Steyr, Villach, Wels und Wiener Neustadt. Wie "Addendum"-Journalist Moritz Moser auf Twitter angemerkt hat, eröffnet dies den Städten eine weitere Möglichkeit: Laut Verfassung dürfen nur Gemeinden, in denen die Sicherheitsagenden nicht bei der Landespolizeidirektion liegen, eine vollwertige (und bewaffnete) Gemeindewache bilden. Besonders das blau regierte Wels, wo die FPÖ die bestehende "Ordnungswache" schon gestärkt hat, könnte davon Gebrauch machen. Auch in Leoben (mit FPÖ-Vizebürgermeister) hat die Partei bereits eine "Stadtpolizei" gefordert.

5. Staatsbürgerschaft für Nachfahren der NS-Opfer

Österreich hat sich bisher – im Gegensatz zu vielen anderen Ländern – grundsätzlich gegen Doppelstaatsbürgerschaften gestellt. Wer eine fremde Staatsbürgerschaft annimmt, verliert dadurch die österreichische. Erst im Vorjahr sorgten Berichte über angeblich tausende Türken, die sich nach Erwerb der Staatsbürgerschaft auch erneut einen türkischen Pass geholt haben sollen, für Aufregung. Nun will Schwarz-Blau die Doppelstaatsbürgerschaft "neu denken", verkünden sie auf Seite 33. Neben einem Doppelpass für Südtiroler – eine langjährige Forderung der FPÖ – soll es auch eine Doppelstaatsbürgerschaft für Nachfahren der Opfer des Nationalsozialismus geben. Damit könnte die neue Regierung, ähnlich wie einst Schwarz-Blau I mit den Regelungen zu Entschädigung und Restitution, ihr internationales Image verbessern.

Kommentare

...damit er Dich besser hören kann!!!

WhyDoYouCare melden

Sind Kurz`s Ohren eigentlich echt oder wie gemunkelt wird tatsächlich so Faschings-Ansteck-Dinger? :)

gfrast51
gfrast51 melden

Niveau ist irgendwo verloren gegangen ?

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