Midterms: Was
wird heute gewählt?

Wer wird bei den Kongresswahlen eigentlich gewählt - und was könnte Donald Trump passieren?

Heute finden in den USA die Midterms bzw. Kongresswahlen statt. Damit muss sich Donald Trump erstmals seit seiner Wahl zum Präsidenten einem Wahltest stellen. Doch was sind diese „Midterms“ (Halbzeit) bzw. Kongresswahlen überhaupt – und wer wird da gewählt?

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Fragen und Antworten - Midterms: Was
wird heute gewählt?

Wer ist der Kongress?

Der Kongress ist das oberste Gesetzgebungsorgan der Vereinigten Staaten und besteht aus zwei Kammern, dem Repräsentantenhaus und dem Senat. Die parlamentarische Arbeit spielt sich im Zusammenwirken von Repräsentantenhaus und Senat ab, wobei der Kongress als Ganzes laut Verfassung Gegenspieler der Regierung ist.

Ist er mit einem europäischen Parlament zu vergleichen?

Nein, nicht wirklich, denn anders als in den parlamentarischen Regierungssystemen Europas ist der US-Kongress alles andere als eine reine "Abstimmungsmaschine" im Dienste der jeweiligen Regierung. Immer wieder kommt es vor, dass ein Präsident im politischen Alltag Schwierigkeiten mit einem von seiner eigenen Partei beherrschten Kongress bekommt.

Die in Einerwahlkreisen bestimmten 435 Abgeordneten und 100 Senatoren haben nämlich in erster Linie ihre jeweilige Wählerbasis im Auge. So kann es durchaus sein, dass republikanische Abgeordnete aus liberalen Staaten "ihrem" Präsidenten die Gefolgschaft verweigern, während er sich umgekehrt auf Demokraten aus konservativen Staaten stützen kann.

Was ist das Repräsentantenhaus?

Dem Repräsentantenhaus gehören 435 Abgeordnete an. Die Kammer ist die eigentliche Volksvertretung. Die Staaten sind entsprechend ihrer Bevölkerungszahl unterschiedlich vertreten. Während Alaska einen Mandatar hat, kommt das bevölkerungsreichste Kalifornien auf 53.

Was ist der Senat?

Im Senat ist jeder der 50 Einzelstaaten unabhängig von Größe und Bevölkerungszahl mit je zwei auf sechs Jahre gewählten Mitgliedern vertreten. Vorsitzender des Senats ist der Vizepräsident, der bei einem Abstimmungs-Patt von 50 zu 50 entscheidet.

Wird der gesamte Kongress jetzt neu gewählt?

Nein, zur Wahl stehen alle Abgeordneten im Repräsentantenhaus und 35 der 100 Senatssitze.

Wie ist die Machtverteilung im Kongress derzeit?

Die Republikaner (Trumps Partei) haben im Repräsentantenhaus 240 von 435 Sitzen inne. Im Senat stellen sie 51 von 100 Senatoren. Die Opposition (Demokraten) hoffen auf eine „blaue Welle“ und wollen nun in beiden Kammern die Mehrheit erobern.

Was können die Demokraten schaffen?

Eigentlich ist es fast schon Gesetz, dass die Partei des Präsidenten (also die Republikaner) bei diesen "Halbzeit"-Wahlen Federn lassen muss. Im Durchschnitt gab es einen Verlust von 30 Abgeordneten und vier Senatoren. Tritt dies diesmal ein, hätten die Demokraten in beiden Parlamentskammern die Mehrheit. Ein wichtiger Grund für den Anti-Regierungspartei-Effekt ist die deutlich niedrigere Wahlbeteiligung als bei der Präsidentenwahl, wobei aber besonders jene motiviert sind, zu wählen, die etwas an den herrschenden Verhältnissen ändern wollen.

Wie sehen die Prognosen aus?

Gute Chancen sieht die Wahlstatistikseite "Fivethirtyeight" für die Demokraten im Repräsentantenhaus. Die Chancen, dass die Regierungspartei hier die Kontrolle verliert, wird mit 85 Prozent eingeschätzt. Die Wahrscheinlichkeit, dass dies im Senat gelingt, ist mit rund 20 Prozent viel geringer, da nur ein Drittel des Senats neu gewählt wird und die Republikaner hier schon 42 Sitze sicher haben. Die Demokraten müssen widerum zehn Sitze in Staaten verteidigen, die bei der Präsidentenwahl 2016 mehrheitlich für Trump gestimmt hatten.

Spielt Trump eine Rolle bei dieser Wahl?

Ja, er hat die Kongresswahlen selbst zu einer Abstimmung über seine Politik erklärt. Seine Zustimmungswerte liegen jedoch nur bei etwa 42,4 Prozent.

Was könnte Trump passieren, wenn seine Partei verliert?

Sollten die Demokraten die Mehrheit im Repräsentantenhaus erobern, könnten sie Untersuchungen gegen den Präsidenten einleiten. Die Ergebnisse könnten dann Grundlage für ein Amtsenthebungsverfahren sein, das das Repräsentantenhaus mit einfacher Mehrheit beschließen kann. Sollte so ein Verfahren tatsächlich eingeleitet werden, würde es jedoch im Senat geführt, wo auch das Urteil gefällt wird. Für eine Amtsenthebung müssten 67 der 100 Senatoren zustimmen – eine Zweidrittelmehrheit, die die Demokraten auch bei maximalem Gewinn nicht erreichen können. Somit müssten sich Senatoren der eigenen Partei gegen Trump wenden., was derzeit unwahrscheinlich ist. Unangenehm könnte so ein Prozess aber sehr wohl für Donald Trump werden.

Wer wird die Wahl heute entscheiden?

Viele Experten sind sich einig, dass die Frauen entscheiden werden. Die Umfragen verzeichnen einen besonders hohen Mobilisierungsgrad der weiblichen Wählerschaft aufgrund der Empörung über Trump, der diesen Zorn auch immer wieder selbst anfacht mit einer Veräppelung der „MeToo“-Bewegung oder dem Nachäffen von Christine Blasey Ford (die dem jüngst von Trump ernannten Verfassungsrichter Brett Kavanaugh versuchte Vergewaltigung vorwirft) etwa. Zwar war Trump vor zwei Jahren nicht weniger frauenfeindlich, doch seitdem ist der Abscheu über den Präsidenten offenkundig massiv gewachsen. So sagten in einer CNN-Umfrage von Anfang Oktober fast zwei Drittel (63 Prozent) der Frauen, sie bevorzugten in ihrem Wahlbezirk den Kandidaten oder die Kandidatin der Demokraten.

Die Demokraten setzen darum auch auf geballte Frauen-Power. Es kandidiert eine Rekordzahl von 257 Frauen für den Kongress, 198 davon für die Demokraten. Trump versuchte den Spieß jedoch umzukehren, er setzte gerade im Fall der Kavanaugh-Causa auf die Mobilisierung konservativer und männlicher Wähler. Kavanaugh sei Opfer einer Rufmordkampagne und damit ein warnendes Beispiel besonders für junge Männer, schnell an den Pranger zu geraten, so Trump.

Was würden demokratische Mehrheiten in den beiden Häusern bedeuten?

Die Mehrheit würde ihnen die Gelegenheit geben, die politische Agenda zu bestimmen und einen Kontrast zu Trump zu schaffen. Im Repräsentantenhaus könnten die Demokraten, wenn sie die Mehrheit hätten, Gesetzesinitiativen der Republikaner blockieren, weil diese von beiden Kammern abgesegnet werden müssen. Mit einer – unwahrscheinlichen – Mehrheit im Senat könnten die Demokraten Trumps Personalentscheidungen (Minister, Bundesrichter,…) blockieren, da hierfür der Senat zustimmen muss.

Wann steht das Ergebnis fest?

Erste aussagekräftige Ergebnisse wird es wohl am Mittwoch in der Früh (hier in Europa) geben.