Vorerst kein komplettes
Rauchverbot in Gastronomie

Einigung auf "Berliner Modell" - Beibehaltung der bisherigen Regelung

ÖVP und FPÖ haben sich bei den Regierungsverhandlungen auf eine Raucherregelung nach "Berliner Modell" geeinigt. Dies wurde der APA von Verhandlern bestätigt. Das ab Mai 2018 ursprünglich geplante absolute Rauchverbot in der Gastronomie kommt demnach nicht. Gäste können vorerst weiter in abgetrennten Räumlichkeiten Zigaretten konsumieren. Zugleich wird der Nichtraucherschutz für Jugendliche verstärkt.

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Koalition - Vorerst kein komplettes
Rauchverbot in Gastronomie

Zentrale Punkte der neuen Raucherregelung: Die derzeit gültige Regelung, wonach in abgetrennten Raucherzimmern geraucht werden darf, bleibt bis auf weiteres bestehen. Ergänzend wird das generelle Rauchverbot in Österreich von 16 auf 18 Jahre angehoben. Gemeinsam mit den Bundesländern - die gemäß einer Einigung der Landesjugendreferenten im Frühling ohnehin schon an entsprechenden Regelungen zur Anhebung des Alterslimits für den Zigaretten-Kauf arbeiten - wolle man dies vorantreiben, hieß es von den Verhandlern der künftigen schwarz-türkis-blauen Regierung.

Unter 18-Jährige dürfen nicht mehr in Raucherbereich

In Lokalen dürfen unter 18-Jährige nach den ÖVP-FPÖ-Plänen künftig etwa nicht mehr im Raucherbereich sitzen. Außerdem wird es auch ein Rauchverbot in Autos geben, wenn Kinder und Jugendliche unter 18 im Wagen mitfahren. Zwecks Nichtraucherschutz in der Gastronomie soll es zudem eine stärkere verpflichtende Kennzeichnung der Raucherbereiche geben.

Vor allem die FPÖ hatte sich zuletzt gegen ein absolutes Rauchverbot in der Gastronomie gestellt und Pro-Raucher-Wirte in ihrem Anliegen nach einer Beibehaltung der derzeitigen Regelung unterstützt. Ärzte und eine ganze Reihe gegenteilig gesinnter Gastronomen warnten hingegen vor einer Rücknahme des absoluten Rauchverbots und den damit verbundenen negativen Gesundheitsfolgen.

»Hervorragende Lösung im Interesse der Nichtraucher, der Raucher und der Gastronomen«

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zeigte sich "stolz auf diese hervorragende Lösung im Interesse der Nichtraucher, der Raucher und der Gastronomen". Tausende gefährdete Arbeitsplätze blieben bestehen, der Nichtraucherschutz insbesondere bei Jugendlichen werde verstärkt.

Ausnahmen nach Vorbild des "Berliner Models"

Das nun von ÖVP und FPÖ aufgegriffene "Berliner Modell" sieht grundsätzlich ein Rauchverbot in Gaststätten vor. Ausnahmen gibt es in extra ausgewiesenen, völlig vom Nichtraucherbereich abgetrennten und geschlossenen Nebenräumen in (Mehrraum-)Gaststätten sowie in der "getränkegeprägten Kleingastronomie", wenn die Gaststätte nicht über einen abgetrennten Nebenraum verfügt, die Grundfläche des Gastraumes weniger als 75 Quadratmeter beträgt, Personen unter 18 Jahren der Zutritt nicht gestattet wird, keine vor Ort zubereiteten Speisen verabreicht werden, die Gaststätte durch deutlich sichtbare Hinweisschilder im Eingangsbereich als Rauchergaststätte gekennzeichnet ist und der Betrieb der Rauchergaststätte den Behörden angezeigt wurde.

Komplettes Rauchverbot sollte ab Mai 2018 kommen

In Österreich ist seit 2009 ein "grundsätzliches" Rauchverbot in Lokalen in Kraft. Nach einer Übergangsfrist für Umbauarbeiten und einer Neuregelung dürfen seit Juni 2010 Gastronomen den Tabakkonsum nur mehr dann erlauben, wenn sie über abgetrennte Raucherzimmer verfügen oder die gesamte Verabreichungsfläche nicht größer als 50 Quadratmeter ist. Durch den Lungenkrebs-bedingten Tod des bekannten Journalisten und Rauchers Kurt Kuch wurde die Debatte über das Rauchverbot Anfang 2015 neu entfacht. Wenige Monate später einigte sich die SPÖ-ÖVP-Regierung auf ein komplettes Rauchverbot in der Gastronomie ab Mai 2018.

Rendi-Wagner ortet "Retro-Politik" bei Rauchverbot

Scharfe Kritik an der zwischen ÖVP und FPÖ ausgemachten Raucherregelung kommt von der SPÖ: "Das Kippen des totalen Rauchverbots in der Gastronomie ist ein enormer gesundheitspolitischer Rückschritt", befand die scheidende Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) am Montag. "Ich bin vom Zick-Zack-Kurs der ÖVP enttäuscht, sie macht ein Gesetz rückgängig, das sie selbst mitbeschlossen hat."

»Damit zeigt Schwarz-Blau, dass ihnen die Gesundheit der Menschen nichts wert ist«

"Damit zeigt Schwarz-Blau, dass ihnen die Gesundheit der Menschen nichts wert ist", meinte Rendi-Wagner in einer Aussendung. 13.000 Österreicher sterben laut Gesundheitsministerium jährlich an den Folgen des Tabakkonsums. "ÖVP und FPÖ entziehen sich mit der neuen Regelung jeder faktenbasierten Gesundheitspolitik", warf die Ministerin der künftigen Regierung vor. Die meisten europäischen Länder hätten bereits vor Jahren Rauchverbote eingeführt und verzeichneten einen positiven Trend, hätten doch Herzinfarkte, Atemwegserkrankungen und Frühgeburten signifikant abgenommen.

Kritik von Ärzteseite an geplanter neuer Raucher-Regelung

Von Ärzteseite gab es Montagnachmittag nach Bekanntwerden der Pläne der schwarz-blauen Verhandlungspartner zu Beseitigung des von der ÖVP in der Vergangenheit mitbeschlossenen generellen Rauchverbotes in der Gastronomie ab Frühling 2018 heftige Kritik. Von "Rückschritt" und von einem unverständlichen Vorbild ("Berliner Modell") aus Deutschland war unter anderem die Rede.

"Wenn man von einem 'Berliner Modell' spricht - in Deutschland sind die Maßnahmen gegen den Tabakkonsum ja genauso schlecht wie in Österreich. Wie will man denn das alles kontrollieren? Wie will man kontrollieren, ob in einem Auto geraucht wird, in dem auch Kinder sind? Das ist eine Augenauswischerei. Ich verstehe das nicht", sagte der Wiener Lungenkrebsspezialist Robert Pirker (MedUni Wien/AKH) nach Bekanntwerden der Absichten der möglichen künftigen Koalitionspartner.

»Die Zurücknahme eines guten Rauchgesetzes ist ein Rückschritt«

Florian Stigler vom Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung der MedUni Graz, zeigte sich schockiert: "Für mich ist das ein absoluter Umfaller. Ich bin schockiert. Die Zurücknahme eines guten Rauchgesetzes ist ein Rückschritt, wenn das nicht ein noch weiterer Rückschritt ist als man das zunächst meinen könnte." Stigler sprach damit die Veränderung der Quadratmetergrenzen für mögliche Raucherlokale - bisher höchsten 50 Quadratmeter (wenn keine Nebenräume bestehen). Unter bestimmten Voraussetzungen sollen es offenbar in Zukunft bis zu 75 Quadratmeter sein.

"Das Problem war ja schon bisher, dass die Gastronomie, die sich an die Regelung hielt, Nachteile hatte, die anderen Gastwirte aber keine Konsequenzen bei Übertretungen zu befürchten hatten", sagte der Public Health-Experte. Er zitierte den kalifornischen Kardiologen Stanton Glantz: "Die Einführung eines generellen Rauchverbotes in der Gastronomie ist die wichtigste Präventionsmaßnahme zum Rauchen. Nicht nur, weil Tabakrauch an sich schädlich ist, sondern weil ein solches Verbot langfristig zum Umdenken in der Bevölkerung führt."

Szekeres: Schlecht für Gesundheit der Österreicher

"Das ist schlecht für die Gesundheit der Österreicher. Ärzte können nicht für das Rauchen sein", betonte der Präsident der Österreichischen Ärztekammer, Thomas Szekeres, Montagnachmittag zu den Plänen der möglichen schwarz-blauen Regierungskoalition. US-Experte Stanton Glantz betonte, dass möglicher wirtschaftlicher Schaden für die Gastronomie wissenschaftlich längst ausgeschlossen werden konnte.

"Es ist nachgewiesen, dass nach generellen Rauchverboten in der Gastronomie zum Beispiel die Häufigkeit von Herzinfarkten zurückgegangen ist. Wir Ärzte müssen unsere Patienten und auch die Nichtraucher schützen", sagte Szekeres.

US-Experte: Kein wirtschaftlicher Schaden

Für völlig obsolet hält der US-Kardiologie und kalifornische Anti-Rauch-Papst Stanton Glantz die Diskussionen rund um mögliche negative wirtschaftliche Effekte eines generellen Gastro-Rauchverbots: "Beverly Hills war die erste kalifornische Gemeinde, die ein generelles Rauchverbot verhängte. Den Gegnern gelang es schließlich, wieder eine Aufhebung des Verbots zu erreichen. Wir erhielten von den Steuerbehörden die Quartalsumsätze der Gastronomie und hatten dadurch zwei direkt vergleichbare Zeitperioden. Da stellte sich heraus, dass das Verbot bzw. die (vorübergehende; Anm.) Aufhebung keinen Effekt auf die Umsätze hatten. Sonst hätte es nach der Rücknahme des generellen Verbots zum Beispiel in Beverly Hills einen Anstieg der Umsätze geben müssen. Das war nicht der Fall." Die entsprechende wissenschaftliche Studie publizierte Glantz bereits im Jahr 1994.

»Insgesamt machte das generelle Rauchverbot die Lokale ertragreicher«

Das Ausbleiben von negativen wirtschaftlichen Effekten sei mittlerweile in vielen Dutzend Studien nachgewiesen, betonte Glantz. "Die einzigen, die das zeigten, waren von der Tabakindustrie gesponsert. Und insgesamt machte das generelle Rauchverbot die Lokale ertragreicher, weil sie zum Beispiel weniger oft ausmalen müssen und weniger an Prämien für die Brandversicherung zahlen müssen."

"Das ist eine Verschlechterung gegenüber dem derzeitigen Stand, weil die Wirte in Österreich offenbar nicht mehr nur bis zu einer Grundfläche des Lokals von 50 Quadratmetern sondern bis zu 75 Quadratmetern entscheiden dürfen sollen, ob sie ein 'Rauchlokal' haben wollen oder nicht", sagte der Wiener Umweltmediziner Manfred Neuberger von der Initiative Ärzte gegen Raucherschäden. Der versprochene stärkere Schutz der Jugendlichen mit Anhebung des Alterslimits für das Rauchen von 16 auf 18 Jahre sei schlicht und einfach ein "Feigenblatt". "Das haben nämlich die Bundesländer längst beschlossen."

Kommentare

Der neue "kurze" Besenstiel kehrt also genau so schlecht mit HC Borsten als alle anderen vor ihm! Wäre ein zu schönes Weihnachtsgeschenk gewesen.
Wenn einer Alkohol trinkt brauch ich mir diesen nicht durch die Nase oder Mund reinziehen was beim Rauch nicht funktioniert!

Wie wärs mal mit einem Alkoholverbot? Eine der schlimmsten Drogen überhaupt!

Arosa Seat

Was soll das Theater, laut Karte sind wir sowieso nicht das einzige Land welches Raucherräume hat.
Außerdem finde ich schon dass erwachsene Menschen nicht bevormundet werden müssen.
UND nicht jeder Raucher bekommt Lungenkrebs
UND Mitleid brauchen kranke Raucher auch nicht - war ja ihre Entscheidung. Für die Behandlungskosten haben sie hoffentlich lange genug bei der Krankenkasse eingezahlt

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