Jetzt soll alles ganz schnell gehen: Damit die neue Regierung unbedingt noch vor Weihnachten im Amt ist, legten die Vertreter von ÖVP und FPÖ am Wochenende einen wahren Verhandlungsmarathon hin. Freitag und Samstag dauerten die Gespräche jeweils bis tief in die Nacht. Noch diese Woche sollen nach den Plänen die Koalitionsverhandlungen abgeschlossen werden, am Wochenende dann die Parteivorstände über den Regierungspakt abstimmen. Und bereits nächste Woche könnte Bundespräsident Alexander Van der Bellen die neue Regierung ernennen und angeloben. Als mögliche Termine dafür werden Montag und Mittwoch genannt.
FPÖ erhält den kompletten Sicherheitsbereich
Vor allem bei der heiklen Frage der Ressortaufteilung dürfte sich in den letzten Tagen einiges bewegt haben. Während über konkrete Minister-Namen vielfach erst in letzter Minute entschieden werden wird, soll bereits ziemlich fix sein, welche Partei welche Ministerien erhält. Vor allem die FPÖ hat sich Medienberichten zufolge mit ihren Forderungen weitgehend durchgesetzt. Laut "Presse" soll sie sechs der voraussichtlich zwölf Ministerien bekommen, darunter das Außen-, Innen- und Verteidigungsressort. Eine derartige Machtkonzentration im Sicherheitsbereich wurde in der Zweiten Republik meist vermieden.
Als ziemlich sicher gilt mittlerweile, dass die von der FPÖ nominierte Publizistin und Nahost-Expertin Karin Kneissl Außenministerin wird. Erst am Wochenende hatte Heinz-Christian Strache sie in einem Interview als "weiblichen Bruno Kreisky" gelobt. Als wahrscheinlichster Kandidat für das Innenministerium gilt nun aber nicht mehr Strache selbst, sondern Generalsekretär Herbert Kickl. Laut "Österreich" soll aber auch noch der ehemalige Verfassungsschutzchef Gert Polli im Gespräch sein. Strache soll so wohl vor der "Dreifachbelastung" als Parteichef, Vizekanzler und Chef eines großen Ressorts bewahrt werden, die in den vergangenen Jahren an diversen ÖVP-Chefs stark gezehrt hatte.

Gleich drei neue "Superministerien"
Wie die "Presse" schreibt, könnte für Strache deshalb ein eigenes, kleineres Ministerium mit Sicherheitsagenden geschaffen werden, das zuletzt unter dem Namen "Heimatschutzministerium" diskutiert wurde. Ausgeschlossen ist aber auch nicht, dass er das Verteidigungsressort übernimmt. Andere Kandidaten für diesen Posten wären der steirische Klubobmann Mario Kunasek und Vorarlbergs FPÖ-Chef Reinhard Bösch. Beide sind Angehörige des Bundesheeres. Der dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer hat wiederum gute Chancen, das personal- und finanzstarke Infrastrukturministerium zu leiten. Dieses könnte auch noch um die Themen Forschung, Umwelt und Energie erweitert und so zu einem wahren "Superministerium" aufgewertet werden.
Ein weiteres großes blaues Ministerium soll durch die Fusion der Gesundheits- und Sozialagenden entstehen. Als Favoritin für dieses Amt gilt die Ärztin und FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch. Bei der ÖVP ist, abgesehen von Sebastian Kurz als Bundeskanzler, noch kein einziger Name wirklich fix. Ins Bundeskanzleramt könnte er auch die EU-Angelegenheiten aus Außenministerium mitnehmen. Ein möglicher Kanzleramtsminister wäre – sofern dieser Posten nicht eingespart wird – Wiens ÖVP-Chef Gernot Blümel. Für das Finanzministerium gibt es zwei heiße Anwärter: Den bisherigen Innenminister Wolfgang Sobotka und die Casinos-Austria-Vorständin Bettina Glatz-Kremsner.
Bei der ÖVP noch fast alle Namen offen
Glatz-Kremsner könnte alternativ auch das Wirtschaftsressort übernehmen. Sollte Sobotka den Kürzeren ziehen, würde ihm das Bildungsministerium eine weitere Möglichkeit bieten, in der Regierung zu bleiben. Auch hier sprechen Verhandler von einem Superministerium, es soll nämlich um die Agenden Wissenschaft, Familie und Jugend zum "Zukunftsministerium" ausgebaut werden. Für dieses Ressort wird aber auch Nationalratspräsidentin Elisabeth Köstinger genannt. Offen ist noch die Besetzung des Justizministeriums. Laut "Presse" sind die Abgeordnete Michaela Steinacker und Verfassungsrichter Georg Lienbacher im Gespräch. Sein Ressort behalten könnte Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter – sofern ihm nicht die niederösterreichische Bauernbund-Direktorin Klaudia Tanner folgt.