Heinz Fischer übt Kritik
an Bundeskanzler Kurz

Kritisch betrachtet der ehemalige Bundespräsident Heinz Fischer die Arbeit des Bundeskanzlers Sebastian Kurz.

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Ex-Bundespräsident - Heinz Fischer übt Kritik
an Bundeskanzler Kurz

Alt-Bundespräsident Heinz Fischer kritisiert in einem am Mittwoch präsentierten Buch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Sowohl die Art der Amtsübernahme als auch die Europapolitik und die Zurückdrängung der Sozialpartnerschaft missfallen dem früheren Staatsoberhaupt.

Heinz Fischer: Warum uns das Gewissen Österreichs warnt

Fischer erklärt in dem zu einem 80. Geburtstag im Ecowin-Verlag erschienenen Buch "Heinz Fischer - Spaziergang durch die Jahrzehnte" im Gespräch mit dem Journalisten Herbert Lackner die Geschichte der Zweiten Republik. "Aber diesmal nicht als abwägender Historiker, sondern als einer, der fast immer dabei war, wenn es um entscheidende Momente in dieser Republik ging", wie Hugo Portisch im Vorwort schreibt. Gemeinsam mit Lackner geht Fischer die alten Wege noch einmal. Von der Wohnung in der Wiener Josefstadt an seinem Arbeitsplatz im Parlament und den alten Schulweg in Hietzing. Wege, die mit markanten politischen Ereignissen verknüpft sind, die Fischer reflektiert.

»Das kann mittelfristig sehr unangenehme Folgen haben«

Der Alt-Bundespräsident befasst sich in dem Buch aber nicht nur mit Historischem, im letzten Kapitel geht er auch auf die aktuelle Politik ein und kritisiert dabei Kurz. "Die Art, wie er seinen Vorgänger und Parteiobmann Reinhold Mitterlehner ins Out gedrängt hat, hat mir ehrlich gesagt nicht gefallen", sagt Fischer in dem Gespräch mit Lackner. Und: "Die Art, wie er die Sozialpartnerschaft zu schwächen und beiseite zu drängen versucht, heißt, dass wichtige Lehren aus unserer Geschichte in den Wind geschlagen und vernachlässigt werden." Damit werde einer der großen Standortvorteile Österreichs - soziale Stabilität, soziale Ausgewogenheit und die Fähigkeit und Bereitschaft zum Kompromiss - aufs Spiel gesetzt. "Das kann mittelfristig sehr unangenehme Folgen haben."

Kritik an der Europa- und Flüchtlingspolitik

Auch über die Europapolitik ist Fischer "manchmal erstaunt". Von der Grundphilosophie aller Europafreunde, dass die EU-Länder eine immer engere Zusammenarbeit anstreben sei in Österreich ebenso wie in einigen anderen Ländern "in der letzten Zeit wenig zu merken". Statt der engeren Zusammenarbeit rücke immer mehr das "Subsidiaritätsprinzip" in den Vordergrund. "Ob uns das weiterbringt?", fragt sich Fischer. Und: "Auch die Diskussionsbeiträge zum EU-Budget entsprechen nicht dem Leitmotiv der immer engeren Zusammenarbeit."

»Ob uns das weiterbringt?«

Kritisch äußert sich Fischer auch über die Flüchtlingspolitik: Wenn man "an allen Ecken und Enden spürt, dass gegen Einwandernde aus anderen Ländern, Kulturen und Religionen Stimmung gemacht wird, wenn man sie zu Menschen zweiter Klasse mit minderen Rechten macht, für die eine Mindestsicherung eben kein Minimum ist, wenn man 'bei den Menschen' nicht spart, wohl aber bei Flüchtlingen, dann wird das Problem nicht 'gelöst', sondern unlösbar."

Fischer bleibt aber "Optimist" und hofft, "dass die derzeit stärker gewordenen Tendenzen in Richtung Nationalismus, Egoismus und Illiberalität keine Dauerströmung bleiben wird. Vielmehr müssen sich Weltoffenheit, Aufgeschlossenheit, Solidarität, Pluralismus und Toleranz wieder durchsetzen."