Österreich: Das
Land der Petitionen

Was die Österreicher und Österreicherinnen von der neuen Regierung fordern

Direkte Demokratie war bereits während des Wahlkampfes ein großes Thema. ÖVP und FPÖ forderten mehr Möglichkeiten zur Mitbestimmung der Bürger. Stimmen aus dem Volk erheben sich derzeit allerdings eher gegen geplante Regierungsvorhaben wie die Aufhebung des Rauchverbots oder die Wiedereinführung der Studiengebühren. Doch das sind nicht die einzigen der derzeit laufenden Petitionen.

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Mehr als 445.000 Personen haben bereits die Nichtraucher-Petition der Österreichischen Krebshilfe auf der Plattform „openPetition“ unterschrieben. Würde die gleiche Anzahl an Personen auch ein Nichtraucher-Volksbegehren unterstützen, dann wären Kriterien bereits erfüllt. 100.000 Wahlberechtigte können eine Gesetzesinitiative starten. Gegen Ende der Gesetzgebungsperiode soll es die Möglichkeit zu Referenden auf Initiative der Bürger geben. Die Hürde dafür liegt nun allerdings deutlich höher, als von ÖVP und FPÖ bisher vorgeschlagen. Erst wenn 900.000 Wahlberechtigte ein Volksbegehren unterzeichnen, soll es eine bindende Volksabstimmung geben.

Die „openPetition“ hat im Gegensatz zu einer parlamentarischen Bürgerinitiative jedoch ohnehin keinen offiziellen Charakter. Es findet keine Identitätsüberprüfung statt, zur Teilnahme reicht eine E-Mail-Adresse. Petitionen, die das openPetition-Quorum von 18.000 Unterstützungsbekundungen erreicht haben, werden zumindest an die gewählten Vertreter des zuständigen Parlaments mit der Bitte um eine Stellungnahme weitergeleitet.

Parlamentarische Bürgerinitiative

Anders sieht es bei der parlamentarischen Bürgerinitiative aus. Hier können Anliegen direkt an den Nationalrat herangetragen werden. Alles, was es dafür braucht, ist eine schriftliche Vorlage, die von mindestens 500 namentlich angeführten österreichischen und wahlberechtigen Staatsbürgern unterschrieben wurde. Bürger und Bürgerinnen können seit Oktober 2011 auf dem Webportal des Parlaments dem jeweiligen Anliegen einer Bürgerinitiative oder Petition auch elektronisch zustimmen. Die Themen der Bürgerinitiativen und Petitionen werden anschließend in einem eigenen Ausschuss behandelt und danach auch im Plenum des Nationalrates debattiert.

So stimmten bereits 9.900 Bürger und Bürgerinnen für die Legalisierung von Cannabis für medizinische Zwecke, 7.800 für die Aufhebung der Maklerprovision und über 4.000 für eine Verbesserung der Lehrlingsausbildung.

"openPetition"-Bürgerinitiativen

Doch wie sieht es auf der „openPetition“-Plattform aus? Hier ist die erfolgreichste Petition nach wie vor jene, die einen Verbleib des Nichtrauchergesetzes fordert. An zweiter Stelle mit fast 45.000 Unterstützern und Unterstützerinnen, befindet sich der Appell an ÖVP und FPÖ gegen die Einführung von Studiengebühren. Gestartet wurde diese von der Österreichischen Hochschüler_innenschaft.

„Dass wir das Kapitel flächendeckender Studiengebühren noch nicht ein für alle Mal geschlossen haben, stellt dem Hochschulraum Österreich kein gutes Zeugnis aus“, zeigt sich das Vorsitzteam der ÖH-Bundesvertretung verständnislos. Und nimmt 250.000 Euro in die Hand, um ihrem Unverständnis in Form einer Kampagne Ausdruck zu verleihen.

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„Ja zur OÖGKK!“

Nicht weniger erfolgreich ist die Petition zur Erhaltung der Oberösterreichischen GKK. Diese richtet sich jenes Vorhaben der Regierung, die Gebietskrankenkassen künftig zusammenzulegen. „Hände weg von meiner OÖGKK! Hände weg von den Rücklagen und Beiträgen der OÖGKK-Versicherten. Die Politik will eine Zerschlagung der Krankenkassen und eine Zentralisierung in Wien. Wir wollen, dass Patienten und Versicherte im Ernstfall weiter gut versorgt sind.“, schreiben die Initiatoren.

»Nur herumjammern wird uns nicht weiterbringen«

Unter den Contra-Argumenten – die übrigens jeder verfassen darf - findet man allerdings: „Wir alle wollen einen schlanken Staat. Wir alle wollen sparen. Wir alle wollen effiziente und straffe Strukturen. Nur herumjammern wird uns nicht weiterbringen.“

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„Ausbildung statt Abschiebung“

Die Petition gegen die Abschiebung künftiger Fachkräfte initiierte niemand geringerer als der oberösterreichische Integrationslandesrat Rudi Anschober. Sein Anliegen zählt mittlerweile 25.774 Unterstützer und Unterstützerinnen. Er sieht das Projekt „Lehre für Asylwerbende in Mangelberufen“ in Gefahr und fordert von der Regierung, Menschen in Lehre und Ausbildung nicht abzuschieben.

»Die Abschiebung von Asylwerbern, die eine Lehre in einem Berufsfeld absolvieren, in dem akuter Arbeitskräftemangel herrscht, ist nicht nur menschlich höchst fragwürdig, sondern auch ökonomischer Unsinn. «

Eine der größten Chancen für die Integration sei seiner Meinung die Eingliederung von geflüchteten Menschen in den Arbeitsmarkt. Zum Abschluss wird auch noch ein prominenter Unterstützer zitiert, nämlich Josef Hader: „Die Abschiebung von Asylwerbern, die eine Lehre in einem Berufsfeld absolvieren, in dem akuter Arbeitskräftemangel herrscht, ist nicht nur menschlich höchst fragwürdig, sondern auch ökonomischer Unsinn“

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„Stoppt das Hochhausprojekt am Wiener Heumarkt“

Unter den 7.445 Unterzeichnenden sind laut Angaben der Initiatorin Gabriele Gerbasits, Geschäftsführerin der IG Kultur Österreich, auch über 300 prominente Kulturschaffende aus dem In- und Ausland, die sich für den sofortigen Stopp des Umwidmungsverfahrens einsetzen. Passt die Stadt Wien das Bauvorhaben nicht an die Auflagen der UNESCO an, so verliert es seinen Status als Weltkulturerbe.

Weitere Petitionen: Flüchtlinge, Notstandshilfe, 12-Stunden-Arbeitstag, Tierschutz, Bleiberecht

Weitere Petitionen richten sich gegen geplante Regierungsvorhaben wie Massenquartiere für Flüchtlinge (3.980 Unterschriften), die Abschaffung der Notstandshilfe (3.594 Unterschriften) oder den 12-Stunden-Arbeitstag (1.186 Unterschriften). Zu beliebten Petitions-Themen zählt allerdings auch der Tierschutz (Vier Petitionen) sowie die Forderung für Asyl oder humanitäres Bleiberecht für abgelehnte, jedoch bereits gut in die Gesellschaft integrierte Flüchtlinge (Zwei Petitionen).

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