Aus für das
Weltkulturerbe Wien?

Durch das Großprojekt Heumarkt setzt Wien seinen Status als Welterbe aufs Spiel

Es ist eines der umstrittensten Bauprojekte der letzten Jahre: Die Neugestaltung des Heumarkt-Areals direkt in der Wiener Innenstadt. Das historische Zentrum zählt seit 2001 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Durch den geplanten Wohnturm könnte dieser Titel jedoch schon bald der Vergangenheit angehören.

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UNESCO Weltkulturerbe - Aus für das
Weltkulturerbe Wien?

Die Neugestaltung des Heumarktes wird von der „Wertinvest Beteiligungs- und Immobilienberatungs GmbH“ durchgeführt. Wertinvest-Geschäftsführer Michael Tojner beabsichtigt das Areal, wo sich zurzeit noch das Hotel Intercontinental, der Platz des Eislaufvereins und das Konzerthaus befinden, völlig umzubauen. Der Eislaufplatz wird kleiner, die Nobelherberge soll abgerissen und neu errichtet werden. Neben dem Hotel soll außerdem ein Wohnturm gebaut werden. Genau dieser steht im Zentrum der Debatten. Ursprünglich hätte der Turm 73 Meter hoch werden sollen. Zu hoch, meinte das UNESCO-Welterbe-Komitee. Das Komitee fordert eine maximale, also mit dem Welterbe verträgliche, Bauhöhe von 43 Metern. Pläne wurden neu gezeichnet, der Turm neu dimensioniert. Dieser soll nun nur noch 66 Meter in den Himmel wachsen. Wer sich jetzt wundert, versteht möglichweise schon, warum die UNESCO der Stadt mit dem Entzug des Welterbeprädikats droht.

© WertInvest

Die rote Liste

Bevor der Titel „Weltkulturerbe“ jedoch endgültig aberkannt wird, erfolgt eine Eintragung in die „Rote Liste der gefährdeten Welterbestätten“. Hier werden diejenigen Natur- und Kulturdenkmäler erfasst, deren Bestand und Geltung durch ernste Gefahren, wie Beschädigung, Zerstörung oder Verschwinden bedroht sind. Die Gründe dafür können vielfältig sein und reichen von Urbanisierung, Naturkatastrophen über kriegerische Auseinandersetzungen bis hin zu Vandalismus oder Vernachlässigung. Allein die Ankündigung durch die UNESCO bald auf dieser Liste sein zu können, setzt in manchen Ländern sofort erhebliche Erhaltungsanstrengungen in Gang. Denn erst, wenn der Grund der Gefährdung zum Eintrag beseitigt ist, kann eine Stätte von der roten Liste gestrichen werden. In Österreich ist man hingegen noch damit beschäftigt, UNESCO von den Plänen zu überzeugen anstatt sie anzupassen.

© WertInvest

Wien bereits im Juli bedrohtes Kulturdenkmal?

Ein endgültiger Bescheid steht zwar noch aus, falls die Pläne allerdings wie angekündigt realisiert werden, kann das Komitee bereits im Juli eine Aufnahme in die rote Liste beschließen. Als Präzedenzfall dient das Elbtal bei Dresden. 2009 erfolgte hier eine Aberkennung des Welterbe-Status aufgrund des Baus einer neuen Brücke. Laut der Geschäftsführerin von Dresden Marketing, Bettina Bunge, hatte das aber keine negativen Auswirkungen auf Wirtschaft und Tourismus.

Wiener wollen Welterben bleiben

Auch, wenn der Verlust des Titels für die Dresdner von keiner großen Bedeutung war, scheint es den Wienern doch ein Anliegen zu sein, „Welterben“ zu bleiben. Unzählige Bürgerinitiativen demonstrierten gegen die Baupläne und forderten einen sofortigen Baustopp. 600 Stellungnahmen sind im Flächenwidmungsverfahren zum Heumarkt-Projekt im Rathaus eingelangt. Herbert Rasinger, der Obmann der Initiative Stadtbildschutz, kritisierte unter Anderem den gewaltigen Eingriff in das Stadtbild und warf den Verantwortlichen vor, dass es diesen nur um Geld gehe. Das sieht der Wiener Bürgermeister Michael Häupl nicht so: „Selbstverständlich würde es mich überhaupt nicht freuen, wenn uns der Weltkulturerbe-Status aberkannt wird. Aber es geht auch um den Umgang mit Investoren der Stadt. Die wirtschaftliche Entwicklung stehen damit genauso in Zusammenhang wie der Arbeitsmarkt“.

»„Es geht auch um den Umgang mit Investoren der Stadt!“«

Weitere Kritikpunkte der Gegner sind die Nähe des Hochhauses zur Innenstadt, die Verbauung der Sichtachse vom Oberen Belvedere aus – des berühmten „Canaletto-Blicks“ –, der Beginn der Zerstörung der Ringstraße sowie die Entwertung der Marke Wien. Außerdem, so die verbreitete Meinung der Gegner, dürfe man sich den öffentlichen Raum nicht wegnehmen lassen. Das die Qualität einer Stadt besonders von der Qualität des öffentlichen Raumes geprägt ist, lässt sich übrigens auch auf der Website der Stadt Wien nachlesen.

Das historische Zentrum: Bald Vergangenheit?

Das Heumarkt-Projekt liegt direkt in der Kernzone des historischen Zentrums. Und das stellt laut der Generalsekretärin der heimischen UNESCO-Kommission, Gabriele Eschig, den sensibelsten Teil der Welterbestätte dar. Bauvorhaben würde sich deshalb negativ auf den außergewöhnlichen universellen Wert der Innenstadt auswirken. 2001 wurde das historische Stadtzentrum Wiens auf die Liste des Kulturerbes der Welt gesetzt.

»Mit den vorgelegten Plänen für den Luxuswohnturm am Heumarkt gibt Wien seinen Status als Weltkulturerbe auf.«

Begründet wurde der Entschluss damit, dass in Wien alle drei Schlüsselepochen der europäischen kulturellen und politischen Entwicklung, also Mittelalter, Barock und Gründerzeit, durch das städtische und architektonische Erbe außergewöhnlich dargestellt werden. Auch die Kritik des Kultursprechers der Grünen, Wolfgang Zinggl, fußt auf den UNESCO Grundsätzen: „Vor 16 Jahren hat Wien die UNESCO ersucht, den Stadtkern als kulturelles Welterbe anzuerkennen und versprochen, auf dieses Erbe achtzugeben. Mit den vorgelegten Plänen für den Luxuswohnturm am Heumarkt gibt Wien seinen Status als Weltkulturerbe auf.“

Kommentare

Wenn es nach den UNESCO Fuzzies geht, sollen alle noch unter mittelalterlichen Bedingungen leben, damit sie das Stadtbild schön finden können. Selber haben sie eh moderne Büros und Eigenheime. Die können sich den Titel sonst wohin stecken. Es ist nicht ein Tourist weniger nach Dresden gekommen, nur weil dort eine moderne Brücke gebaut wurde.

Wenn es nach den UNESCO Fuzzies geht, sollen alle noch unter mittelalterlichen Bedingungen leben, damit sie das Stadtbild schön finden können. Selber haben sie eh moderne Büros und Eigenheime. Die können sich den Titel sonst wohin stecken. Es ist nicht ein Tourist weniger nach Dresden gekommen, nur weil dort eine moderne Brücke gebaut wurde.

Karl Schmidt

Seht euch doch mal den Ringturm an und bildet euch ein Urteil !

Karl Schmidt

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/6/6c/Wien_01_Ringturm_2014_a.jpg/1590px-Wien_01_Ringturm_2014_a.jpg

Karl Schmidt

An alle Wienschützer, ich finde das Projekt mit 66m Höhe in Ordnung. Es gibt viel mehr Schäuslichkeiten an der Ringstraße (Polizeipräsidium, Hotel Marriot, Haus mit Gartenbaukino, Hotel Hilton, Ringstraßengallerie usw. ) also wo waren da die Stadtbildschützer !!!!?????

WhyDoYouCare melden

Nur weil ein paar Geldgeile Säcke dort ihr Immoprojekt stehen sehen wollen zahlt das Land draufund die Stadt Wien verliert den Status des Weltkulturerbes. Das es den versoffenen BGM nicht interessiert ist klar, aber was ist mit dem Rest des Volkes?

Walter Gerhard
Walter Gerhard melden

Da gebe ich Ihnen zu 100% Recht! Besonders auch in Richtung politische und kulturelle Verantwortung! Aber einem versoffenen BGM und Konsorten ist dies natürlich egal. Würde mich nicht wundern, wenn da nicht auch Korruption beteiligt wäre, wie bei "Wiener Wohnen". Die Korruption bei "Wiener Wohnen" ist seit über 20 Jahren bekannt und es wurde nichts dagegen unternommen!

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