Bildungsforscher wollen Aus für Pflicht-Ziffernnoten

Noten in Volksschule "pädagogisch nicht zu rechtfertigende lernhemmende Maßnahme"

Die Österreichische Gesellschaft für Forschung und Entwicklung im Bildungswesen (ÖFEB) ruft die Regierungsverhandler zu einem "Rückbau lernhinderlicher Bildungsmaßnahmen" auf. Dazu zählt sie die Wiedereinführung der verpflichtenden Notengebung in den ersten Volksschuljahren, Sitzenbleiben in der Volksschule, Leistungsgruppen in der Neuen Mittelschule (NMS) sowie verpflichtende Deutschklassen.

von Kinder in einer Schulklasse © Bild: iStockphoto.com

Die anstehenden Koalitions- und Regierungsverhandlungen würden die Möglichkeit bieten, einige der Entscheidungen der Vorgängerregierung zu überdenken und zu revidieren, heißt es in einer Stellungnahme. Die Wiedereinführung der verpflichtenden Notengebung in den ersten Jahren der Volksschule sei "eine pädagogisch nicht zu rechtfertigende lernhemmende Maßnahme, die eine Reihe positiver Entwicklungen im Bereich der Leistungsbeurteilung zum Erliegen gebracht hat", so die Bildungsforscher.

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"Notenwahrheiten eine Illusion"

Auf Basis von Ziffernnoten "Notenwahrheit" zu erwarten, sei eine "Illusion", meinen sie. "Und von Klassenwiederholungen in der Volksschule sind keine positiven Effekte zu erwarten." Stattdessen plädieren sie für sogenannte formative Assessments (regelmäßige unbenotete Erhebungen des Lernstands, Anm.) bzw. kompetenzorientierte oder differenzierte verbale Beurteilungen.

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Leistungsgruppen "erfolglose lernschädliche Tradition"

Auch an der Wiedereinführung von Leistungsniveaus bzw. Leistungsgruppen in der NMS lässt die ÖFEB kein gutes Haar: Diese "knüpft an eine pädagogisch erfolglose und lernschädliche Tradition in der ehemaligen Hauptschule an und lässt - wie alle Formen der äußeren Differenzierung - keine positiven Lerneffekte erwarten." Kinder und Jugendliche mit unterschiedlicher Lernvoraussetzung und Förderbedarf sollten grundsätzlich gemeinsam unterrichtet werden und nur temporär individuell abgestimmte Fördermaßnahmen außerhalb des Klassenverbandes erhalten. Außerdem müssten Maßnahmen gesetzt werden, "die einer frühzeitigen Aufteilung der Kinder in unterschiedliche Schullaufbahnen entgegenwirken". In diesem Zusammenhang dürfe auch die "Frage einer gemeinsamen Schule der 6- bis 14-Jährigen nicht ausgeklammert werden".

Schulen sollen selbst über Deutschklassen entscheiden

Über die Form der Deutschförderung wiederum sollten die einzelnen Schulstandorte selbst entscheiden. Die verpflichtende Einführung eigener Deutschförderklassen für Schüler ohne ausreichende Deutschkenntnisse reduziere Interaktionen und soziale Kontakte mit deutschsprechenden Mitschülern.