Die persönliche Note

Sind schriftliche Beurteilungen, Sternchen und Smileys wirklich besser als Noten?

Schon zu Schulbeginn müssen sich viele Eltern mit jenem Stück Papier auseinandersetzen, das ihre Kinder am Ende des Semesters in die Hand gedrückt bekommen werden: dem Zeugnis. In den ersten Volksschuljahren sind Ziffernnoten nämlich nur noch der absolute Ausnahmefall.

von Kinder in einer Schulklasse © Bild: iStockphoto.com

Beispiel Wien: Laut Auskunft des Stadtschulrats schreibt man nur noch in 20 bis 30 der 230 Wiener Volksschulen in den ersten Schuljahren Einser, Zweier und womöglich Schlechteres ins Zeugnis. Alle anderen Schulen setzen mittlerweile auf alternative Beurteilungsformen. Meist gibt es erst in der vierten Klasse Noten, denn dieses Zeugnis ist schließlich für die Aufnahme in weiterführende Schulen relevant. Für Schulneulinge unter den Eltern sind die verschiedenen Alternativbeurteilungsmethoden freilich oft verwirrend.

Wolfgang Gröpel vom Wiener Stadtschulrat erklärt, was sich hinter "KDL","Pensenbuch" und "LFD" verbirgt.

Was bedeuten die Begriffe KDL und LFD?

KDL steht für "kommentierte direkte Leistungsvorlage"; hier werden in einer Portfoliomappe Grob-und Fernziele des Volksschullehrplans aufgelistet, die die Kinder im betreffenden Schuljahr erreichen sollen. Schülerarbeiten, die dem Lernziel entsprechen, werden meist in einer Mappe gesammelt. Einmal im Semester gibt es ein gemeinsames Gespräch von Lehrerin oder Lehrer, Eltern und Kind, bei dem bei jedem einzelnen Lernziel besprochen wird, ob es erreicht wurde und wo noch Nachholbedarf ist. Auf dem KDL-Bogen werden allerdings keine Ziffernnoten gegeben. Stattdessen wird mit verschiedenen Smileys oder grünen, gelben und roten Hakerln angezeigt, wie sattelfest das Kind in den Teilbereichen ist.

Ganz ähnlich funktioniert die "Lernfortschrittsdokumentation" (LFD). Bei dieser erhält jedes Kind eine individuelle Lernzielmappe. Die Lehrerin vermerkt regelmäßig, was vom Kind schon gekonnt wird und was noch geübt werden muss. Auch hier wird das Ergebnis mit den Eltern besprochen. Und: Das Kind soll dabei auch selbst einschätzen, wo es seiner Meinung nach steht. Noch feingliedriger ist das Pensenbuch. Darin werden nicht nur die Grobziele des Lernplans, sondern Feinziele für jedes Kind formuliert. Auch hier sollen die Kinder lernen, ihre Leistungen einzuschätzen. Statt eines Ziffernzeugnisses gibt es mindestens einmal pro Semester ein Gespräch mit Lehrern, Eltern und Kindern.

"Im Hintergrund all dieser Beurteilungsformen steht die Transparenz des Wissens-und Kompetenzerwerbs", erklärt Wolfgang Gröpel vom Stadtschulrat. Alle - Lehrerinnen und Lehrer, Kinder und Eltern - sollen an einem Strang ziehen. Die Kinder haben den Plan eines Jahres vor sich liegen und wissen, was sie am Ende können sollen."

Immer noch an einigen Schulen üblich, pädagogisch aber nicht auf dem neuesten Stand ist die Verbalbeurteilung. Dabei bekommen die Kinder zweimal im Jahr ein Zeugnis, in dem mehr oder weniger aussagekräftige Sätze wie "Du hast in Rechnen große Fortschritte gemacht" oder "Wenn Du dich noch mehr an unsere Klassenregeln halten würdest, könntest Du " finden.

»Kein Mensch braucht Noten. Sie machen den Kids schlaflose Nächte«

Markus Hauptmann ist Volksschullehrer und lässt seine Erfahrungen mit Schülern, Eltern und Kollegen in seine Kabarettprogramme zum Thema Schule einfließen (nachzusehen etwa am 28.9. bei "Highlights aus der Schule" im Wiener Orpheum). Er hat Erfahrung mit alternativen Beurteilungsformen und wundert sich noch immer. "Der erste Satz der Eltern danach lautet regelmäßig: Und welche Note wäre das jetzt?" Dabei ist seine Meinung zu Noten ganz klar: "Kein Mensch braucht Noten. Sie machen den Kids schlaflose Nächte, sie haben massive Angst vor Schularbeiten. Dabei könnte man die Beurteilung doch im Grunde auf 'geschafft' oder 'nicht geschafft' herunterbrechen."

Für Hauptmann geht nichts über das direkte Gespräch mit Kindern und Eltern, das sich an einem Leistungskatalog -egal ob LFD, Pensenbuch oder KDL -orientiert. "Das ist ein Mehraufwand für den Lehrer, der sich lohnt." Für ihn als Lehrer seien Mitarbeit, die Fähigkeit, zu argumentieren, und Kreativität bei einer Beurteilung ohnehin wichtiger als eine "versemmelte" Schularbeit.

Die Psychologin Elfriede Wegricht behauptet, dass vor allem Kinder in den ersten beiden Schuljahren mit Ziffernnoten nichts anfangen könnten. Zur Ziffernbenotung gegen Ende der Volksschulzeit sagt sie: "Kinder möchten sich vergleichen und an den anderen messen. Das ist natürlich bei Ziffernnoten leichter. Aber ich würde auf jeden Fall noch einen Kommentar dazuschreiben: Wie tut sich ein Kind sozial, im kommunikativen Bereich, ist es offener oder zurückgezogener? Kinder sollen lernen, ob sich ihre Selbsteinschätzung mit der Fremdeinschätzung deckt." Wegricht meint, eine moderne Schule müsse "weg vom Einfüllen von Wissen in Kinder. Zu lernen, wie man sich in einer Gesellschaft bewegt, wie man Konflikte löst -das wäre Sinn und Zweck einer Pädagogik im griechischen Sinn."

Faire Noten gefordert

Wenn es dann nach der Volksschule nur mehr Ziffernnoten gibt, fordert Wegricht "echte Fairness von den Lehrern. Die Note muss transparent sein, die Lehrerinnen und Lehrer müssen sie begründen können. Es geht um eine emotionslose Analyse: Wie bist du zu dieser Note gekommen, wie lernst du? Hast du Angst, wird die mitgelernt. Ich habe die Erfahrung gemacht: Wenn Kinder den Mut haben, den Lehrer zu fragen, wie sie zu einer Note gekommen sind und was sie tun müssen, um sich zu verbessern, dann ist das oft der Wendepunkt. Der Lehrer oder die Lehrerin werden ihm beistehen."

Das Wichtigste bei der Beurteilung von Kindern sei jedenfalls, ihre Persönlichkeit dabei nicht anzukratzen. Eltern und Lehrer müssten trennen: Das bis du - ein Kind, das ich als Persönlichkeit schätze. Und das ist deine Leistung - und an der muss man vielleicht noch etwas ändern.

Kommentare

Oliver Lill

Ersten es gibt nichts uneindeutigers als Noten! Damit eine Note gerecht und eindeutig sein kann müßte diese auch begründet werden. Wenn dies der Fall wäre könnte man aber eben auch einfach nur begründen ohne Noten. Außerdem ist meine Erfahrung, dass eine alternative Beurteilung viel mehr ins Detail geht und auch die Eltern diese mehr Hinterfragen und damit ein besseres Bild der Leistung haben.

Völliger Schwachsinn!!! Leute haben keine Ahnung von der Praxis und solche machen Gesetze!!! Ein Skandal!! Damit wird die Faulheit weiter unterstützt und die Bevölkerung dumm gehalten, damit die Oberen tun können, was sie wollen!!!!!

Elgar M. Zeisel

Noten sind eindeutig. Wenn man eine Beurteilung schreibt, wird wieder eine neue Geheimsprache wie bei Dienstzeugnissen erfunden, wo ganz einfach mit ein paar Standard-Formulierungen eine Note von 1-5 vergeben wird. "Hat sich sehr bemüht....". Also ist die ganze Diskussion sinnlos. Auch bei Bridge hat man eine klare, für Außenstehende schwer verständliche Ansage.

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