Brückenbauer und
Flucht-Dirigenten

Wer sich als Brückenbauer versteht, setzt voraus, dass es zwei Ufer gibt – und dazwischen eine anders nicht überwindbare Kluft.

von Asylgipfel - Brückenbauer und
Flucht-Dirigenten © Bild: Geert Vanden Wijngaert / POOL / AFP

Nach dem „Arbeitstreffen“ in Brüssel konnte Sebastian Kurz wieder einmal (man sollte eine Zählmaschine einsetzen) vermelden, dass sich in der EU alles auf sein Mantra seit 2015 zubewegt. Flüchtlinge erst gar nicht nach Europa hereinlassen, alle an den Außengrenzen abfangen. Er, Kurz, sei eben der Brückenbauer.

Wer sich als Brückenbauer versteht, setzt voraus, dass es zwei Ufer gibt – und dazwischen eine anders nicht überwindbare Kluft. Sebastian Kurz wendet eine uralte Formel der österreichischen Politik an und ist damit, im Moment zumindest, rhetorisch erfolgreich.

Ob das auch praktisch funktioniert, wird sich weisen. Brücken schweben über den Abgründen und es lässt sich darauf sogar wohnen, wie italienische Beispiele zeigen. In den dortigen Tageszeitungen wird Kurz als die große europäische Hoffnung angepriesen, zusammen mit Viktor Orban und dem neuen rechtspopulstischen Star Matteo Salvini. Sogar die Taxler kennen den österreichischen Bundeskanzler schon.

Am Wochenende wird sich zeigen, ob es zu einer Einigung beim offiziellen EU-Gipfel kommt. Wenn die Populisten gewinnen – was realpolitisch gut, moralpolitisch schlecht wäre – könnte nach einem Rücktritt von Angela Merkel der deutsche Innenminister Horst Seehofer ihr Nachfolger werden. Ein großer, ein starker Mann.
Mit ihm am Steuer würde Europa wirklich geteilt. Auf der einen Seite der Norden und Osten bis herunter nach Österreich und Italien, auf der andere der restliche Süden, wiederum geteilt, aber mit Frankreichs Emanuel Macron.

Die Flüchtlinge jedenfalls wären festgezurrt auf Schiffen (die niemand will), in Lagern (die man umzäunt) und auf Inseln (als neuem Multi-Kulti-Hotspot). Man könnte dann von der Brücke (oder den Brücken) hinunterschauen auf das Elend. Die Flucht-Dirigenten würden es ohnehin nicht sehen wollen.

Gerfried Sperl
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