Spitzentöne
Das Elend mit dem
Literaturnobelpreis
Die Versunkenen und Vergessenen unter seinen Inhabern halten sich mit denen, die überlebt haben, mühelos die Waage
Der Literaturnobelpreis ist ein halt- und gestaltloses Konstrukt: Die Versunkenen und Vergessenen unter seinen Inhabern halten sich mit denen, die überlebt haben, mühelos die Waage. Ein reiner Zufallsentscheid waltet hier zwar nicht, aber die Schwedische Akademie ist mit der Aufgabe offenbar überfordert. Bis vor Kurzem amtierten 18, die selbst im diagnostizierten Fall seniler Zanksucht zu lebenslanger Amtsinhaberschaft verdammt waren. Provinz-Emeriti aus der regionalen Geisteswissenschaft gesellten sich zu dichtenden Lokalgrößen (die literarischen Serienschlächter, mit denen Schweden international reüssiert, sind leider weder aktiv noch passiv Nobelpreis-kompatibel). Also berief man 1992 die Lyrikerin Katarina Frostenson, und wer sich darob für ihr Schaffen interessierte, stieß auf ein Werk von gähnender Verwechselbarkeit. Nun aber ist die Dame weltberühmt: Nicht genug, dass sie ihrem Gatten semikorruptive Zuwendungen verschaffte, ist der Mann auch noch ein Seriengreifer, der nicht einmal vor der allerhöchsten Kehrseite von Prinzessin Victoria haltmachte. Jetzt ist die Akademie in Auflösung, und das wäre gut so, stünde nicht der Preis selbst zur Debatte. Seine Abschaffung wäre Wahnsinn. Aber etwas wie die Oscar-Academy ist gefragt: etwa ein Gremium aus internationalen Fachgelehrten und allen lebenden Preisträgern. Damit die unvermeidbaren Fehlurteile wenigstens Gesichter haben.