Terroranschlag in Wien:
Kurz und Van der Bellen wenden sich an Bevölkerung

Nach dem Terroranschlag in der Wiener Innenstadt wendeten sich Bundespräsident Van der Bellen und Bundeskanzler Sebastian Kurz an die Bevölkerung.

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Terrorismus - Terroranschlag in Wien:
Kurz und Van der Bellen wenden sich an Bevölkerung

Die Regierung hält angesichts des Anschlags am Dienstag um 9 Uhr - per Videokonferenz - einen Sonderministerrat ab. Kanzler Kurz wendet sich mit einer Rede an die Bevölkerung Bundespräsident Alexander Van der Bellen gab um 11.00 Uhr in der Hofburg ein Pressestatement zur aktuellen Lage ab.

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Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat am Dienstag angekündigt, dem Terrorismus nach dem Anschlag in Wien mit allen Mitteln entgegenzutreten. "Wir werden uns von Terroristen nicht einschüchtern lassen", sagte er in einer kurzen Ansprache. Gleichzeitig appellierte er, die von den Islamisten angestrebte Spaltung der Gesellschaft nicht zuzulassen: "Wir werden diesem Hass keinen Raum geben." Der Feind sei der islamische Extremismus, nicht alle Angehörigen einer ganzen Religion.

»Dem Hass keinen Raum geben«

"Wir werden die Opfer des gestrigen Abends nie vergessen und wir werden gemeinsam, entschlossen unsere Grundwerte verteidigen", sagte Kurz und erinnerte an die bisher vier Todesopfer, die 14 Verletzten und den verwundeten Polizisten. Ein älterer Herr, eine ältere Dame, ein junger Passant und eine Kellnerin seien durch den Anschlag "aus dem Leben gerissen" worden.

"Auch wenn wir das Glück haben, in einem grundsätzlich sicheren Land zu leben, leben wir leider nicht in einer sicheren Welt", meinte der Bundeskanzler. Der Anschlag sei von "Hass auf unsere Lebensmodell" und "Hass auf unsere Grundwerte" getragen. Man werde nun Täter und Hintermänner jagen und einer gerechten Strafe zuführen.

Allerdings sei dies keine Auseinandersetzung zwischen Christen und Muslimen, sondern: "Es ist ein Kampf zwischen den vielen Menschen, die an den Frieden glauben und jenen wenigen, die sich den Krieg wünschen." Diesen "Kampf zwischen Zivilisation und Barbarei" werde man gemeinsam mit den internationalen Partnern mit aller Entschlossenheit führen. Außerdem kündigte Kurz eine (auch von der Opposition beantragte) Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates an, diese findet am morgigen Mittwoch um 16.00 Uhr statt.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat sich nach dem Terroranschlag in der Wiener Innenstadt am Dienstag in einem Statement an die Bevölkerung in Österreich gewandt. "Im Zentrum Wiens inmitten unsere Republik hat ein feiges terroristisches Attentat auf das Herz unsere Gesellschaft stattgefunden", sagte das Staatsoberhaupt. Der Hass könne aber niemals so stark sein "wie unsere Gemeinschaft".

Das offenbar islamistische Attentat sei das "schlimmste unsere jüngeren Geschichte". "Unser tiefes Mitgefühl gilt allen Verletzten, die in diesen Stunden um ihr Leben ringen. Unsere Tränen fließen für alle aus unserer Mitte, die ihr Leben verloren haben", sagte Van der Bellen. Das Staatsoberhaupt bedankte sich auch bei allen Einsatzkräften und bei der internationalen Gemeinschaft, die geschlossen "in diesen schweren Stunden" hinter Österreich stehe.

Das Attentat habe offenbar allen gegolten, die das Leben in einer freien Gemeinschaft schätzen und hochhalten. "Es galt unser freien Gesellschaft selbst", so der Bundespräsident. "Es galt dem Leben in einer liberalen Demokratie, das Terroristen offenbar abgrundtief hassen."

»Hass kann niemals so stark sein wie unsere Gemeinschaft in Freiheit, in Demokratie, in Toleranz und in Liebe«

Für diese Demokratie sei aber durch die Jahrhunderte zu hart gerungen worden, "als dass wir nun klein beigeben werden". "Wer das annimmt, der kennt uns schlecht", sagte Van der Bellen. Der Hass werde in der Gesellschaft aber nicht auf fruchtbaren Boden fallen. "Wir werden uns und unsere Werte schützen und verteidigen mit allem was Wien ist, was Österreich ist, mit allem woran wir glauben und wofür wir stehen, sagen wir hier und heute: Hass kann niemals so stark sein wie unsere Gemeinschaft in Freiheit, in Demokratie, in Toleranz und in Liebe", unterstrich der Bundespräsident.

Regierung beschließt dreitägige Staatstrauer

Die Regierung hat in ihrer Sondersitzung nach dem Terroranschlag in Wien eine dreitägige "Staatstrauer" beschlossen. Bis inklusive Donnerstag werden die öffentlichen Gebäude mit Trauerbeflaggung versehen. Außerdem soll es am Dienstag um 12 Uhr eine Schweigeminute geben. Auch die Schulen sollen zu Unterrichtsbeginn am Mittwoch der Todesopfer gedenken, geht aus dem Ministerratsvortrag hervor.

»Die Republik Österreich war, ist und wird immer eine Nation der Vielfalt, des Dialoges und des Respektes füreinander sein«

"Die Republik Österreich war, ist und wird immer eine Nation der Vielfalt, des Dialoges und des Respektes füreinander sein, umso mehr haben die Ereignisse vom 2. November 2020 unser Land schwer erschüttert und betroffen gemacht", heißt es in dem Regierungsbeschluss. Mit der Staatstrauer werden die Flaggen an Bundesgebäuden auf Halbmast gesetzt und die Landeshauptleute aufgefordert, dies auch in ihrem Bereich zu veranlassen.

Außerdem soll am Dienstag um 12 Uhr eine "Minute des stillen Gedenkens" eingehalten werden. Auch die Schulen sollen zu Beginn des Unterrichts am Mittwoch eine Gedenkminute einhalten. Noch am Dienstag ist zudem eine Kranzniederlegung durch den Bundespräsidenten, die Regierung, die Nationalratspräsidenten sowie Klubobleuten der Parlamentsparteien und den Bürgermeister in der Wiener Innenstadt geplant.

Das Attentat bezeichnet die Regierung als "Anschlag auf die Freiheit und Demokratie". Die Regierung werde mit allen verfügbaren Kräften an der weiteren Aufklärung der Situation arbeiten. Und: "Die Republik Österreich und wir als Bundesregierung werden die Freiheit, die Demokratie und die Werte unseres Zusammenlebens entschlossen und mit allen gebotenen Mitteln verteidigen. Darüber hinaus werden wir mit unseren internationalen Partnern und Freunden gemeinsam gegen Terrorismus und Extremismus ankämpfen."

Zuletzt herrschte eine offizielle, damals viertägige Staatstrauer nach dem Tod von Bundespräsident Thomas Klestil im Jahr 2004. Klestil war kurz vor der Amtsübergabe an seinen bereits gewählten Nachfolger Heinz Fischer verstorben.